SOLINGEN (mh) – Am vergangenen Sonntag ging es für die Autoren Kay Ganahl, Annette Oppenlander und Martina Hörle zu Dreharbeiten in das schöne Terrain der Wupperberge, vorbei an murmelnden Bächen, großen Steinen und uralten Bäumen. In der freien Natur lasen die Literaten Tiefsinniges und Geheimnisvolles zum Thema „Der Wald – Mythenhort und Sehnsuchtsort“.
Der Wald als Mythenhort und Sehnsuchtsort
Martina Hörle entführte die Zuhörer in eine Anderswelt, „wo alles endet und alles beginnt“. Aus ihrem Roman hatte sie einen Auszug gewählt, in dem der junge Tanguy auf seiner Kräutersuche in einem magischen Waldgebiet eine rätselhafte Schönheit erblickt. Im zweiten Teil ging es um eine Geschichte aus ihrem neuen Werk „Es geschah (n)irgendwo“. Die Feenkönigin Dana hat das kleine Mädchen der Heilerin Dana entführt. Der Dunkelelf Machur, Diener der Feenkönigin, lockt Dana in eine Falle. Das stimmungsvolle Ambiente des Müngstener Diederichstempels bildete für die Erzählungen eine traumhafte Kulisse.
Annette Oppenlander hatte, auf einem großen Stein sitzend, Passagen aus ihrem Buch „47 Tage“ gewählt, in denen sie aus der Jugendzeit ihres Vaters berichtete, der sich gemeinsam mit einem Freund in den Wäldern versteckt hielt, statt sich der Hitlerjugend anzuschließen. In eindringlichen Worten schilderte sie die Gedanken der Jungen, ihren Hunger, ihre ständige Angst vor einer möglichen Entdeckung und doch insgeheim die Hoffnung auf ein gutes Ende.
Historische Erlebnisse aus Kriegszeiten
Kay Ganahl hatte neben seinen literarischen Beiträgen auch die Funktion des Moderators übernommen. Mit launigen Worten führte er durch die Lesung und gab außerdem eigene Texte zum Besten. Mal waren es philosophische Betrachtungen über den Wald an sich und seine Bedeutung für den Menschen, mal führte er sachlich und durchdacht Aspekte zum Wald auf. Abwechslungsreich untermalt wurden die einzelnen literarischen Sequenzen durch stimmungsvolle Naturaufnahmen, die Kay Ganahl selbst aufgenommen hatte und die sich harmonisch in die Szenen einfügen ließen.
Die drei Autoren sind Mitglieder des Freien Deutschen Autorenverbandes NRW (FDA) und der Solinger Autorenrunde. Andreas Erdmann von der Solinger Autorenrunde war als Gastautor geladen. Da er aus Pandemiegründen nicht vor Ort teilnehmen konnte, hatte er sich per selbst aufgenommener Videoclips zugeschaltet. Neben seiner Mundart-Geschichte, in der er erzählte, wie der Solinger „Werwolf“ zu seinem Namen gekommen war, berichtete er von unheimlichen Wesen mit funkelnden Augen, die sich in der Nacht im Wald aufhielten. Das Ende der Geschichte sorgte für allgemeine Heiterkeit.
Mundart-Erzählung von Andreas Erdmann
„Tür an Tür/3 vor 12“ ist ein vom FDA organisiertes und vom Deutschen Literaturfonds gefördertes, bundesweites Programm, das Autoren während der Pandemie unterstützt. Jeden Monat finden in verschiedenen Bundesländern Lesungen statt, die per Live Event Streaming oder als aufgezeichnetes Video auf der Webseite des FDA und bei YouTube ausgestrahlt werden.
Dr. Manfred Luckas, Landesvorsitzender des FDA NRW, hatte die Organisation der Veranstaltung an Kay Ganahl übertragen. „Die größte Schwierigkeit lag darin, ein Tagungshotel zu finden, das über ein stabiles WLAN verfügt“, erläuterte Ganahl. Schließlich war er nach langem Suchen in Wermelskirchen fündig geworden. Doch auch hier waren die Übertragungsmöglichkeiten keineswegs stabil genug. Obendrein sagte das Hotel eine Woche vor dem geplanten Termin die Veranstaltung ab. Kurzerhand verlegten die Akteure die Lesung über den Wald in den Wald, was sich im Nachhinein betrachtet, als die eindeutig bessere Wahl herausstellte.
Lesung über den Wald im Wald
„Wir wollten nicht einfach aufgeben, nur weil das Tagungshotel abgesagt hatte“, begründete Ganahl diese Entscheidung. „In dem Gebiet der Wupperberge haben wir die Wupper, einen Bach, den Diederichstempel, Anhöhen und jede Menge Bäume – die ideale Kulisse. Eine solche Atmosphäre wäre in einem Tagungshotel gar nicht möglich gewesen.“
Das Wetter bescherte den Literaten recht niedrige Temperaturen und dazu einen heftigen Wind. Trotzdem war es ein spannendes Erlebnis. Paulo Borutta, Videograf aus Köln, filmte währenddessen mit zwei Kamers im Wechsel und machte daraus ein wirklich gelungenes 90-minütiges Leseabenteuer.
Wer es sich ansehen möchte – einfach auf den Link klicken. Und dann viel Vergnügen.