SOLINGEN (mh) – Im Klinikum gibt es seit Mittwoch eine Ausstellung der besonderen Art. Der Kölner Fotograf Gerhard Zerbes zeigt ästhetische Aktfotografien von Patientinnen nach einer Brust-OP. Zu der Vernissage hatten die Abteilung für Senologie / Brustklinik des Bergischen Brustzentrums Solingen und die Klinik für Frauenheilkunde und Geburtshilfe eingeladen.
Verloren geglaubte Weiblichkeit
Barbara Matthies, Geschäftsführerin der Klinik, ist begeistert und dankt der Initiatorin: „Als Frau Dr. Seifert mit diesem Vorschlag zu mir kam, habe ich nicht eine Sekunde gezögert. Nach der OP stehen Untersuchungen und Therapien an. Die Frauen sind versorgt. Aber sobald sie wieder daheim sind, landen sie im Alltag, sind ja wieder „gesund“. Das Auffangen nach der Therapie ist außerordentlich wichtig. Wir wollen Ganzheitlichkeit gewährleisten, unterstützen mit Workshops. Doch es geht auch um die Frage nach der Weiblichkeit.“
In der Klinik werden jährlich etwa 150 an Brustkrebs erkrankte Frauen operiert. Danach fallen viele von ihnen in ein tiefes Loch, zweifeln an ihrem Körper, ihrem Frau-Sein. Fotograf Gerhard Zerbes hat eine wunderbare Möglichkeit gefunden, sich dem Thema nicht über die Krankheit, sondern über einen vollkommen anderen Ansatz, nämlich den der Aktfotografie, zu nähern.
Drei der betroffenen Frauen sind bei der Vernissage anwesend. Matthies wendet sich mit anerkennenden Worten an sie: „Sie haben viel Mut bewiesen. Es ist toll, dass Sie bereit sind, Ihre Geschichte zu erzählen.“ Gabriele, Karin und Ewa geben in bewegenden Worten einen kurzen Überblick über ihre Krankheit und ihre damit verbundenen Ängste. Alle drei haben durch das Shooting wieder neu zu sich selbst gefunden. Sie möchten mit ihren Worten anderen Frauen Mut machen.
Fotograf Zerbes erläutert: „Ich beschäftige mich seit über 30 Jahren mit Aktfotografie. Gerade in diesen Fällen ist es eine sehr sensible Art der Fotografie. Damit berührt man die Seele des Menschen. Es geht um die verloren geglaubte Weiblichkeit und um eine Änderung der Sichtweise. Denn die Schönheit ist nicht weg. Das erkennen die betroffenen Frauen beim Shooting. Danach können sie ihren Körper wieder liebevoll annehmen.“
Projekt „Veränderung“ soll Mut machen
Begonnen hatte das Projekt, als die Frau seines Schulfreundes nach ihrer Brust-OP an ihrer Weiblichkeit zweifelte. Ihr Mann bat Zerbes um Hilfe. Das Aktshooting löste bei der Frau viel positive Erfahrung aus. Am Ende hatte sie ein ganz anderes Bild von sich selbst. „Das war eine so gravierende Steigerung“ betont der Fotograf, “dass wir beschlossen haben: Diese Erfahrung muss auch anderen Frauen zugänglich gemacht werden.“
Die Ausstellung gibt es jetzt seit Dezember 2012. Mittlerweile geht sie quer durch Deutschland. Über 40 Fotos sind bislang aufgenommen worden, alle in einer lockeren Atmosphäre. „Das Shooting soll Freude und Spaß machen.“ 20 Frauen von Mitte 20 bis Mitte 60 haben sich dem Projekt „Veränderung“ angeschlossen, zeigen ihre Bilder in den Ausstellungen, berichten über ihre Geschichte.
Ausstellung geht quer durch Deutschland
Die Organisation der Veranstaltung im Klinikum liegt in den bewährten Händen von Karin Morawietz, Leiterin Öffentlichkeitsarbeit. „Seit Oktober war ich mit dem Fotografen im Gespräch. Wir haben viel Informationsmaterial vorbereitet, zahlreiche Einladungen verschickt. Die Ausstellung ist in ein Rahmenprogramm eingebettet. Es wird mehrere Vortragsveranstaltungen geben. Bei der abschließenden Finissage ist auch eine Selbsthilfegruppe dabei.“
Das Konzept der Ausstellung beinhaltet obendrein das Sponsoring eines Fotoshootings für Krebspatientinnen durch die ausstellende Klinik. Interessentinnen können sich dort bewerben. Das Shooting findet in den Räumen von Gerhard Zerbes in Köln statt.
Sponsoring eines Fotoshootings
Die leitende Abteilungsärztin Dr. Manuela Seifert (Abt. Senologie) dankt den Besuchern: „Schön, dass Sie gekommen sind, um sich zu informieren. Ich war Feuer und Flamme für die Idee von Fotograf Zerbes. Mit der OP allein ist es ja nicht getan. Wir können hier im Haus mehr anbieten. Es geht um die ganzheitliche persönliche Betreuung der Patientinnen. Sie sind ja nicht nur von der Krankheit betroffen, sondern ebenfalls von einer starken psychischen Belastung.“
Dr. Sebastian Hentsch, Chefarzt der Klinik für Frauenheilkunde und Geburtshilfe, hält den Ort der Ausstellung für gut gewählt. „Kunst im öffentlichen Raum spricht viele Menschen an. Und auch wir selbst hinterfragen uns bei Sicht der Bilder: Betrachten wir unsere Patienten wirklich in ihrer Gesamtheit? Gesundheit ist nicht nur körperlich, auch psychisch. Ich freue mich jedenfalls sehr über diese Aktion und wünsche der Ausstellung viel Erfolg.“
Unter den Besuchern ist Fotograf Ulli Steinküller. Er ist einerseits aus Interesse an den Bildern gekommen, andererseits ist eine Verwandte auch von der Krankheit betroffen. „Auf den ersten Blick habe ich gedacht, die Bilder sind zu schön“, schildert er seinen Eindruck. „Doch man muss schon genau hinsehen. Hier wird auf ganz sensible Weise die Schönheit gezeigt, die immer noch vorhanden ist. Sie geht nicht verloren, nur weil da eine Narbe ist.“ Davon können sich die Besucher der Ausstellung selbst überzeugen. Von allen Models geht ein innerliches Strahlen aus. Sie sind bei sich selbst angekommen.
Ankommen bei sich selbst
Die Fotografien der Krebspatientinnen sind in dem Bildband „Veränderung“ abgelichtet. Die Frauen schildern in sehr lebendigen Worten Situationen aus ihrem Krankheitsgeschehen und Erlebnisse während des Fotoshootings. Sozusagen eine Vorher-Nachher-Wahrnehmung. Auch renommierte Krebs-Experten und Psycho-Therapeuten kommen zu Wort. Der Bildband ist zum Preis von 24,90 € im Krankenhaus erhältlich.
Die Ausstellung ist bis zum 14. März in der Eingangshalle des Klinikums, Durchgang zum Haus E, zu sehen.