SOLINGEN (mh) – Die Gräfratherin Nici Ventker hat ein interessantes Hobby: Sie sammelt Kräuter und Wurzeln für ihre Nahrung und zur Herstellung von Räucherwerk. Vor ein paar Jahren hat sie bei der PhytAro-Heilpflanzenschule in Dortmund ihr Diplom als Kräuterfachfrau erworben. „Ich fühle mich seit eh und je den Pflanzen verbunden“, sagt Ventker. Kräuter haben sie schon immer brennend interessiert. Daher hält sie sich häufig in der freien Natur auf, forscht und sammelt. Vieles verwendet sie in ihrer Ernährung. So bekomme sie ihre tägliche Vitaminbombe, verrät sie. Ab dem Frühjahr geht sie fast immer vor dem Kochen auf Kräutersuche. „Suchen muss ich eigentlich gar nicht. Hier im näheren Umfeld kenne ich mich so gut aus, dass ich die Kräuter gezielt holen kann.“
Kräuter als Vitaminbombe und zum Räuchern
Einige davon verarbeitet sie zu Tinkturen und wendet sie zu ihren persönlichen Heilzwecken an. Auch in Ölen finden die Naturbestandteile ihre Verwendung. Eines der bevorzugtesten Öle ist Johanniskrautöl. „Das Johanniskraut sammle ich traditionsgemäß am 24. Juni – am Johannistag.“ Das geerntete Kraut wird sechs Wochen lang in Öl eingelegt und bekommt eine traumhaft rote Farbe. „Man wendet es bei Verbrennungen oder Verstauchungen an.“ Allerdings sollte man nach dem Auftragen auf die Haut die Sonne meiden. Sonst gibt es unschöne Flecken. „Man kann Oliven-, Raps- oder auch Distelöl dafür verwenden“, zählt die Kräuterfachfrau auf und fügt lachend hinzu: „Olivenöl nehme ich nicht gerne. Danach riecht man wie Salat.“ Wer will das schon? Die rote Farbe kommt durch das in den Blüten enthaltene Hypericin, ein Arzneistoff, der hauptsächlich als Antidepressivum zur Anwendung kommt.
Ihre große Leidenschaft ist das Räuchern. 90 Prozent der Zutaten findet sie in der regionalen Natur. Bei Harzen wird es etwas schwieriger. Die kauft sie dazu. “Räuchern ist ja das Verbrennen von Pflanzen bzw. organischen Materialien, die sich in Rauch auflösen“, doziert sie. Klingt logisch und wird schon seit Tausenden von Jahren so praktiziert. „Seit es Feuer gibt, verbrennen Menschen organische Bestandteile. Das können Pflanzen, Samen oder Hölzer sein.“ Rauch und ätherische Öle werden eingeatmet und gehen direkt in das limbische System, eine Funktionseinheit unseres Gehirns, die eine Vielzahl von Vorgängen steuert, beispielsweise Emotionen und Gedächtnisleistung.
Räuchern ist ihre große Leidenschaft
„In früheren Zeiten wussten die Menschen nichts vom limbischen System“, so Ventker. „Daher schrieben sie die Wirkungen der ätherischen Öle der Götterwelt zu. Auch heute gehen wir davon aus, dass eine Räucherung Himmel und Erde verbindet. Verbrannt werden Bestandteile der Natur, die ja etwas Göttliches ist. Auch in der Heilkunde wird geräuchert. So haben Beifuß und Weihrauch etwas Antiseptisches, eine keimtötende Wirkung.“ Nach Streitigkeiten bietet sich zum Beispiel die Räucherung eines Zimmers an. Das reinigt die Luft. Nicht umsonst heißt es bei Streit: Da herrscht dicke Luft.
Wer das Räuchern gerne einmal probieren möchte, kann das am einfachsten mit dem Klassiker Beifuß versuchen. Der findet sich an Schuttplätzen, Bahndämmen oder Steinbrüchen. Man pflückt ihn und hängt ihn kopfunter in der Wohnung auf. Beim Fachwerk bieten sich natürlich die Balken an. Aber auch in anderen Räumen finden sich geeignete Möglichkeiten. Doch sollte die Pflanze frei hängen. Je nach Raumklima beträgt die Trocknungszeit ca. sechs Wochen.
Eine feuerfeste, mit einfachem Sand gefüllte Schale eignet sich wunderbar für eine Räucherung. Dazu gibt man auf den Sand ein Stück Räucherkohle und lässt sie durchglimmen. Dann wird das Räucherwerk darauf gestreut. Im Freien lässt sich gut räuchern, in der Wohnung sollte man vorher die Rauchmelder abschalten. Das Prinzip des Räucherns kennen viele aus der Weihnachtszeit. Wenn Mutter oder Großmutter die Schalen einer Apfelsine auf die Heizung legten, verbreitete sich nach kurzer Zeit ein wunderbares Aroma. Wie beim Räuchern werden durch die Hitze ätherische Öle freigesetzt.
Ätherische Öle werden freigesetzt
Bei Räuchermischungen sollte man berücksichtigen: Weniger ist mehr. Drei bis fünf unterschiedliche Pflanzen reichen völlig. Sonst überlagern sich die einzelnen Duftnoten. Welche Kräuter sich gut miteinander kombinieren lassen, muss man für sich selbst ausprobieren. Bei einer Mischung von Harz mit Kräutern gilt: Weniger Harze, mehr Kräuter. Die Harze verstärken zwar die Kräuterdüfte, können sie jedoch auch schnell überlagern.
Nici Ventker hat ein paar auserkorene Lieblingskräuter: „Die Wegwarte liebe ich besonders, ebenso das Gänseblümchen. Es ist ganz klein und zierlich und dabei so widerstandsfähig.“ Salomonssiegel und Mädesüß gehören ebenfalls zu den bevorzugten Pflanzen. Mädesüß nennt man im Volksmund auch Wiesenaspirin. Schon jetzt freut sich die Kräuterfrau auf den Gründonnerstag. „An diesem Tag koche ich immer die Grüne Neune – eine Kräutersuppe aus neun verschiedenen Pflanzen.“ Diese Suppe wird traditionell am Donnerstag vor Ostern gekocht und gibt einen richtigen Power-Push. Schon Goethe und Humboldt wussten sie zu schätzen. Im Netz lassen sich viele Varianten des Rezeptes finden.
Sammeln mit Achtsamkeit und Respekt
Einen Appell richtet die Kräuterfrau an alle, die zum Sammeln aufbrechen möchten: „Sammelt bitte mit Achtsamkeit und Respekt vor der Natur. Nehmt nur mit, was ihr wirklich verwendet. Andere Naturbewohner, wie die zahlreichen Insekten, brauchen die Pflanzen zum Überleben.“
Wer sich für das Thema interessiert, kann ihr auf ihrer privaten Facebook-Seite folgen. Hier postet sie häufig kleine Tipps zum Kochen und Räuchern, um den Lesern eine Freude zu machen und um Interesse an der Natur zu wecken.