SOLINGEN (mh) – „Wir haben heute Abend Theater im besten Sinne des Wortes.“ So leitete Hans-Georg Wenke seine Ansprache zur Eröffnung von Steinküllers Fotoausstellung ein. „Ulli Steinküller hat diese Motive nicht fotografiert, sondern komponiert. In den Fenstern sieht man Menschen, die herausschauen. Oder schauen wir hinein?“
Komponiert statt fotografiert
Es sind keine Momentaufnahmen, da geschieht etwas. Wenke beschreibt die Ansichten als Szenen. So wie ein Regisseur ein Stück auf die Bühne bringt, so erzeugt Steinküller die Szene mit einer Kamera. Gleichzeitig sind seine Arbeiten reich an philosophischen Gedanken. Schorsch Wenke zog hier Shakespeare, Goethe und Kant heran. „Sie alle hatten eine Idee, eine Vision. Diese Vorstellung kann man durch tanzen oder malen zum Ausdruck bringen oder durch eine digitale Aufnahme auf eine Leinwand übertragen.“
Da Ulli Steinküller aber weder tanzen noch malen kann, bleibt ihm als einzige Möglichkeit nur die Kamera – so Wenkes Fazit. „Jetzt ist es Ihre Sache“, wendete er sich an die zahlreichen Besucher, „den philosophischen Gedanken von Ulli Steinküller zu folgen. Beantworten Sie sich selbst die Frage, ob es sich um die Inszenierung der Realität handelt oder die Ihres eigenen Geistes.“
Rund 40 großformatige Werke (200 x 135 cm) hat Fotograf Steinküller ausgestellt, davon etwa die Hälfte in Schwarz-Weiß. Verblüffend, wie völlig anders die gleiche Ansicht in der monochromen Variante wirkt. Eine Reihe dieser Darstellungen sind in den Niederlanden entstanden. „Hier habe ich schon häufiger etwas ausgefallenere Bildmotive gefunden“, erläuterte Steinküller. Er wählt bei seinen Aufnahmen nicht nur die Fenster, sondern auch das Drumherum. Die Fassade gehört für ihn dazu.
Fassade gehört dazu
„In Schaufenstern will man etwas ausstellen, die Leute sollen hineinsehen. Da pulsiert das Leben. Aber ich habe auch Leerstände fotografiert, mit Fenstern, die ihren Schmuck verloren haben. Sie wirken ein bisschen traurig“, beschrieb Ulli Steinküller seine Motivwahl. Manche Fenster ermöglichen es, hinein- oder herauszuschauen, ja, sie laden förmlich dazu ein. „Bleib stehen, ich will dir etwas zeigen.“ Andere verweigern durch Gardinen oder Vorhänge jeden Blick. „Ich habe das Thema etwas weitläufig aufgegriffen“, so der Fotograf. Besonders gut gefallen ihm die Schaufenster, in deren Hintergrund sich kleine Geschichten abspielen, wie die Anprobe bei einer Schneiderin oder der Blick auf ein Paar am Tresen. Manchmal schaut man nur kurz verstohlen hinein oder ungehindert heraus.
„Wenn ich an die Vielzahl der Leerstände denke, frage ich mich unwillkürlich, wie es in 20 Jahren sein wird“, philosophierte der Fotograf wieder. „Haben wir dann noch unsere alten Schaufenster, wie wir sie kennen? Oder gibt es nur noch die digitale Form, den Monitor?“
Die Ausstellung ist in der FotoKunstGalerie ROLANDS^ECK, in der oberen Etage der Clemens-Galerien, direkt neben dem Kino „Lumen“. Bis zum 20. Oktober können die Werke besichtigt werden. Öffnungszeiten der Galerie sind jeden Samstag von 11 bis 14 Uhr.
Schaufenster oder Monitor
Die FotoKunstGalerie ROLANDS^ECK ist ein Teil von Timm Kronenbergs city-art-project in den Clemens-Galerien, bei dem Künstler seit April 2017 in diversen leerstehenden Ladenlokalen ihre Kunstwerke ausstellen können.