SOLINGEN (bgl) – Grau ist definitiv nicht die dominierende Farbe auf seinem Haupte. Aber jene grauen Haare, die dann doch zu erkennen sind, kämen keinesfalls aufgrund seines jahrzehntelangen Engagements in der Solinger Kommunalpolitik. „Nein, die rühren von der aufregenden Zeit beim Handball her“, sagt Ernst Lauterjung mit einem Lachen. Seit 1972 ist Lauterjung im Sportausschuss, dem er seit 1999 durchgängig vorsitzt. Seit 1978 ist er zudem ohne Unterbrechung für seine SPD im Rat der Stadt Solingen.
Seit 53 Jahren SPD-Mitglied
„In der SPD bin ich jetzt seit 53 Jahren“, betont der 72-Jährige nicht ohne Stolz. Der gelernte Finanzbeamte wechselte später zur Maschinenbauberufsgenossenschaft nach Düsseldorf, wo er zunächst als leitender Beitragsprüfer tätig war. „Die letzten 25 Jahre meines Berufslebens war ich dort Personalratsvorsitzender“, so SPD-Mann Lauterjung.
Neben der Lokalpolitik engagiert sich Ernst Lauterjung mit großer Leidenschaft im Vereinssport. Über 40 Jahre lang war er als Funktionär im Sportring Solingen bzw. im Sportring Höhscheid aktiv. „Abgesehen von den vielen gesellschaftlichen Ereignissen, denke ich auch sehr gerne beispielsweise an die Umsetzung des Bürgerhauses zurück, das wir gemeinsam damals mit Curt Meis in die Wege geleitet haben. Und natürlich der Kunstrasenplatz, der einer der ersten war, der gebaut wurde“, erinnert sich Lauterjung, der dem Sportring lange Jahre vorsaß und heute Ehrenvorsitzender ist.
Lauterjung: „Bin der geborene Sport-Funktionär“
Seine besondere Leidenschaft galt und gilt dem Handball. Der Sportring war seinerzeit die Keimzelle der SG Solingen – die 1. Herrenmannschaft spielte zwei Saisons in der 1. Bundesliga -, die schließlich als Fusionspartner im Bergischen HC aufging. Ernst Lauterjung war von Anfang an dabei und erlebte in verschiedenen Positionen alle Höhen und Tiefen der Vereine mit. „Es gibt in Deutschland kaum eine Handballhalle, die ich nicht gesehen habe“, zeigt er auf. Selbst Handball gespielt hat er aber nie. „Ich habe aktiv im Verein nie Sport betrieben, ich bin der geborene Funktionär“, schmunzelt der bekennende Fan des FC Schalke 04.
Die letzten sechs Jahre bekleidete Lauterjung das Amt des 1. Bürgermeisters in Solingen. 2014, noch unter dem damaligen Oberbürgermeister Norbert Feith (CDU), wurde er vom Rat in dieses Amt gewählt. „Der Oberbürgermeister bekommt ja eine Vielzahl von Terminen, in vielen Situationen habe ich diesen dann vertreten. Dazu gehören beispielsweise im Sommer die ganzen sportlichen Veranstaltungen und die Vereinsfeste, dazu gehören weiter die Karnevalstermine, goldene Hochzeiten, Geburtstage ab dem 100. Lebensjahr, aber auch Termine bei der Bezirksregierung beispielsweise“, zählt Ernst Lauterjung auf.
Sechs Jahre 1. Bürgermeister der Stadt Solingen
Eine Aufgabe, die ihm auf den Leib geschnitten war. Denn Lauterjung kannten und schätzten die Solingerinnen und Solinger bereits vorher schon. Der persönliche Kontakt zu den Menschen in der Klingenstadt war ihm als Bürgermeister nicht nur sehr wichtig, er suchte diesen aktiv und nahm seine Aufgabe mit Leidenschaft wahr, wie er gerne betont. „Man muss die Leute ernst nehmen und man muss zuhören können. Natürlich muss man sich die Zeit für die Sorgen und Nöte der Menschen nehmen“, erklärt der Sozialdemokrat.
