
SOLINGEN (red) – Ein Jahr nach dem heimtückischen Messeranschlag beim Stadtjubiläum kamen am Samstag rund 250 Bürgerinnen und Bürger auf dem Fronhof zusammen, um in einer bewegenden Zeremonie der Opfer vom 23. August 2024 zu gedenken. An genau jenem Ort waren drei Menschen getötet und acht weitere zum Teil schwer verletzt worden. Unter den Trauergästen waren Angehörige, Betroffene sowie zahlreiche Vertreter aus Politik und Verwaltung.
Auch NRW-Ministerpräsident Hendrik Wüst und Oberbürgermeister Tim Kurzbach sprachen zu den Anwesenden. Eigens nach Solingen gekommen waren zudem Mona Neubaur, stellvertretende Ministerpräsidentin von NRW, Innenminister Herbert Reul, Familien- und Integrationsministerin Josefine Paul, Europaminister Nathanael Liminski, der Bundesopferbeauftragte Roland Weber sowie die NRW-Opferschutzbeauftragte Dr. Barbara Havliza.
„Wir halten die Opfer in Ehren“
Oberbürgermeister Tim Kurzbach fand bewegende Worte: „Dieser Tag hat sich unauslöschlich in unser Gedächtnis eingebrannt. Er hat für viele das Leben geteilt in ein ‚Vorher‘ und ein ‚Nachher‘. Und doch stehen wir heute hier, an genau dem Ort des Geschehens, um zu sagen: Wir erinnern uns. Wir halten die Opfer in Ehren. Wir vergessen sie nicht.“
Er würdigte den Mut der Solingerinnen und Solinger, die nach dem Anschlag den Blick nach vorn gerichtet und erste Schritte in Richtung Normalität gewagt hätten. Stadtteilfeste wie die Sommerparty auf dem Neumarkt seien ein starkes Zeichen gewesen: „Wir lassen uns die Freude am Leben nicht nehmen. Wir lassen uns nicht vorschreiben, wie wir zu leben haben. Wir werden weiter lachen, wir werden weiter feiern, wir werden weiter offen sein.“
Sicherheit als gemeinsames Thema
Auch Ministerpräsident Hendrik Wüst griff das Thema Sicherheit auf und betonte die Verantwortung der Landesregierung: „Nach dem Anschlag von Solingen haben wir das umfassendste Maßnahmenpaket in der Geschichte unseres Landes in den Bereichen Sicherheit, Migration und Prävention auf den Weg gebracht – und den Großteil davon bereits erfolgreich umgesetzt.“
Mit einem klaren Appell wandte er sich an die Gäste: „Hass, Hetze und Terror werden bei uns keinen Sieg erringen. Mit dem brutalen Anschlag auf das Stadtfest in Solingen wollte der Täter einen Keil in unsere Gesellschaft treiben. Doch unser Land lässt sich nicht spalten. Nordrhein-Westfalen ist stark durch Zusammenhalt und Menschlichkeit.“

Glockenschläge, Musik und stille Geste
Musikalisch begleitet von den Bergischen Symphonikern folgte nach den Reden eine Schweigeminute, eingeleitet durch drei Glockenschläge. Anschließend wurden Stoffbahnen der Künstlerin Ulrike Bruchhaus mit der Aufschrift „Frieden? Frieden! Frieden.“ aus den Fenstern des Bürgersaals herabgelassen. Superintendentin Dr. Ilka Werner sprach von einem „Innehalten zwischen Erinnerung und Zukunft“.
Besonders eindrucksvoll: Die Anwesenden stimmten gemeinsam ein Summen an, das wie ein Klangteppich über den Platz zog und das Gefühl von Zusammenhalt verstärken sollte. Den Abschluss bildete die Niederlegung von Blumen an der Gedenktafel.
Gedenktafel seit Februar
Seit Februar 2025 erinnert eine Gedenktafel im Blumenbeet an der Stadtkirche an die Opfer des Anschlags. Sie trägt die Inschrift: „Alles ändert sich mit dem, der neben einem ist oder neben einem fehlt.“ Das Beet ist mit drei Säuleneiben, einer Unendlichkeitsschleife und weißen Blühpflanzen gestaltet.
Rückblick – Der 23. August 2024
Der Anschlag ereignete sich am 23. August 2024 während des Stadtjubiläums „Festival der Vielfalt“. Drei Menschen verloren ihr Leben, acht wurden verletzt. Bereits am Folgetag kamen rund 1.500 Solingerinnen und Solinger zu einem stillen Gedenken auf dem Neumarkt zusammen. In den Tagen und Wochen danach reisten zahlreiche Spitzenpolitiker nach Solingen, darunter Bundeskanzler Olaf Scholz, Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier und Bundestagspräsidentin Bärbel Bas.
Sie alle betonten, dass es sich nicht allein um einen Angriff auf Solingen gehandelt habe – sondern auf die freiheitliche Lebensart in Deutschland.