HEUTE Maschinenfabrik: Technische Sauberkeit von Solingen in die Welt

SOLINGEN (bgl) – Es gibt Unternehmen, deren Entwicklung nicht aus großen Umbrüchen entsteht, sondern aus einer Reihe pragmatischer Entscheidungen, die über Jahrzehnte hinweg eine klare Richtung ergeben. Die HEUTE Maschinenfabrik gehört zu dieser Kategorie. Wer den Standort in Solingen am Höhscheider Weg besucht, trifft auf ein mittelständisches Unternehmen, das sich seit mehr als 100 Jahren immer wieder neu ausgerichtet hat und dabei einem technischen Grundgedanken treu blieb: der wirkungsvollen Reinigung mit Bürsten.

HEUTE startete mit Schuhputzmaschinen

Die Anfänge des Unternehmens liegen in Schwelm, wo 1905 ein kleiner metallverarbeitender Betrieb entstand, der bald Maschinen für Schuhmacher fertigte. Aus diesen frühen Produkten entwickelte sich später die Schuhputzmaschine für Hotels, über lange Zeit das prägende Geschäftsfeld der Firma. „Man war bei den großen Hotelketten gelistet und wenn die etwas brauchten, schlugen die nach, wer so etwas liefern kann“, erinnert sich HEUTE-Geschäftsführer Christian Löwe. „Das hat über viele Jahre getragen.“ Doch der Markt änderte sich. Der klassische Lederschuh verlor an Bedeutung, Hotels reduzierten die Zahl der Geräte. „Früher hatten die Hotels drei Etagen und drei Maschinen“, sagt Löwe. „Dann waren es drei Etagen und eine Maschine, und inzwischen sagen sie, die Leute tragen doch alle Vans und Sneakers.“

Als Löwes Eltern das Unternehmen übernahmen, gab es in der Gründerfamilie keinen Nachfolger mehr. Einige Jahre später kam Christian Löwe selbst dazu. „Ich habe vorher in Wuppertal in der Gürtelfertigung im Vertrieb gearbeitet und bin dann hier eingestiegen“, sagt er. Er fand ein traditionelles Unternehmen, das sich zwar bewährt hatte, aber stärker in industrielle Anwendungen hineinwachsen musste, um dauerhaft bestehen zu können. Löwe baute deshalb zunächst die Sparte für Sohlenreinigungsgeräte aus, die schon damals zunehmend von Industriekunden nachgefragt wurde.

Sonderreinigungsanlagen für industrielle Kunden

Aus dieser Erweiterung entwickelte sich bald ein neues Feld: Sonderreinigungsanlagen für industrielle Kunden, besonders für die Automobilindustrie. „Immer wenn irgendwo etwas mit Bürsten gereinigt werden musste, haben wir uns darum bemüht“, sagt Löwe. Für viele Jahre fertigte HEUTE gemeinsam mit einem Partnerunternehmen Anlagen, die in Bereichen zum Einsatz kamen, in denen Gestelle oder Komponenten vor Verarbeitungs- oder Lackierprozessen gereinigt werden mussten.

Die entscheidende Wendung kam mit einer Anfrage aus der Lebensmittelindustrie. Der Hersteller Bürger, bekannt für Maultaschen und Spätzle, stand vor der Herausforderung, dass Gabelstapler Schmutz und mögliche Lebensmittelreste aus der Produktion nach außen trugen und umgekehrt Verunreinigungen von außen wieder in hygienisch sensible Bereiche brachten. „Der Auditor hat gesagt, das darf nicht sein“, beschreibt Löwe die Situation. Bürger wusste, dass HEUTE Reinigungsanlagen für Daimler geliefert hatte und fragte an, ob man auch Reifen von Gabelstaplern reinigen könne. „Natürlich können wir das“, sagt Löwe. Die Firma entwickelte eine Anlage, die funktionierte, aber technisch aufwendig und teuer war.

Mechanische Reinigung ohne Motor und ohne Elektrik

Die Frage, die sich anschloss, war grundsätzlicher Natur. „Ich habe geguckt, ob es nicht etwas Einfaches gibt“, sagt Löwe. „Weltweit gab es nichts für Reifen, Rollen, Räder.“ Also entwickelte HEUTE ein System, das mechanisch reinigt, ohne Motor und ohne Elektrik. Der Ansatz: Schmutz nicht erst beseitigen, wenn er bereits eingetragen ist, sondern verhindern, dass er überhaupt in sensible Bereiche gelangt. So entstand ProfilGate, ein patentiertes Rost- und Bürstensystem, das Fahrzeuge beim Überfahren reinigt.

Ein entscheidender Partner für die Weiterentwicklung war REHAU, ein weltweit tätiger Kunststoffspezialist und Automobilzulieferer. In dessen Werk in Brake, wo Stoßfänger für Mercedes-Benz und Porsche gefertigt und lackiert werden, laufen täglich hunderte bis tausende Staplerbewegungen. „Bei REHAU haben wir in kurzer Zeit sehr viel gelernt“, sagt Löwe. „Welche Borstenform die richtige ist, welche Rostform und wie das System in der Praxis belastet wird.“ Die Tests bestätigten die Wirksamkeit und ProfilGate wurde international eingeführt.

