SOLINGEN (mh) – Marcel Lamour, freischaffender Künstler (*1972), lebt seit kurzer Zeit in Solingen. Doch schon seit einigen Jahren ist er in den verschiedensten Projekten gemeinsam mit Solinger Künstlern aktiv. Dazu gehört beispielsweise das 2015 im Atelier AndersARTig ins Leben gerufene Kunstprojekt „Mensch-Werk“ oder das EyE-Projekt, das 2016 in Zusammenarbeit mit Janine Werner und Ingo Schleutermann nach einer Ausstellung in Mexiko entstand. „Beim EyE-Projekt ging es darum, mit befreundeten Künstlern etwas darzustellen, das man allein nicht schaffen kann.“
Marcel Lamour, Allroundkünstler, lebt jetzt in Solingen
„Die Güterhallen waren der erste Ort, der mich in Solingen mit der Kunst verbunden hat“, begeistert sich Lamour für die Künstlerszene in der Klingenstadt. Meist wird er anfangs für einen Musiker gehalten. „Dabei komme ich gar nicht aus der Musik, sondern vielmehr aus der Theaterkunst.“ Musik ist für ihn eine Art Ventil. Instrumente beherrscht er nur in dem Umfang, in dem er sie für seine Projekte braucht. Zum größten Teil sind es Gitarre und Bass, aber auch mal ein Schlagzeug.
Sein Haupt-Einsatzort ist das Junge Theater Leverkusen (JTL), ein Ausbildungsbetrieb für 17- bis 25-Jährige. Die jungen Leute möchten in den unterschiedlichsten Schwerpunkten aktiv werden und erhalten Einblicke in Bereiche wie Regie, Schauspiel und mehr. Darauf bereitet man sie in Leverkusen vor. Auch Schauspielkurse für Kinder und Jugendliche gehören zum Angebot. Lamour arbeitet im JTL als Künstler, Musiker und Dozent. „Es geht vorwiegend darum, aus jedem bestimmte Fähigkeiten herauszuholen, nicht um die Vermittlung von Techniken“, beschreibt Lamour seine Aufgabe. Somit ist er mehr eine Art Theatercoach, der bei der Persönlichkeitsentwicklung der jungen Menschen oft Impulszeichnungen einsetzt. Bei diesen Zeichnungen oder auch Skulpturen geht es um die Verbindung mit dem Unterbewusstsein, was auf künstlerische Weise sichtbar gemacht wird. Oder auf musikalischem Weg auch hörbar.
„In den Kindertagen haben wir ein beachtliches künstlerisches Potenzial“, ist Lamour überzeugt. Doch im Laufe der Zeit wird es viel zu oft wegtrainiert bzw. einfach nicht gefördert. Oft mit der Argumentation: „Damit verdient man kein Geld.“ Er selbst hatte schon in der Kindheit neben dem Zeichnen viel geschrieben. Bis eines Tages seine Klassenlehrerin sagte: „Die Geschichte hast du nicht selbst geschrieben. Das waren doch bestimmt deine Eltern.“ Man stelle sich vor, wie ein kleiner Junge, der stolz auf seine Geschichte ist, so etwas hören muss. Und wie Marcel Lamour geht es mit Sicherheit vielen anderen Kindern auch. Folge: Das künstlerische Potenzial wird verdrängt. Aber es ist nicht fort, sondern kann zum Beispiel durch Impulszeichnungen aus dem Unterbewusstsein geholt werden. Darin sieht der Künstler eine seiner wichtigsten Aufgaben. Seit Jahren arbeitet er in diversen Installationen erfolgreich mit Petra Clemens, der Leiterin des Jungen Theaters Leverkusen zusammen.
Theatercoach am Jungen Theater Leverkusen
Doch auch auf anderen künstlerischen Gebieten ist seine Inspiration unerschöpflich. Hier lässt sich der Künstler bewusst nicht in eine bestimmte Richtung drängen. Das würde die Verbindung zu seinem Unterbewusstsein kappen, ist Lamour überzeugt. Während einige seiner Projekte auf endlos ausgerichtet sind, dauern andere nur eine gewisse Zeit und finden dann ihren Abschluss.