Als Vertreter des Oberbürgermeisters für repräsentative Termine war es Ernst Lauterjung stets wichtig, dass sich Tim Kurzbach auf ihn verlassen könne. Dazu gehörten auch durchaus kurzfristige und zeitaufwendigere Veranstaltungen: „Zum Beispiel der Staatsakt zur Beerdigung von Walter Scheel, das war sehr kurzfristig, dass ich den Oberbürgermeister in Berlin vertreten musste“, erinnert sich Lauterjung. Doch auch diese Termine habe er gerne übernommen. Aber: Ein 1. Bürgermeister darf keine Amtshandlungen vornehmen. Das bleibt dem OB und der Verwaltung vorbehalten.
Bürgersprechstunden im Rathaus wurden gut angenommen
Außerordentlich beliebt waren die Bürgersprechstunden, die Ernst Lauterjung regelmäßig in seinem Büro im Rathaus anbot. Gemeinsam mit der Polizei und dem Ordnungsamt wurden derartige Sprechstunden aber auch in der Stadt, auf dem Neumarkt oder im Hofgarten organisiert. „Es kamen stets sehr viele Leute, die das Gespräch suchten. Und wir konnten sehr oft weiterhelfen“, so Lauterjung. Dass er sein Büro im Rathaus ganz in der Nähe zu den städtischen Entscheidern hatte, war ein maßgeblicher Vorteil. So verstand er sich und seine Aufgabe als Bürgermeister auch als Bindeglied zwischen der Bevölkerung und der Stadtverwaltung.
So konnte er schnell die von den Bürgern vorgetragenen Sorgen und Nöte an die entsprechenden Stellen im Rathaus weiterleiten. Termine nahm Ernst Lauterjung nicht nur in Solingen bzw. in Deutschland wahr. In Gouda war er mehrmals, auch Blyth in England und Chalons in Frankreich hat er besucht. Anlässlich des 70-jährigen Bestehens des Staates Israel führte er sogar die Solinger Delegation in Jerusalem an. Sehr gute Kontakte pflegte und pflegt Lauterjung zudem nach Sachsen in Solingens Partnerstadt Aue. Im Erzgebirge ist der 72-Jährige auch jetzt noch oft zu Gast.
Rund 3.000 Termine in sechs Jahren absolviert
„Zehn Termine pro Woche waren wenig, ich schätze, dass ich während meiner Amtszeit um die 3.000 Termine in den sechs Jahren wahrgenommen habe. Und da sind noch nicht die unzähligen Telefongespräche mit drin“, rechnet Lauterjung vor. Ein durchaus üppiges Pensum. Das nun etwas zurückgeschraubt wird, denn im September hat Lauterjung nach den Kommunalwahlen sein Amt an Thilo Schnoor von den Grünen übergeben.
Für das neu geschaffene Amt des 3. Bürgermeisters wollte er dann doch nicht zur Verfügung stehen, das übernahm schließlich seine Parteifreundin Ioanna Zacharaki. Der Lokalpolitik wird er aber weiterhin treu bleiben, denn auch für die neue Legislaturperiode hat er ein Ratsmandat. Zudem bleibt er Vorsitzender des Sportausschusses und ist neu in der Landschaftsversammlung des Landschaftsverbands Rheinland (LVR).
Mehr Zeit für Ehefrau Ingrid und die Familie
Gerne sei er 1. Bürgermeister gewesen, trotz des mitunter prallgefüllten Terminkalenders. Deshalb geht er mit einem weinenden, aber auch mit einem lachenden Auge. Denn jetzt hat Ernst Lauterjung etwas mehr Zeit für Ehefrau Ingrid sowie die drei erwachsenen Kinder und die fünf Enkelkinder. Aber was gibt er seinem Nachfolger Thilo Schnor noch mit auf dem Weg?
„Ich habe gesagt: Thilo, du musst deinen Weg finden. Ich werde dich nicht kritisieren, wenn du etwas wissen willst, bin ich jederzeit für dich da. Ruf du mich an, aber ich werde dich nie anrufen, um dich zu kritisieren“, wünscht Ernst Lauterjung seinem Nachfolger ein glückliches Händchen.