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Negativ-Preis Plagiarius – Preisverleihung 2023

Christine Lacroix, zweite Vorsitzende des Vereins Museum Plagiarius e.V., präsentiert die diesjährigen „Gewinner“ des Plagiarius-Preises. Hier zeigt sie das Original Superglas von koziol (li.) sowie die Fälschung. (Foto: © Martina Hörle)

Christine Lacroix, zweite Vorsitzende des Vereins Museum Plagiarius e.V., präsentiert die diesjährigen „Gewinner“ des Plagiarius-Preises. Hier zeigt sie das Original Superglas von koziol (li.) sowie die Fälschung. (Foto: © Martina Hörle)

SOLINGEN (mh) – Am Freitag, 3. Februar 2023 wurden auf der Frankfurter Konsumgütermesse „Ambiente“ einem internationalen Publikum die Preisträger des Plagiarius-Wettbewerbs 2023 präsentiert. Am vergangenen Freitag gab es dazu im Museum Plagiarius einen Presse-Rundgang, in dessen Verlauf Christine Lacroix, zweite Vorsitzende des Vereins Museum Plagiarius e.V. Originale und Fälschungen vorstellte.

47 Jahre Negativ-Preis gegen Ideenklau

Der Negativ-Preis „Plagiarius“ wird seit 1977 für ganz besonders dreiste und skrupellose Fälschungen oder Plagiate vergeben. Der schwarze Zwerg symbolisiert mit seiner goldenen Nase den ungeheuren Gewinn, den dreiste Nachahmer mit ihren Machenschaften erzielen. Während bei Plagiaten Technik und/oder Design 1:1 übernommen werden, sich das Unternehmen quasi mit fremden Federn schmückt, ist bei einer Fälschung ebenfalls die Marke betroffen. Ziel der Plagiarius-Aktion ist es, die mehr als fragwürdigen Methoden ins öffentliche Bewusstsein zu rücken.

Von Haushaltwaren über Kleidung, von Sanitär zu Technik – gefälscht wird alles, was ein lukratives Geschäft verspricht. Der Schaden geht in die Milliarden. Die sechs neuen Plagiatsfälle stammen aus den Bereichen Wohnen, Gastronomie, Automobil, Digitales, Industrielle Bauteile, Prozesstechnik und Präzisionskomponenten. Es gibt einen ersten bis dritten Preisträger sowie drei gleichrangige Sonder-Auszeichnungen. Die Jury, die sich aus den unterschiedlichsten Berufsgruppen zusammensetzt, geht dabei nach einem Punktesystem vor. Dazu gehört unter anderem auch die Reaktion des Plagiators, wenn er mit den Entdeckungen konfrontiert wird.

Gegen den Fälscher des Diagnosegerätes läuft mittlerweile ein Strafverfahren. Das Gerät arbeitet mit veralteter Software und liefert ungenaue Werte. (Foto: © Martina Hörle)

In diesem Jahr geht der erste Preis an einen deutschen Möbel-Filialisten für die Fälschung des modularen Wandregal-Systems „LINK“. Wirklich bemerkenswert, mit welch unglaublich minderwertiger Qualität hier gearbeitet wurde. Das Unternehmen zeigte sich einsichtig und hat den Verkauf mittlerweile gestoppt.

Auf Platz Zwei steht METPLAS A.S. aus der Türkei. In diesem Fall wurde ein hochwertiges Glas von koziol mit Form, Konzept und Facettendesign fast identisch nachgeahmt und obendrein mit „patended“ beworben. Produkte von koziol sind bei Fälschern sehr beliebt.

Gegen den Plagiator des dritten Ranges läuft mittlerweile ein Strafverfahren. OBD Diagnostic Tools hat sich mit seiner Fälschung des von Mercedes-Benz entworfenen Diagnosegerätes „XENTRY Diagnosis“ gleich in mehrfacher Hinsicht strafbar gemacht. Während dem Fälscher das Design zwar gut gelungen ist, arbeitet das Gerät mit veralteter Software und liefert damit ungenaue Ergebnisse, wodurch es schnell zu Sicherheitsproblemen kommen kann.

