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Karfreitag: Kreuzweg und Grabeskirche in Jerusalem

Der Kreuzweg mit seinen 14 Stationen entlang der Via Dolorosa beginnt in Jerusalem unweit des Löwentors. Jeden Tag gehen diesen Weg unzählige Pilger, um der Leidensgeschichte Christi zu gedenken. (Foto: © Bastian Glumm)

Der Kreuzweg mit seinen 14 Stationen entlang der Via Dolorosa beginnt in Jerusalem unweit des Löwentors. Jeden Tag gehen diesen Weg unzählige Pilger, um der Leidensgeschichte Christi zu gedenken. (Foto: © Bastian Glumm)

JERUSALEM (bgl) – Karfreitag gedenken Christen auf der ganzen Welt des Kreuztodes Jesu Christi. Gekreuzigt wurde Christus auf dem Kalvarienberg, dem Hügel Golgatha, in Jerusalem. Folgt man der Bibel, musste Christus sein Kreuz zu seiner Hinrichtungsstätte tragen. Wir sind in Jerusalem diesen Weg nachgegangen. Der Kreuzweg spielt in der christlichen Tradition eine zentrale Rolle. Verrat und Festnahme im Garten Gethsemane, das Verhör beim Hohepriester Kaiphas und schließlich die Verurteilung durch den römischen Statthalter Pontius Pilatus.

Laut Bibel trägt Christus sein Kreuz von der Burg Antonia, römische Kaserne und Residenz des Statthalters in Jerusalem, bis zum Ort der Hinrichtung. Der Kalvarienberg, auf dem Christus gemeinsam mit zwei Mördern gekreuzigt wurde, befand sich vor 2000 Jahren außerhalb der Stadtmauern Jerusalems.

Grabeskirche markiert auch den Ort der Kreuzigung

Seit Jahrhunderten steht dort die Grabeskirche. Am Kreuzweg scheiden sich die Geister. Zumindest jene der Wissenschaft. Denn für die Kirche steht außer Frage, dass Christus letzter Gang zur Kreuzigung jener Weg war, den viele Pilger heute nachgehen und der in dieser Form seit dem Mittelalter gegangen wird. Der Kreuzweg in Jerusalem führt an insgesamt 14 Stationen entlang. Die erste Station liegt an der Via Dolorosa in der Nähe des Löwentors im Nordosten der Altstadt.

Dort wird die Festung Antonia vermutet, die direkt nördlich an den Tempelberg angegrenzt haben soll. Pilger, die ihre Prozession dort starten, werden unter dem „Ecce-Homo-Bogen“ gehen. „Ecce Homo“ geht zurück auf das Johannesevangelium und ist der lateinische Ausspruch des Pilatus, als er den gegeißelten Christus der Menge präsentiert: „Siehe, welch ein Mensch.“ Der Bogen selbst stammt aus dem Jahre 135 n.Chr. und wurde vom damaligen römischen Kaiser Hadrian errichtet.

Der „Ecce-Homo-Bogen“ aus der Zeit Kaiser Hadrians. Er erinnert an den Ausspruch von Pontius Pilatus: „Ecce Homo“ – „Siehe, welch ein Mensch“. (Foto: © Bastian Glumm)

Der Kreuzweg führt die Pilger weiter auf einen kleinen offenen Platz. Rechts geht es in Richtung Damaskustor hinauf. An der Ecke befindet sich das Österreichische Hospiz. In unmittelbarer Nähe wartet die dritte Station auf Pilger. Hier soll Christus auf seinem Weg zum Kalvarienberg zum ersten Mal unter der Last des Kreuzes zusammengebrochen sein. Wenige Meter weiter schon die vierte Station: Jesus trifft seine Mutter Maria.

Folgt man der Via Dolorosa, dann kommt man nach kurzer Zeit zu einem freien Platz mit einer Weggabelung. In unmittelbarer Nähe befinden sich die dritte und die vierte Station des Kreuzweges. (Foto: © Bastian Glumm)

Der Kreuzweg macht nun einen Knick auf der Straße al-Wad. Ginge man geradeaus weiter, würde man binnen Minuten die Klagemauer erreichen. Die Via Dolorosa jedoch führt durch Stufengassen weiter nach oben und tiefer in das Herz der Jerusalemer Altstadt.

