SOLINGEN (sg) – Zum ersten Vollmond des Jahres veranstalteten die Autorinnen Martina Hörle und Remy Matelot am Donnerstagabend eine Vollmondlesung in den Räumen des Deutschen Alpenvereins in Wald. Dabei ging es äußerst gruselig und ziemlich blutig zu.
Kein Vollmond bei der Vollmondlesung
Vom Vollmond war während der Vollmondlesung leider nichts zu sehen. Er hatte sich hinter dichten Wolken versteckt. Vielleicht war er ein bisschen zu zart besaitet, um sich die düsteren Geschichten und Gedichte der beiden Autorinnen anzuhören. Denn zart besaitet durften die Zuhörer wahrlich nicht sein. Die Texte, die Martina Hörle und Remy Matelot in gewohnt stimmungsvoller Weise vortrugen, jagten dem Publikum im voll besetzten Raum einen Schauer nach dem anderen über den Rücken.
Von der Zurückhaltung des Vollmonds ließen sich die Künstlerinnen dann auch nicht entmutigen. Remy Matelot zauberte mit ihren Rauch gefüllten Seifenblasen kurzerhand einen Pseudomond, der eine kurze Weile im Raum schwebte, bevor er sich in Rauch auflöste. Dabei soll ja ausgerechnet der Mond ein ziemlich finsterer Geselle sein. So beschrieb es Martina Hörle in ihrer Geschichte „Die dunklen Geheimnisse des Mondes“ und warnte die Zuhörer, dem Ruf des Mondes zu folgen.
Eiselfen, Werwölfinnen und zahnlose Vampire
Natürlich durften bei einer gruseligen Vollmondlesung auch nicht die üblichen Verdächtigen fehlen. Die Autorinnen nahmen die bekannten Gestalten aus Spuk- und Horror-Genre auf, doch gelang es ihnen durch eine geschickte Erzählweise oder überraschende Wendungen die Zuhörer zu überraschen oder gar zum Lachen zu bringen. Remy Matelot ließ die zauberhaften Eiselfen mit ihrem Tanz einen Jüngling in den Tod locken. Dagegen erlebte der gewalttätige Triebtäter beim Angriff auf eine scheinbar wehrlose Frau eine böse Überraschung, als sich diese plötzlich in eine Werwölfin verwandelte.
Dass auch Vampire in die Jahre und ihre Zähne schlecht werden können, erzählte Martina Hörle in ihrer Geschichte „Die neuen Zähne“. Es brauchte schon einige Überredungskunst, um den Zahnarzt dazu zu bringen, neue Vampirzähne anzufertigen. Und eine Tube Haftcreme gab es sogar umsonst dazu. Frisch gerüstet macht sich der hungrige Vampir auf und begegnet auch bald einem verlockenden Opfer. Allerdings muss auch er eine böse Überraschung erleben.
Von alten Mühlen und Herrenhäusern
Auch Gebäude spielten in den Texten eine wichtige Rolle. Ob in „Das Haus“ von Martina Hörle, dessen Gemälde zu einem blutrünstigen Leben erwachen oder in „Das verfluchte Herrenhaus“, das dem Besucher einen Teil seiner Seele entreißt, die erste Neugier oder Erleichterung der Protagonisten verwandelte sich schnell in nackten Horror.
Dass im Bergischen Land die Mühlen, vor allem natürlich Wassermühlen eine Rolle spielen, versteht sich von selbst. Remy Matelot verursachte mit ihrer Geschichte „Die Wassermühle“ reichlich Gänsehaut beim Publikum, als der Besucher der alten Mühle auf einen halben Schädel stößt und den Verdacht hat, dass der weiße Staub, den er für Mehl gehalten hat, in Wirklichkeit Knochenstaub ist. Mit ihrem Gedicht „Wie Wasserräder entstehen“ schloss Martina Hörle die Vollmondlesung und sorgte damit sicherlich dafür, dass die Zuhörer sich beim nächsten Besuch des Balkhauser Kottens nicht mehr in die Nähe des Mühlrades wagen werden.