Ideenreichtum der Ideenklauer fast grenzenlos

„Wenn wir die Nachahmer damit konfrontieren, ist deren Reaktion ganz unterschiedlich“, betonte Lacroix. „Manche sind absolut uneinsichtig, andere wiederum suchen zwar nach Entschuldigungen, fürchten aber die öffentliche Blamage und versuchen möglichst schnell eine Einigung mit dem Hersteller.“ In den meisten Fällen ist die Qualität der gefälschten Artikel weit schlechter als beim Original.

Die drei Sonderpreise wurden für Identitätsklau, den faulsten Serientäter und eine Fälschung verliehen. Beim Identitätsklau wurde von einem Fernost-Unternehmen gleich die komplette Identität eines Herstellers samt Fotos, Texten und Historie skrupellos geklaut. Aus der Original-Website www.wika.cn wurde kurzerhand die Fake-Website www.wika-wika.cn.

Der faulste Serientäter bediente sich gleich mehrfach aus der Baureihe D30LPS der item Industrietechnik GmbH aus Solingen. Kathrin Kirschner, Marketing-Leiterin von item zeigt einen Auszug ihrer Plagiats-Fälle. „Wir sind sehr stolz auf unsere Innovationskraft“, betonte sie. Es ist nicht das erste Mal, dass Produkte des Unternehmens von der Fath GmbH gefälscht wurden. Fath zeigte sich bislang überaus uneinsichtig.

Kathrin Kirschner, Marketing-Leiterin der item GmbH, zeigt einen Auszug ihrer Plagiats-Fälle. Das Unternehmen wurde bereits zum wiederholten Mal Opfer von Fälschern. (Foto: © Martina Hörle)

ITPROCARS aus Polen hat über seinen eBay-Shop eine gefälschte VW Navigations SD-Karte vertrieben, und zwar bereits drei Monate vor dem Erscheinungsdatum des Originals.

Allein im vergangenen Jahr konnten die EU-Zollbehörden gefälschte Produkte im Wert von mehrstelligen Milliarden Euro beschlagnahmen. Die tatsächlichen Zahlen liegen aber bedeutend darüber. „Der Zoll ist ein sehr wichtiger Partner“, so Lacroix und lobte die Arbeit der Zollfahnder, die im Laufe der Zeit eine gute Spürnase entwickelt hätten, bei welchen Containern sich eine Überprüfung lohnen könnte. „Bei den Unmengen an Containern können die Mitarbeiter aber höchstens zwei bis drei Prozent der Sendungen überprüfen.“ Viele Kunden werden Opfer eines Betruges, indem sie vermeintlich gute Produkte in einer minderwertigen Qualität erwerben. Manchmal verdrängt aber auch der niedrige Preis die Bedenken. Doch wer bewusst Plagiate und Fälschungen kauft, unterstützt damit Kinderarbeit und kriminelle Machenschaften. Denn Wirtschaftskriminalität ist kein Kavaliersdelikt.

Qualität der Plagiate oft schlechter als beim Original

Eine weitere Steigerung des Kaufs von Fälschungen geht auf das Konto der Dupe Influencer, die in den sozialen Medien mit gefälschten Designer- und Luxusprodukten junge Leute zum Kauf animieren und den Anschein erwecken, als sei dieser Kauf eine absolut normale Sache. Solches Verhalten zeigt deutlich eine Respektlosigkeit gegenüber Marken und vor allem den enormen Entwicklungsleistungen der Hersteller.

Am Ratetisch sind Produkte aus verschiedenen Bereichen aufgebaut. Hier können sich Besucher daran versuchen, Original und Fälschung zu unterscheiden. (Foto: © Martina Hörle)

Mehr als 350 Originale und deren Plagiate sind im Museum Plagiarius ausgestellt. Sie stehen im direkten Vergleich nebeneinander. Dabei steht grundsätzlich links das Original und rechts das Plagiat bzw. die Fälschung. Neu ist seit einiger Zeit der Ratetisch im unteren Bereich des Museums in der Nähe des Eingangs. Hier sind Besucher aufgefordert, Original und Fälschung selbst herauszufinden. Eine Aktion, die nicht nur Spaß macht, sondern auch die Sensibilität der Ratenden schult.

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