„In Solingen gibt es so viele tolle Künstler“, begeistert er sich an den vielen Ideen und dem damit verbundenen kreativen Vorrat. Leider sei es meist so, dass die Kleinkünstler ignoriert würden, weil sie nicht den gewünschten Lebenslauf vorweisen könnten bzw. noch keine größeren Auszeichnungen für ihre Werke erhalten hätten. „Es geht gar nicht mehr um die Kunst. Der Künstler wird auf den Wert seines Produktes reduziert.“ Doch Lamour wünscht sich, dass die Künstler mit ihrer Arbeit im Vordergrund stehen, was oft nur mit Vitamin B möglich ist. Das Verständnis für die Kunst soll klarer werden. „Kunst kann nur existieren, wenn sie auch wahrgenommen wird“, ist er überzeugt. Und Kunst soll ihren Wert in Form von Respekt und Wertschätzung bekommen, so wie sie es verdient. Aus diesem Grund arbeitet er gerade intensiv an seinem neuen Projekt.
Marcel Lamour schafft Projekt K-OS
Das Projekt K-OS entstand 2019 bei einem Griechenland-Aufenthalt. Der Hauptzweck dieses Projektes ist eine große Vernetzung kreativer Köpfe. Projekt K-OS will Künstler zusammenbringen und gleichzeitig eine Kunstplattform bieten. Die Künstler sollen mit dem, was sie machen, im Vordergrund stehen und optimal präsentiert werden.
Was man auf dieser Plattform findet, beschreibt Lamour humorvoll so:
- Etwas für deine Augen
- Etwas für deine Ohren
- Etwas für dein Gehirn
- Etwas anderes
Fazit: Genau das, was du noch nie gesucht hast – aber immer schon finden wolltest.
Also eine Plattform, die man nicht wirklich beschreiben kann, sondern erleben muss. Noch steckt sie in den Kinderschuhen. Aber sie wächst Tag für Tag. Kein Künstler kann allein so viel, wie eine Gruppe es vermag.
Für Lamour ist die (auch überregionale) Zusammenarbeit mit anderen sehr wichtig, eine unerschöpfliche Quelle der Inspiration und die Gewinnung neuer Perspektiven durch den Wechsel der Blickrichtungen. „Der Austausch ist überaus wichtig“, ist der Künstler überzeugt. „Wenn man sich nur mit sich selbst beschäftigt, ist man in seinem eigenen Kopfkäfig gefangen. Es kommen keine neuen Impulse mehr.“
K-OS soll eine Art virtuelle Künstlerkolonie werden, ein großes Haus, in dem jedes Zimmer von einem anderen Künstler bewohnt wird. Oder wem dieser Vergleich besser gefällt: Ein endlos wachsender Künstlerbaum, bei dem jeder Ast einen anderen Künstler präsentiert. Jeder Ast verzweigt in die Techniken des Künstlers, jeder Zweig zeigt andere Werke.
Ein Projekt ohne Ende
„Das Projekt kann sich immer weiter verzweigen, ausdehnen. Und vor allem ist es mit dem Ende des Erschaffers nicht abgeschlossen. Es ist etwas, das man nach seinem Tod den anderen vererben kann“, philosophiert Marcel Lamour und setzt begeistert hinzu: „So ein Ziel möchte ich mir auch gerne setzen.“
Zu allen Zeiten hat es dergleichen Zusammenschlüsse schon gegeben und immer waren sie überaus gefragt. Man denke beispielsweise an van Goghs Absicht, das Gelbe Haus, das er in Frankreich gefunden hatte, zu einer Art Künstlerhaus zu machen, in dem Gleichgesinnte leben und arbeiten konnten. Im Salon der Amerikanerin Gertrude Stein trafen sich zu der Zeit noch unbekannte Künstler wie Pablo Picasso oder Ernest Hemingway.
Einer dieser Zweige ist der K-OS-Shop „Red Bubble“. Wer mag, kann hier seine Produkte und/oder Dienstleistungen anbieten und so kleine Einnahmen kreieren. In erster Linie geht es aber bei diesem Projekt um Zusammenarbeit, Brainstorming, Unterstützung und neue Projekte durch Symbiosen unterschiedlichster Fähigkeiten.
Ansonsten lenkt der Allroundkünstler seinen Fokus nicht unbedingt fest in eine bestimmte Richtung. „Man sollte sich im Leben immer überraschen lassen.