SOLINGEN (mh) – Auch in diesem Jahr bekommen rund 1.000 I-Dötzchen zur Schultüte eine traditionelle Burger Brezel, zusammen mit einer Karte, die von der Geschichte des Backwerks erzählt. Den Text hat Autor Olaf Link kindgerecht verfasst. Die Vorderseite ist fröhlich und bunt von der Berliner Pop-Art-Künstlerin Anja Boje gestaltet.
Tausend Brezeln für die I-Dötzchen
Die „Burger Brezel“ – eine nette liebenswerte Köstlichkeit, die von der Historie und dem Selbstbewusstsein des Bergischen Landes erzählt. Heute noch ist es Sitte, dass jedes Kind bei seiner Einschulung eine Brezel geschenkt bekommt, Sponsoren oder Schulfördervereine kaufen die Gebäckstücke zu einem Preis, der die Materialkosten deckt. In diesem Jahr sind 16 Grundschulen in Solingen und Haan dabei. Brezelpaten hängen den neuen Schulkindern die Nascherei mit einem bunten Bändchen um den Hals.
Hans-Georg Wenke erläutert dazu: „Unsere Intention ist die Stärkung der Achtsamkeit gegenüber den Traditionslebensmitteln. Die Brezeln gehören zu den liebevoll zubereiteten Lebensmitteln des Bergischen Landes, die nicht verloren gehen sollen.“ Aus diesem Grund organisiert der Arbeitskreis Burger Brezel mit seinen derzeit 15 ehrenamtlich tätigen Mitgliedern jedes Jahr zahlreiche Aktionen.
Mal sind es Bustouren, mal eine Wildkräuter-Wanderung. Auch Vorträge in der Gesenkschmiede Hendrichs gehören dazu. Alles steht in direktem Zusammenhang mit dem Traditionsgebäck. Beim Veggie-Day darf die Brezel ebenfalls nicht fehlen. „Hier im Bergischen sagen wir der Brezel“, schmunzelt Wenke. Jeder, wie er mag. Gott sei Dank beeinflusst die Wahl des Artikels nicht den Genuss.
Peter Hösterey erster Burger-Brezel-Bäcker
„1795 backte der Burger Bäcker Peter Hösterey die Brezel zum ersten Mal“, berichtet Olaf Link. Der Autor regionalgeschichtlicher Bücher kann zu diesem Thema viel erzählen. „Hösterey hatte das Rezept von einem französischen Soldaten, in Friedenszeiten ebenfalls als Bäcker tätig, bekommen. In Burg stationiert war er während einer Krankheit von Hösterey und dessen Frau gepflegt worden. Zum Dank schenkte er ihnen das Rezept.“ Der „Orden des Bergischen Landes“, so heißt die Brezel in der Broschüre, die der Arbeitskreis herausgegeben hat. Interessierte können sie über die Internetseite bestellen.
Gabriele Schwirschke ist begeistert von der Vielfältigkeit des Gebäcks. Köstlich zu Salaten und Suppen, delikat in Eis, Kuchen und Pudding verarbeitet. Und natürlich ein Klassiker bei der Bergischen Kaffeetafel. Wirklich ein kulinarischer Tausendsassa.
Burger Brezel wird aufwändig von Hand geformt
Im 19. Jahrhundert gab es 30 Brezel-Bäcker. Es war ein lukratives Geschäft. Sogar der Kaiser bestellte diese Backwaren. Heute gibt es nur noch wenige, die das Gebäck herstellen. Der Teig ist so weich, dass er aufwändig von Hand geformt werden muss. Maschinell ist das nicht möglich. Seit 2010 ist der Brezel sogar Passagier in der von Slow Food, einer Stiftung für Biodiversität, international geförderten „Arche des Geschmacks“. Hierin sind Kulturpflanzen und Lebensmittel aufgeführt, die durch Vergessen vom Aussterben bedroht sind.
„Wir sind kein Verein, sondern ein lockerer Zusammenschluss“, erklärt Schorsch Wenke. „Die Brezel hat dazu den Impuls gegeben. Gerne nehmen wir weitere engagierte und motivierte Mitstreiter auf. Es gibt auch Sponsoren, die uns unterstützen, wie die Bergische Zwiebackmanufaktur.“ Da beginnt zwei Tage vor dem kommenden Schuljahr die große Teigverarbeitung. Damit die Brezeln genauso frisch gebacken sind wie die I-Dötzchen.