Segmente mit großen Materialbewegungen

Heute gehören nahezu alle großen Automobilhersteller und viele bedeutende Zulieferer zu den Anwendern des Systems. Die Anforderungen reichen von der Reduzierung von Staubpartikeln in Kunststoffspritzereien bis zu makellosen Oberflächen in Lackierstraßen. Auch die Lebensmittelindustrie nutzt ProfilGate, dort häufig in Varianten mit Wasser und Desinfektion. „Listerien oder Bakterien kann ich nicht mit einer trockenen Bürste bekämpfen, da muss Wasser und ein Chemiezusatz rein“, sagt Löwe und beschreibt damit einen der zentralen Unterschiede zwischen industriellen Anwendungsfeldern.

HEUTE operiert vor allem in Segmenten, in denen große Materialbewegungen stattfinden und die Anforderungen hoch sind. „Unsere Kunden sind immer Großkunden“, sagt Löwe. „Der Bäcker oder Metzger um die Ecke interessiert sich nicht für unser System, das ist viel zu aufwendig. Aber große Fleischverarbeiter, Molkereien oder große Bäckereien, die haben die Probleme, die wir lösen.“

Rund 35 Mitarbeiter im Solinger Werk beschäftigt

Aktuell investiert das Unternehmen auch in ein neues Marktsegment: den Einzelhandel. Immer wieder erreichten HEUTE Anfragen aus Supermärkten, die ihre Eingangsbereiche sauberer halten wollten, insbesondere wegen der Einkaufswagen. „Wenn wir etwas mehrfach hören, dann recherchieren wir“, sagt Löwe. Das Ergebnis ist eine leichtere Version des Systems speziell für Eingänge. Erste Installationen laufen bereits in Frankreich. Für Löwe ist klar: Die bestehenden Eingangsmatten leisten zu wenig. „Die sehen optisch schön aus, aber in Wirklichkeit sind die relativ wenig effektiv.“

Produziert wird in Solingen, wo rund 35 Mitarbeiter arbeiten, insgesamt etwa 45 inklusive internationalem Vertrieb. Die Fertigung beruht auf einer Mischung aus eigener Blechverarbeitung und qualitativem Zukauf. „Wir kaufen Bürsten zu, Edelstahlroste, verschiedene Komponenten“, erklärt Löwe. „Alles, was wir hier machen, basiert auf einer optimierten Montage und das geht mit relativ wenig Personal.“ Etwa 70 Prozent der Produktion gehen in den Export und Länder wie Frankreich, Polen, die Schweiz, Österreich und die USA werden über eigene Verkaufsbüros betreut.

Sauberkeit gewinnt weiter an Bedeutung

Löwe beschreibt das Unternehmen als kontinuierlichen Lernprozess. „Man glaubt, man hat jetzt erreicht, es ist alles optimal, und es geht nicht besser“, sagt er. „Und dann irgendwann gibt es immer Verbesserungspotenzial.“ Gleichzeitig sieht er klare Chancen: Elektronik, Robotik, E-Mobilität – vieles in der modernen Produktion ist empfindlicher als früher. Sauberkeit gewinnt weiter an Bedeutung. HEUTE plant deshalb mittelfristig eine Erweiterung am Standort. „Wenn wir es nicht mehr hier schaffen, haben wir eine schöne große Wiese nebenan“, sagt Löwe. „Dann gehen wir den Schritt.“

Trotz aller technischen Entwicklungen bleibt der Kern des Unternehmens erstaunlich konstant. „Es ging immer um Reinigung oder Pflege mit Bürsten“, sagt Löwe. Dieser Satz beschreibt das Unternehmen vermutlich besser als jede strategische Analyse: Es ist ein Spezialist, der sein Thema so ernst nimmt, dass daraus ein eigener Weltmarkt entstehen konnte. Und dieser Markt wächst weiter. Qualitätsprodukte, die in Solingen montiert und in die Welt vertrieben werden. Davon machte sich übrigens zuletzt auch eine Abordnung der Solinger Wirtschaftsförderung ein Bild, die Christian Löwe und die HEUTE Maschinenfabrik besuchte.

Info ProfilGate-Systeme

Die ProfilGate-Systeme arbeiten ausschließlich mechanisch und nutzen dafür eine speziell entwickelte Bürstentechnik. In den Bodenelementen sind Bürstenleisten in einer definierten Schrägstellung montiert, die sich unter der Belastung durch Reifen, Rollen oder Sohlen leicht verformen und in Bewegung geraten. Diese Verformung erzeugt eine seitliche und rotierende Scherwirkung, die Schmutzpartikel aus Profilen und Laufflächen herausarbeitet. Löwe beschreibt dieses Prinzip als „aktive Reinigung bei Belastung“.

Die Kombination aus Bürstengeometrie, Schrägstellung und Rostform sorgt dafür, dass nicht nur lose Partikel, sondern auch tiefer sitzender Schmutz gelöst wird. Die Partikel fallen anschließend durch den Gitterrost in darunterliegende Wannen, wo sie gesammelt und bei Bedarf entnommen werden können. Die Systeme funktionieren ohne Motor, ohne Elektrik und ohne externe Energiequelle, die Reinigung entsteht allein durch das Überfahren. Je häufiger die Felder genutzt werden, desto deutlicher wird der Effekt sichtbar, was für viele Kunden ein wichtiges Kontrollinstrument darstellt.

Übrigens: Damit die Bürsten beide Rädern optimal wirken, wird jede ProfilGate-Fläche so ausgelegt, dass ein Rad je nach Durchmesser, ob Einkaufswagenrolle, Gabelstaplerrad oder Fahrzeugreifen, ausreichend langen Kontakt mit den schräg gestellten Bürsten hat und deren wiederholte Scherbewegung die Profilrillen vollständig erreicht. In der Regel wird mit drei kompletten Überfahrten geplant.