
SOLINGEN (bgl) – Wenige Wochen vor der Kommunalwahl am 14. September hat der Verein Mitteschmiede Solingen e. V. ein Positionspapier zur Innenstadt vorgestellt. Darin zeichnet der Stadtteilverein ein kritisches Bild: Leerstände, ein nachlassendes Sicherheitsgefühl und zunehmende Segregation prägen die Mitte. Zur Untermauerung verweist die Mitteschmiede auch auf das integrierte städtebauliche Entwicklungskonzept „City 2030“, das 2019 vom Stadtrat beschlossen wurde. In dessen Gutachten hatten externe Fachleute den Stadtkern bereits als „prekär“ und „angespannt“ beschrieben und „dringendes Gegensteuern“ gefordert. „Die Lage hat sich seit 2019 verschlechtert“, heißt es nun im Papier der Mitteschmiede, „Segregation hat weiter zugenommen.“
Kritik an Konzepten und Wahlprogrammen
Das Schreiben erinnert daran, dass schon 2019 Experten vor einem „auffallend hohen Armuts- und Migrantenanteil“ in der Innenstadt gewarnt hätten. Diese soziale und ethnische Segregation begründe laut den Gutachtern eine „Schieflage“ mit besonderen Risiken. Dennoch sei wenig geschehen. Politische Aufmerksamkeit und städtebauliche Maßnahmen hätten sich in den vergangenen Jahren überwiegend auf die südliche Innenstadt konzentriert, während der nördliche Stadtkern mit seinen Problemen vernachlässigt worden sei.

„Rosen und Wahlkämpfe lassen sich hier kaum gewinnen“, schreiben die Autoren mit Blick auf die politische Zurückhaltung. Auch die Idee, Sicherheit allein durch Überwachung und Polizei zu stärken, lehnt der Verein ab. „Die unbedingte Forderung nach mehr Ordnungskräften vertieft das Unsicherheitsgefühl und stellt segregierte Bevölkerungsteile zu Unrecht in einen kriminellen Kontext“, warnt die Mitteschmiede.
Mitteschmiede fordert Durchmischung und Integration
Deutlich formuliert die Mitteschmiede eigene Vorschläge: Ein übergeordnetes Marketingkonzept solle die bergische Identität der Stadt hervorheben. „Eine bergische Metropole braucht eine klimaresiliente grüne Innenstadt, aber bitte nach einem übergeordneten Gesamtkonzept – nicht nur am Fronhof“, heißt es im Thesenpapier. Zudem fordert der Verein bessere Verkehrs- und Parkmöglichkeiten mit einem „Mitte-Shuttle“, mehr Sauberkeit und einen würdevollen Umgang mit Bedürftigen.
Für Kinder und Jugendliche brauche es neue Angebote: „Jugendliche müssen ihren Ort mitgestalten.“ Mit Blick auf die fortschreitende Segregation betont die Mitteschmiede außerdem: „Den Entwicklungen muss neben der langfristigen Durchmischung sofort und verstärkt mit Integrationsarbeit begegnet werden.“

Schlüsselrolle spielen Immobilien in der City
Besonders betont das Papier die Bedeutung der Immobilienpolitik. Neue Wohnangebote für mittlere und höhere Einkommensschichten seien notwendig, um Kaufkraft in die Innenstadt zu holen und die soziale Mischung zu verbessern. Dafür müsse die Stadt selbst vorangehen, etwa durch den Erwerb von Gebäuden und die Entwicklung von Musterhäusern. „Es müssen bauliche Vorbilder entstehen, die eine zukunftsfähige Innenstadt erkennen lassen und somit Aufschwung signalisieren“, so die Autoren. Als positives Beispiel verweist die Mitteschmiede auf Hanau, wo durch gezielte Ankäufe und ein 20-köpfiges Projektteam eine Leerstandsquote von nur drei Prozent erreicht wurde.
Mit Blick auf die Wahl fordern die Vereinsvertreter von Parteien und Kandidatinnen mehr Mut, gerade den nördlichen Teil der Innenstadt in den Fokus zu rücken. Dort sei die Situation besonders angespannt, während viele Konzepte bisher den Süden bevorzugten. „Wir brauchen ein Maßnahmenpaket, was dann aber auch umgesetzt werden muss“, betont die Mitteschmiede. In deutlichen Worten heißt es weiter: „In Anbetracht dessen sind wir von den Wahlprogrammen, den dortigen Hinweisen auf mehr Polizei und Kameraüberwachung und von dem immer stärker werdenden Nord-Süd-Gefälle mehr als enttäuscht.“
Mitteschmiede: „Unser Herz schlägt bergisch“
Das Thesenpapier endet mit einem Appell an Politik und Verwaltung, die Innenstadt nicht länger sich selbst zu überlassen. „Die Stadt ist aufgrund ihrer Planungshoheit zur Neuentwicklung verpflichtet“, heißt es. Der Verein bekräftigt dabei seinen Slogan „Unser Herz schlägt bergisch“ und unterstreicht, dass Solingen eine lebendige und vielfältige Mitte brauche. Die Kommunalwahl am 14. September wird damit auch zu einer Richtungsentscheidung für die künftige Entwicklung des Stadtzentrums.