WUPPERTAL (bgl) – Der Rabbiner der Jüdischen Kultusgemeinde Wuppertal, zu der auch Solingen gehört, erläuterte am Sonntagnachmittag in einer gut gefüllten Synagoge in Wuppertal-Barmen den Jahreswechsel im jüdischen Leben: „In der jüdischen Tradition symbolisiert das Ende des Jahres gewissermaßen das Ende des Lebens. Das Jahr endet und somit auch unser Leben darin, ein Jahr ist wie ein kleines Leben“, sagte Rabbi David Vinitz. Mit dem Neujahrstag zu „Rosch Haschana“ beginnt das neue Jahr und somit auch ein neues Leben. „Es ist kein Zufall, dass es im Hebräischen das Wort ,Leben´ nicht im Singular gibt, sondern nur im Plural“, machte Vinitz deutlich. Viele Jahre, viele Leben.
20 Jahre jüdischer Wohlfahrtsverband
Zum Neujahrsempfang der Jüdischen Kultusgemeinde kamen am Sonntagnachmittag zahlreiche Vertreter aus der bergischen Politik, aus Vereinen und Verbänden, aus Kirchen und einer Moschee sowie aus Behörden und der Bundeswehr in die Synagoge an der Gemarker Straße. Als Repräsentant der Klingenstadt folgte Oberbürgermeister Tim Kurzbach der Einladung zum Neujahrsempfang. „Das vergangene Jahr stand für unsere Gemeinde ganz im Zeichen des 20-jährigen Jubiläums unseres Wohlfahrtsverbandes“, freute sich Leonid Goldberg, Vorstandsvorsitzender der Jüdischen Kultusgemeinde Wuppertal.
„Goldene Menorah“: Koss leitete fast 30 Jahre die Diakonie
Jedes Jahr zeichnet die Kultusgemeinde Angehörige anderer Glaubensgemeinschaften mit der „Goldenen Menorah“ aus, die sich in besonderem Maße um die Synagoge, die Gemeinde oder dem interreligiösen Dialog verdient gemacht haben. Erstmals wurde am Sonntag diese Ehre gleich zwei Personen zuteil, die sich beide in besonderem Maße für den Wohlfahrtsverband der Jüdischen Gemeinde eingesetzt haben.
Neben Reinhard Fliege, dem Geschäftsführer des Deutschen Roten Kreuzes in Wuppertal, wurde auch Horst Koss ausgezeichnet. Koss leitete fast 30 Jahre lang das Diakonische Werk in Solingen. „Es handelt sich bei den beiden Herren um langjährige Freunde, die sehr viel für die Gemeinde und den Wohlfahrtsverband getan haben“, unterstrich Goldberg.
Horst Koss ging im März in den Ruhestand. Während seiner Zeit bei der Diakonie unterstützte er die Jüdische Gemeinde mit Rat und Tat bei der Realisierung eines Wohlfahrtsverbandes. „Uns öffnete Horst Koss vor 20 Jahren weit die Türen in Solingen. Es war ihm ein persönliches Anliegen, die Entfaltung jüdischen Lebens zu ermöglichen“, lobte Ruth-Yael Tutzinger, Vorsitzende des Gemeinderates, in ihrer Laudatio.
Damals suchte die Gemeinde in Solingen händeringend nach Räumen für ihren Wohlfahrtsverband. „Herr Koss schlug seinerzeit vor, mit in das Haus der Diakonie Solingen zu ziehen. So kam es, dass ein christlicher und ein jüdischer Wohlfahrtsverband unter einem Dach arbeiteten, was wohl sonst nirgends in Deutschland der Fall war“, so Ruth-Yael Tutzinger.
Im Judentum bricht das Jahr 5780 an
Für den musikalischen Rahmen des Neujahrsempfangs sorgten am Sonntag der Chor der Jüdischen Kultusgemeinde „Masel Tov“ sowie der Kinderchor „Glöckchen“. Der Start ins neue Jahr, im jüdischen Kalender zählt man jetzt das Jahr 5780, ist auch immer mit einer Reflektion des vergangenen verbunden. Zu „Rosch Haschana“ lassen gläubige Menschen das abgelaufene Jahr Revue passieren und ziehen Bilanz über ihr eigenes moralisches und religiöses Verhalten.