SOLINGEN (mh) – Die Galerie ART-ECK am Gräfrather Marktplatz zeigt vom 29. November 2019 bis 12. Januar 2020 aus privater Sammlung 35 Werke von Friedrich August de Leuw (1817–1888), Landschaftsmaler der Düsseldorfer Malerschule und Vertreter der Spät-Romantik.
Vorliebe für die Künstler der Romantik
„Ich habe eine Vorliebe für die Künstler der Romantik“, gesteht Galerist und Maler Balke. „Allen voran natürlich Caspar David Friedrich.“ Doch seit er zum ersten Mal die Werke des Gräfrather Malers Friedrich August de Leuw sah, hat sich Balke auf die Fahne geschrieben, diesem Künstler mehr Geltung bei einem breiteren Publikum zu verschaffen. Seit bald drei Jahren ist er mit der Erstellung eines digitalen Werkverzeichnisses des Malers beschäftigt. Zum 200. Geburtstag de Leuws wurde es online gestellt und wird Zug um Zug ergänzt und erweitert.
Unzählige Stunden hat Balke damit verbracht, die Bilder und Zeichnungen zu fotografieren. Bislang hat er sieben Skizzenbücher des Künstlers bearbeitet. Es sollen zwölf existieren oder existiert haben, wie er bei einer auswärtigen Ausstellung im Kurhaus Manderscheid erfuhr.
Neben Zeichnungen und Aquarellen werden ebenfalls Ölgemälde und Grisaillen gezeigt. Einige der Aquarelle stellt Balke zum ersten Mal aus, z. B. das Wasserschloss Ratingen. „Ein sehr schönes Beispiel für die Werke aus der Studienzeit.“ Dazu gehört ebenso eine Darstellung von Schloss Caspersbroich oder Ansichten aus dem Gesteins, wie man das Neandertal einstmals nannte. Der Künstler hatte viele Zeichnungen mit Ortsangabe und Datum versehen, wie Schloss Burg an der Saale und die Solinger Ortschaft Steinsiepen. Dirk Balke vermittelt seine neuesten „Forschungsergebnisse“ über Friedrich August de Leuw und zeigt seine überraschend entdeckte Verbindung zu einem Werk von Andreas Achenbach.
Zeichnungen mit Ortsangabe und Datum
Galerist Balke, der selbst gerne und viel durch Museen geht, war im Kunstmuseum Dortmund auf ein Werk des Malers Achenbach gestoßen, ein 2 x 3 Meter großes Werk, das eine ganz besondere Stimmung ausstrahlte. Titel: „Nördliches Gebirge im Winter“. Das Bild kam dem Galeristen so bekannt vor, dass er es fotografierte und vergrößerte. Die riesige Überraschung: Dieses Bild hatte de Leuw während seiner Studienzeit als Vorlage zum Üben gewählt, eine damals gängige Vorgehensweise. Man übte sich meist an den Werken bekannter Meister. Zwei Ausschnitte dieses Achenbach-Werkes hatte de Leuw in separaten Ansichten festgehalten. Eine davon war lange Zeit als „Vereiste Sumpflandschaft in der Hildener Heide“ betitelt worden. Auf der Rückseite findet man die Signatur de Leuws mit der Jahreszahl 1840. Folglich hatte er das 1838 entstandene Original Achenbachs als Studienobjekt ausgewählt. Vereinzelt ist an Ästen, Gräsern und dem Sonnenlicht zu erkennen, dass es keine hundertprozentige Kopie ist.
Diese Arbeit gehört zu rund 100 Zeichnungen, die Dirk Balke bei einer Bocholter Familie, die ursprünglich aus Manderscheid kam, entdeckt hatte. Manche der Arbeiten sind reine Bleistiftzeichnungen. Andere wurden leicht laviert und dadurch plastischer. Mit stark verdünnter, sparsam aufgetragener Aquarellfarbe schaffte der detailverliebte Maler den Eindruck einer realistischen Landschaft. Er baute mit der Zeichnung das Bild auf und schaffte damit die Illusion von räumlicher Tiefe. Mit dieser technischen Raffinesse wurde de Leuw einer der besten Vertreter der Düsseldorfer Malerschule. Auch Federzeichnungen mit Tusche sind Bestandteil der Ausstellung. Sie sind gekennzeichnet durch ganz feine Striche, dunkel, fast schwarz – ein eindeutiges Merkmal.