Die fünfte Station des Kreuzweges

An der Ecke al-Wad/Via Dolorosa befindet sich die fünfte Station des Prozessionsweges. Römische Legionäre zwingen nun Simon von Kyrene, Jesus beim Tragen des Kreuzes zu helfen. Es geht nun steiler den Berg hinauf.

Die fünfte Station des Kreuzweges an der Via Dolorosa Ecke al-Wad. An dieser Stelle gedenken Christen…
…Christus und Simon von Kyrene, den römische Legionäre zwingen, Jesus beim Tragen des Kreuzes zu helfen. (Fotos (2): © Bastian Glumm)

Die Via Dolorosa ist in diesem Teilstück gesäumt von Juwelieren und vor allem Antiquitätenhändlern. Auf halber Strecke hinauf erreicht man die sechste Station. Veronika wischt Christus mit einem Tuch den Schweiß von der Stirn.

Die Via Dolorosa steigt nach der fünften Station an. Unterwegs machen Pilger an der sechsten Station Halt. Hier hat Veronika mit einem Tuch den Schweiß von Chistus Stirn gewischt. (Foto: © Bastian Glumm)

Oben angekommen, befindet sich an einer T-Kreuzung die siebente Station. Jesus bricht ein weiteres Mal unter der Last des Kreuzes zusammen. In einer kleinen Kapelle der Franziskaner erinnert eine römische Säule daran.

Die siebente Station ist eine kleine Franziskanerkapelle mit einer römischen Säule. Hier soll Christus zum zweiten Mal unter der Last des Kreuzes gestürzt sein. (Foto: © Bastian Glumm)

An der T-Kreuzung biegen Pilger nun links ab und folgen der Via Dolorosa weiter in Richtung Grabeskirche, die hier nicht mehr weit ist. Spätestens jetzt tauchen Besucher tief in einen orientalisch-arabischen Souk ab. Zu Stoßzeiten vermischen sich hier Pilgergruppen aller christlicher Konfessionen mit Besuchern aus aller Herren Länder, israelischen Sicherheitskräften, palästinensischen Händlern und orthodoxen Juden.

Die Via Dolorosa führt weiter durch die arabisch-orientalischen Souks in Richtung Grabeskirche. (Foto: © Bastian Glumm)

Die Via Dolorosa ist hier vom Duft der Gewürze erfüllt, der aus den unzähligen kleinen Geschäften strömt. Die letzten Stationen auf dem Kreuzweg befinden sich allesamt unmittelbar an der oder direkt in der wuchtigen Grabeskirche.

Der Zugang zur Grabeskirche ist etwas versteckt

Den direkten Zugang zur Grabeskirche zu finden gestaltet sich für Ortsunkundige nicht ganz einfach. Ist die 1898 erbaute evangelische Erlöserkirche einfach zu erreichen, muss man den Zugang zur sehr viel älteren Grabeskirche genauer suchen. Ein unscheinbarer Zugang am so genannten „Muristan“, einem Platz, auf dem im Mittelalter ein großes Hospiz der Kreuzfahrer stand, führt auf den Vorplatz zur Grabeskirche.

Der Eingang zur Grabeskirche. Die beiden Portale sind aus der Zeit der Kreuzfahrer und entstanden im 12. Jahrhundert. Sultan Saladin mauerte das rechte Tor zu, nachdem er Stadt und Kirche für den Islam zurückeroberte. Rechts davon führt die „Frankentreppe“ hinauf zu einer Kapelle. (Foto: © Bastian Glumm)

Dort erblicken Pilger den Haupteingang mit seinen beiden Torbögen. Diese sind ebenfalls aus der Zeit der Kreuzfahrer aus dem 12. Jahrhundert, so wie viele weitere Teile der verwinkelten und verbauten Grabeskirche. Der Ursprung des Gotteshauses geht auf das 4. Jahrhundert zurück, als die Mutter des römischen Kaisers Konstantin, Kaiserin Helena, auf Pilgerreise im Heiligen Land zahlreiche Reliquien gefunden haben soll und gleichzeitig den Bau gleich mehrerer christlicher Basilika in Auftrag gab.

Das Heilige Grab ist der zentrale Ort der Grabeskirche in Jerusalem. Es befindet sich in der Rotunde und ist leer. Wer nach oben schaut,…
…der kann bei günstigem Lichteinfall die Intention der mittelalterlichen Erbauer der Kuppel über dem Grab Christi erahnen. (Fotos (2): © Bastian Glumm)

Darunter auch die Grabeskirche, die seitdem mehrfach zerstört und wieder errichtet wurde. Das heutige Gebäude ist in Form und Erscheinung ein Konstrukt der Kreuzfahrer, die Jerusalem von 1099 bis 1187 hielten und später im 13. Jahrhundert noch einmal einige Jahre regierten. Während das linke Portal begehbar ist, ist der Eingang rechts zugemauert.

