SOLINGEN (red) – Gratisspiele-Apps, die mit Abbuchungen auf der Telefonrechnung überraschten. Unseriöse Werber für digitalen Fernsehempfang. Und auch die Klassiker unter den Abzockern waren mit überzogenen Forderungen oder tückischen Geschäftsmodellen erneut aufgefallen. Für fast 1.330 Ratsuchende war die Verbraucherzentrale in Solingen 2017 nicht nur Wegweiser zu Rat und Recht. Mit vielen Aktivitäten habe sie zudem gezeigt, dass sie die Probleme der Menschen vor Ort in die Hand nehme und so ein wichtiger Baustein der kommunalen Daseinsvorsorge sei.
Undurchsichtige Rechnungen, satte Zuschläge – Beschwerden über Schlüsseldienste gehörten im vergangenen Jahr zu den Dauerbrennern. Denn erneut verschafften gewerbliche Türöffner den Ausgesperrten nur zu horrend überteuerten Preisen und gegen sofortige Bezahlung Zugang zur Wohnung. Wer sich dagegen sperrte, die mitunter drei- bis vierstelligen Beträge ungeprüft direkt zu zahlen, wurde nicht selten massiv unter Druck gesetzt. In der Rechtsberatung hat die Beratungsstelle geprüft, ob etwa unerlaubte Zuschläge oder nicht abgesprochene Leistungen berechnet worden waren.
Überflüssige und teure Verträge
Vor allem ältere Kabelkunden waren Zielgruppe von Werbern für Produkte der Unitymedia NRW GmbH: „Bei ihren Besuchen hatten sie an der Wohnungstür Ängste im Hinblick auf die Einstellung des analogen TV-Programms am 30. Juni 2017 geschürt“, berichtet Beratungsstellenleiterin Dagmar Blum. Dadurch verunsichert seien dann unüberlegt oft überflüssige und teure Verträge für Telefonie und Internet oder zusätzliche kostenpflichtige TV-Angebote abgeschlossen worden.
„Die Werber hatten dabei auf Unkenntnis gesetzt. Denn dass für die anstehende Umstellung von analogem auf digitalen Kabel-Empfang keine neuen Verträge notwendig sind – das hatten sie natürlich nicht verraten“, entlarvt Dagmar Blum die Überrumpelungsstrategie. In der Rechtsberatung wurden Widerrufsmöglichkeiten geprüft.
Massive Kostentreiberei von Inkassounternehmen
Auch massive Kostentreiberei von Inkassounternehmen bot Anlass für Verbraucherbeschwerden: „Da wurden Kosten durch die parallele Beauftragung von Inkassobüro und Rechtsanwalt in die Höhe getrieben oder für standardisierte Forderungsschreiben aus dem Computerprogramm Gebühren entsprechend der „anwaltlichen Mittelgebühr“ verlangt“, berichtet Dagmar Blum. „Insbesondere Bagatellforderungen wachsen in der Obhut von Inkassobüros auf das Mehrfache an.“
Die Verbraucherzentrale NRW hatte daher große Auftraggeber von Inkassounternehmen aufgefordert, als Ursprungsgläubiger für ein seriöses Forderungsmanagement ihrer Dienstleister zu sorgen. Drei Unternehmen haben dies bereits zugesichert. Auch gerichtlich hat die Verbraucherzentrale NRW klären lassen, dass Inkassounternehmen nicht nach dem Rechtsanwaltsvergütungsgesetz abrechnen dürfen. In der Rechtsberatung unterstützte die Beratungsstelle, unberechtigte Forderungen abzuwehren.
Probleme mit Telekommunikationsanbietern im Mittelpunkt
Bei vielen außergerichtlichen Rechtsberatungen und -vertretungen standen erneut Probleme mit Telekommunikationsanbietern im Mittelpunkt. Nicht nachvollziehbare Posten in der Rechnung, Stolperfallen beim Anbieterwechsel – oftmals gab es mit den Unternehmen gleich mehrere Probleme.
Beschwerden gab es aber auch über Vertragsanbahnungen in örtlichen Mobilfunkshops. Dort waren oftmals viel günstigere monatliche Entgelte zugesichert worden als dann tatsächlich mit der Mobilfunkrechnung abgebucht wurden. Crux: Die Hürde zur Prüfung ist deutlich höher, wenn man die Rechnung nicht per Post oder Mail bekommt, sondern selbst erst über eine App oder ein Onlineportal abrufen muss. So laufen unbesehen unberechtigte Entgelte auf, die erst beim Kassensturz bemerkt werden, weil sich etwa das Konto ins Minus bewegt. Für einen Widerspruch ist es dann häufig zu spät.
Datenschutzgrundverordnung wichtig für die Verbraucher
Informationen, was für Verbraucher in Sachen neue Datenschutzgrundverordnung wichtig ist, hat die Verbraucherzentrale aktuell ebenso auf dem Schirm wie die anstehenden Änderungen beim Reiserecht. Ab 1. Juli 2018 in Kraft, bringt es einerseits mehr Klarheit und Verbraucherschutz beim Buchen von Reiseleistungen in Online-Portalen und Reisebüros. Andererseits hat es auch Verschlechterungen im Gepäck: Erst wenn der Veranstalter den Reisepreis nach der Buchung um mindestens acht Prozent anhebt, kann der Urlauber künftig noch kostenlos vom Reisevertrag zurücktreten.
Bislang lag diese Grenze bei fünf Prozent. Nach jetzigem Recht ist es verboten, den Reisepreis für Reisen, die nicht mehr als vier Monate vor Reisebeginn gebucht wurden, nachträglich anzuheben. Künftig können sich auch kurzfristiger gebuchte Reisen im Nachhinein verteuern, wenn dies bis zum 20. Tag vor Reiseantritt mitgeteilt werden.