De Leuw ging nach seiner Militärzeit zurück an die Akademie. Hier besuchte er die zehn Jahre zuvor gegründete Landschaftsmaler-Klasse von Johann Wilhelm Schirmer. Damit gehörte er zu den typischen Vertretern dieser relativ neuen Richtung der Düsseldorfer Malerschule. In Schirmer fand er einen Lehrer, der ihn für sein Leben und Schaffen prägen sollte wie kein anderer.
Originalwerke von de Leuw als Studienobjekte
Im Sommer 1843 und auch 1846 hielt er sich wochenlang in den Alpen rund um Unterwössen und Kufstein auf. Durch viele datierte Zeichnungen und Aquarelle, die vor Ort entstanden und mit Ortsangaben versehen sind, kann man heute Teile seiner damaligen Wanderrouten nachvollziehen.
Eine Besonderheit:
Friedrich August de Leuw hatte viele Gemälde als Grisaille angelegt. Grisaillen sind keine Schwarz-Weiß-Zeichnungen, sondern gemalte Bilder, die nur in Grautönen gearbeitet wurden. Diese Technik gab es schon in der Renaissance und wurde von Künstlern der Düsseldorfer Malerschule im 19. Jahrhundert wiederbelebt. Ein Alleinstellungsmerkmal von Friedrich August de Leuw ist die Tatsache, dass er einige seiner Motive als Ölgemälde und als Grisaille malte. Ein Großteil davon ist signiert.
So hatte de Leuw beispielsweise ein Bild der Burg Eltz zunächst in pastellartigen Grautönen als Grisaille gemalt, später in Öl. Schon das zeigt beeindruckend die Tiefe der Arbeit des Künstlers. Auch der Quantenhof in Ratingen wurde einmal im Sommer und einmal im Winter gegenübergestellt. Manches Mal lagen zwischen der zuerst entstandenen Grisaille und dem späteren Ölbild mehrere Jahre, manchmal nur ein paar Monate.
Als 1861 sein Vater starb, erbte Friedrich August den größten Teil des Familienvermögens. Noch im selben Jahr reiste er nach England und heiratete dort Maria Frances Charrington, die er vermutlich in der Praxis seines Vaters kennengelernt hatte. Mit ihr bereiste er Teile von England und Schottland und ließ sich auch einige Monate in London nieder, bevor er mit seiner Frau wieder nach Gräfrath zurückkehrte.
Die letzten 20 Lebensjahre verbrachte er anscheinend viel in Manderscheid in der Südeifel, das er in Studienzeiten kennen und schätzen gelernt hatte. Friedrich August de Leuw blieb der romantischen Landschaftsmalerei im Sinne von Schirmer bis zu seinem Tod im Jahr 1888 treu.
Wanderungen durch die Alpen
Derzeit befasst sich Dirk Balke damit, die Wanderungen nachzuvollziehen. Zu diesem Zweck hat er sich eine Karte vom Chiemgau besorgt und geht jetzt akribisch vom Chiemsee bis in die Alpen auf die Suche, vorläufig per Karte. Aber möglicherweise im kommenden Jahr als Wanderer direkt vor Ort.
Extra für diese Ausstellung, die übrigens keine Verkaufsausstellung ist, gibt es wieder einen kleinen Katalog. Darin sind alle ausgestellten Werke zu finden und zusätzlich noch ein paar mehr. Auch von der Ausstellung im letzten Frühjahr sind noch Kataloge erhältlich. Dienstags und donnerstags finden jeweils um 15 Uhr Kurator-Führungen durch den Galeristen statt. Ansonsten gelten die üblichen Öffnungszeiten.
Das Netzwerk, das Balke um de Leuw aufgebaut hat, wird immer größer. „Vielleicht gibt es ja noch einmal so ein Highlight und jemand hat auf dem Dachboden Skizzen und Zeichnungen deponiert“, spekuliert der Kurator mit einem Augenzwinkern.
Einen Wunschtraum hat der de Leuw-Kenner noch: Ein kleines Museum oder zwei größere Museumsräume, in denen die Werke de Leuws dauerhaft ausgestellt werden können.