Das Heilige Grab beherbergt einen leeren Marmorsarkophag. Bei mehreren Erdbeben wurde die Konstruktion schwer beschädigt, so dass sie seit 1947 von Stahlträgern gestützt werden musste. Im vergangenen Jahr wurde die „Aedicula“ komplett restauriert. (Foto: © Bastian Glumm)

Eine Maßnahme von Sultan Saladin, der Jerusalem im 12. Jahrhundert für den Islam zurückeroberte. Rechts des zugemauerten Portals führt eine kleine Treppe zu einer Kapelle. Die „Frankentreppe“ diente den Kreuzfahrern im Mittelalter als Aufstieg zum Felsen Golgatha.

Ursprüngliche Grabeskirche im 4. Jahrhundert errichtet

Mit dem Bau der ursprünglichen Grabeskirche im 4. Jahrhundert wurde der gesamte Kalvarienberg eingeebnet. Soll sich das Grab Jesu in einer Höhle befunden haben, erkennt man davon heute nichts mehr. Stattdessen ist das „Grab“, ein leerer Marmorsarkophag, das Zentrum der Grabeskirche inmitten einer eindrucksvollen Rotunde.

Der Hügel Golgatha im Inneren der Grabeskirche. Ein Teil des Felsens wurde freigelegt, den die Gläubigen berühren können. (Foto: © Bastian Glumm)

Auch der Hügel Golgatha ist nicht mehr zu erahnen. Im Inneren der Grabeskirche führt eine Treppe in ein höheres Stockwerk. Dort ist ein Rest des Ortes freigelegt, an dem das Kreuz gestanden haben soll, an dem Christus starb.

In der gesamten Grabeskirche, die verwinkelt ist und nie den Eindruck erweckt, als wäre sie aus einem Guss entstanden, finden sich zahlreiche kleine Kapellen und Gänge, die in tiefere Etagen führen. Neben katholischen Geistlichen findet man im Gotteshaus auch griechisch-orthodoxe, armenische, syrische sowie koptische und äthiopische Priester. Sie alle teilen sich seit Jahrhunderten die Grabeskirche. Schlüsselmeister ist ein Muslim, dessen Familie ebenfalls seit Jahrhunderten die Kirche morgens auf- und abends wieder zuschließt.

Das wuchtige Hauptportal der Grabeskirche wird seit Jahrhunderten von ein- und derselben muslimischen Familie frühmorgens auf- und abends wieder zugeschlossen. Direkt dahinter…
…wartet auf die Gläubigen der „Stein der Salbung“. Als Christus vom Kreuz genommen wurde, soll er an dieser Stelle gesalbt und in ein Leichentuch gewickelt worden sein. (Fotos (2): © Bastian Glumm)

Direkt hinter dem Haupteingang befindet sich der „Stein der Salbung“. Christen glauben, dass an dieser Stelle Christus Leichnam gesalbt und in das Leichentuch gewickelt wurde, nachdem er vom Kreuz genommen wurde. Der heutige Stein ist freilich aus dem frühen 19. Jahrhundert. Vor allem orthodoxen Christen ist dieser Ort heilig.

Gibt es einen anderen Kreuzweg in Jerusalem?

Während sich die Gläubigen über den Kreuzweg in Jerusalem weitestgehend einig sind, sieht die Wissenschaft das inzwischen etwas differenziert. Nicht nur, dass die Straßen des damaligen Jerusalem zu Zeiten Christi gut zwei Meter unter dem heutigen Straßenniveau liegen und so einen genauen Weg nur sehr schwer lokalisierbar machen würden. Auch gehen führende Wissenschaftler inzwischen davon aus, dass Christus nicht von der Burg Antonia seinen Kreuzweg begann. Vielmehr sei er in einem Palast schuldig gesprochen worden, an dem heute die Davidszitadelle zu finden ist. Also am anderen Ende der Jerusalemer Altstadt.

Glauben oder Wissenschaft? Die vielen Pilger kümmert das nicht, wenn sie die 14 Stationen des Kreuzweges in Jerusalem besuchen. Für sie ist der Weg das Ziel und das Ziel der Glaube.

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