SOLINGEN (mh) – Die Solinger Künstlerin Daniela Baumann (*1960) zeigte am Sonntag letztmalig ihre Ausstellung „landscapes“ in der Galerie SK in den Güterhallen. Zur Finissage las Claudia Gahrke „Die schönsten Füße der Welt“ aus dem irischen Tagebuch von Heinrich Böll. Die Schauspielerin hat bereits bei zahlreichen Hörbuchproduktionen, Hörspielrollen und Literaturlesungen mitgewirkt.
„Das ist meine Lieblingsgeschichte“ so Daniela Baumann. „Wir sind vor drei Jahren nach Irland gefahren und haben dort den Sohn des Arztes, von dem die Geschichte handelt, kennengelernt. Dr. Edward King praktiziert auf Achill Island selbst als Arzt.“ Mitten zwischen den Gemälden der Ausstellung hing ein Foto von der Insel. Und ganz im Hintergrund war bei genauer Betrachtung das Haus des Arztes sehen. „Dr. King hat viel von seinen Eltern, die von Böll thematisiert worden waren, erzählt.“
Bölls Geschichte spielt auf Achill Island
Im Wesentlichen geht es in der Geschichte um die junge Frau eines Arztes, die beunruhigt auf seine Rückkehr wartet. Er ist in der Nacht mit dem Auto entlang der Klippen unterwegs zu einer Geburt. Der Sturm tobt und schürt damit die Angst der Arztfrau um ihren Mann. Stunde um Stunde wartet sie auf seine Rückkehr, bemüht sich um Ablenkung. Doch die Minuten schleichen. Millimeter um Millimeter verfolgt sie mit dem Zeigefinger auf der Karte die Strecke, die der Arzt zurücklegen muss. Minutiös geht sie die Etappen im Geiste durch. In dichter Atmosphäre kleidet Böll die Sorge der Frau in Worte, von Claudia Gahrke eindrucksvoll zu den Zuhörern gebracht. Vor dem geistigen Auge der Ehefrau taucht das Bild der Gebärenden auf, mit ihren Füßen, die sich gegen das Fußende pressen. Schon viele Füße hat sie gesehen, am Strand, in der orthopädischen Klinik in Dublin – doch keine sind so schön wie die Füße von Mary McNamara. Weiß und zart, beweglich und kräftig, Füße wie von Artemis oder Jeanne d‘Arc. Eben die schönsten Füße der Welt.
Während Gahrke las, war es mucksmäuschenstill. Die Rednerin setzte akzentuiert Pausen, weckte den Wunsch, ihr zu folgen und ließ durch ihre warme ausdrucksvolle Stimme das Bild der Landschaft vor den Augen der Zuhörer entstehen.
Beate Kunisch, eine Schulfreundin der Künstlerin, war von der Veranstaltung sehr angetan. „Ich bin froh, dass ich noch zur Finissage kommen und mir die Bilder ansehen konnte. Außerdem wollte ich gerne die Lesung hören. Claudia Gahrke hat so lebendig und ausdrucksstark vorgetragen. Man fühlte sich wirklich mitgenommen. Auch die bildhafte Sprache von Böll hat mich beeindruckt – die Vergleiche, die er gewählt hat. So anders als das Übliche. Die Einsamkeit und das Düstere hat er dadurch besonders hervorgehoben.“
Gahrke nahm die Zuhörer mit auf eine Reise
„Als ich 17 war, habe ich die Geschichte zum ersten Mal gehört.“ Daniela Baumann strahlte. „Jetzt, wo ich sie wieder höre, ist es, als ob die Zeit stehengeblieben wäre.“ „Ich finde diese Erzählung sehr berührend.“ Claudia Gahrke suchte nach den richtigen Worten, um ihre Emotionen zu beschreiben. „Sie verdeutlicht, wie hart das Leben auf der Insel ist. Um dort leben zu können, müssen die Menschen anderenorts arbeiten gehen. Bei aller Schönheit der Landschaft beherrscht die Natur die Existenz der Menschen. Obwohl sie ein schweres Dasein hatten und auch noch haben, wissen die Einwohner zu leben. Man findet dort eine gelassene Heiterkeit, die bewundernswert ist.“ Zusammenfassend ihr Eindruck über die Insel: „Es ist dort wirklich zu schön, um wahr zu sein. Und doch ist es real.“
Im Anschluss an die Lesung lud die Gastgeberin zum Afternoon Tea. Traditionell trinken die Iren ihren Afternoon Tea (gegen fünf Uhr nachmittags) gerne mit braunem Zucker und Sahne. Jetzt hatten die rund 30 Besucher ausgiebig Gelegenheit, die ausgestellten Werke zu betrachten. Baumann hatte vorwiegend Drucke und Zeichnungen ausgewählt. Die Künstlerin arbeitet mit unterschiedlichen Techniken, mal Tusche auf Baumwolle, mal Kreide auf Papier. Watercolor oder mixed media werden ebenso eingesetzt. Vorlieben für bestimmte Größen hat sie nicht. „Manche Bilder sind sehr groß. Da muss ich mir schon Gedanken über den Transport machen. Doch ich habe auch kleine Bilder, etwa 10 x 10 cm, dabei. Ich beschränke mich auf keine Formate.“
Baumann schreibt auch Lyrik
Der ausgestellte monochrome Zyklus trägt den Titel „Walking in Space“. Die Werkreihe „landscapes“ entstand nach ihrem Aufenthalt auf Achill Island. In anderen Zyklen arbeitet die Malerin ab und zu auch mit Farben. Die Lyrik ist ihr ebenfalls nicht fremd. In ihrer Publikation „Fremdkörper – dein Pullover kratzt“ komplettierte sie eine Auswahl ihrer Werke mit eigenen lyrischen Kurztexten und verdeutlichte die Annäherung an einen Reiz. Diese Publikationen sind über ihre Homepage zu bestellen.