SOLINGEN (red) – Amir und Khaled* mussten unglaublich stark werden. So stark, dass es selbst gestandene Mediziner der St. Lukas Klinik beeindruckt. Die beiden Jungen, neun und elf Jahre alt, waren Anfang November zur medizinischen Versorgung von Kabul nach Deutschland gebracht worden. Der 84. Afghanistan-Einsatz des Friedensdorfes war der erste humanitäre Einsatz, der unter den neuen Machthabern der Taliban überhaupt möglich war. Unter den 27 Kindern, die teilweise seit August in Kabul mit ihren Familien auf den Flug warten, waren Amir und Khaled.
Massive Eingriffe in Vollnarkose
„Bei beiden Kindern sind es eigentlich Bagatellunfälle, die letztlich zu den schweren Knochenentzündungen geführt haben“, sagt Abbas Fallahi. Der Oberarzt der Chirurgie hat die beiden Kinder bereits einmal operiert, den verklebten Eiter aus dem Schienbein gefräst, Antibiotikaketten in den entzündeten Knochen gelegt. „Das sind massive Eingriffe in Vollnarkose“, sagt Dr. Markus Meibert, Chefarzt der Chirurgie.
Von denen den beiden Kindern noch einige bevorstehen. Aber die beiden Ärzte sind zuversichtlich, dass die Knochen dank der intensiven Therapie noch heilen können und sie nicht eine größere Lücke des Schienbeins durch das Wadenbein schließen müssen. Die Armut, die Hygiene, der medizinische Standard im Heimatland – das alles sind Faktoren die aus vermeintlich kleineren Verletzungen große, auch lebensbedrohliche Erkrankungen entstehen lassen.
Klinik in Thüringen musste kurzfristig absagen
Eigentlich sollten die beiden Jungen vom Flughafen Düsseldorf direkt nach Thüringen gebracht werden. Die dortige Klinik musste wegen der steigenden Zahl der Corona-Patienten kurzfristig absagen. Über Friedensdorf-Botschafter Uli Preuss wurde der Kontakt zur Kplus Gruppe hergestellt, die in den letzten Jahrzehnten in ihren Krankenhäusern regelmäßig kostenfrei Kinder für das Friedensdorf behandeln.
Die stellvertretende Geschäftsführerin Annika Butzen brauchte keine Bedenkzeit: „Wir haben hier ein tolles Team aus Ärzten und Pflegekräften, die helfen wollen. Und wenn wir den Knürwels helfen können, dann tun wir das.“ Kaum 36 Stunden später wurden Amir und Khaled von Helfern des Solinger Roten Kreuzes von Düsseldorf in die St. Lukas Klinik gebracht.
Zahlreiche Solinger helfen und spenden
Botschafter Uli Preuss sieht Solingen als „Friedensdorf-Stadt“. „Wir haben ein so großartiges Netzwerk.“ Die Kirchengemeinde Dorp sammelt auf Initiative der beiden ehemaligen Feuerwehrmänner Frank Schmidt und Andreas Herlinghaus für ein kleines Mädchen aus Usbekistan mit schweren Verbrennungen, im Pub The Cornish Arms wird ein Adventskalender für Spenden sorgen, auf dem Ohligser Weihnachtsdürpel werden Handarbeitsspenden vieler fleißiger Strickerinnen verkauft, der Erlös von Dragana und Mirko Novakovic verdoppelt. „Angefangen hat es aber in der St. Lukas Klinik, ihrem Selbstverständnis und ihrer selbstverständlichen Hilfe“, sagt Uli Preuss.
*Namen geändert