
SOLINGEN (sg) – Caritasdirektor Dr. Christoph Humburg geht nach 23 Jahren Einsatz und Engagement für die Menschen in Wuppertal und Solingen in den Ruhestand.
Von der Wohnungslosenhilfe zum Verbandsdirektor
Zwölf Jahre lang war Christoph Humburg beim Caritasverband in Düsseldorf in der Wohnungslosenhilfe tätig. Vorher hatte er zwei Jahre lang in einer Wohngemeinschaft mit suizidgefährdeten Kindern und Jugendlichen gelebt. Als für den Solinger Caritasverband eine neue Leitung gesucht wurde, bewarb er sich, wurde gewählt und nahm am 1. Oktober 2002 die Arbeit auf. Als dann 2009 auch der Wuppertaler Caritasverband einen neuen Direktor suchte, stellte sich Christoph Humburg für dieses Amt zur Verfügung, aber unter der Bedingung, beide Verbände zu einem großen Verband zusammenzuschließen. Er wurde gewählt und begann am 1. Mai 2009 seinen Dienst.
Fusion zu einem starken Verband
Ziel der Fusion der beiden Caritasverbände Wuppertal und Solingen war es, einen starken und einflussreichen Verband zu schaffen. „Ich habe immer versprochen, dass es keine fusionsbedingten Kündigungen geben wird“, betont Christoph Humburg, „und dieses Versprechen habe ich gehalten.“ Ihm war es wichtig, die Potentiale beider Verbände zu bündeln, die Dienste zu stärken und handlungsfähig zu machen und natürlich neue Projekte und Angebote zu entwickeln und umzusetzen.
Diese Vorhaben konnte der Direktor des Caritasverbandes Wuppertal-Solingen auch umsetzen. Durch das Zusammenfassen des Migrationsdienstes beider Städte hat sich der Migrationsdienst der Caritas WSG zum größten in ganz NRW entwickelt. „Es war mir auch ein Anliegen, dass jeder, auch der kleinste Stadtteil weiter versorgt ist“, so Christoph Humburg. „Und wir sind nach wie vor überall präsent.“ Dabei stellte Humburg immer die Caritas-Leitlinie „Der Mensch im Mittelpunkt“ in den Mittelpunkt all seiner Entscheidungen, Handlungen und Bemühungen.
Schritt für Schritt
Viele Schritte brachten den Caritasverband WSG immer weiter nach vorn und das Angebot für Menschen in Solingen und Wuppertal wurde kontinuierlich erweitert. So fand Dr. Christoph Zenses mit seiner „Praxis ohne Grenzen“ (wir berichteten) für Menschen in besonderen Lebenslagen in den Räumen der Caritas in der Ahrstraße in Solingen ein Zuhause. Ebenfalls hier rief Dr. Christoph Humburg 2003 eine Radio-Werkstatt ins Leben. Schüler konnten dort Medienkompetenz lernen und viele Sendungen wurden produziert, die im Bürgerfunk zu hören waren. 2005 wurde in Höhscheid ein Familienhilfezentrum gegründet, wo vor allem Präventivarbeit geleistet wird.
2009 ging es in Solingen um die Wohnungslosenhilfe. „Wir haben ein Konzept ausgearbeitet, dem die Stadt zugestimmt hat“, erzählt Christoph Humburg. Das damalige Obdachlosenheim war heruntergekommen. Der Caritasverband kaufte das alte Bahnhofsgebäude und baute es um. „Unser Konzept sieht eine langfristige, eine mittel- und eine kurzfristige Hilfe vor“, erklärt Humburg. So kann den wohnungslosen Menschen ganz individuell geholfen werden. Auch ein betreutes Wohnen für ehemalige Wohnungslose sowie Menschen mit Drogensuchterfahrung wurde aufgebaut. Ein weiteres Angebot für suchtkranke Menschen wurde in der „Ambulanten Reha Sucht“ geschaffen.
Die Angebote im Migrationszentrum wurden ausgebaut. „Wir bieten hier in Solingen regelmäßig ein Migrations-Café an“, sagt Christoph Humburg. Auch viele kulturelle Angebote, wie Lesungen, Kunstprojekte und anderes wird regelmäßig realisiert. „So ist das Migrationszentrum in Barmen zu einem Stadtteiltreff geworden.“ Im Jahr 2012 wurde in Solingen eine Bahnhofsmission gegründet. „Das war möglich, weil wir in Wuppertal schon eine Bahnhofsmission haben“, erklärt Humburg. Und der Bedarf ist da. „Wir haben über 10.000 Kontakte im Jahr in Solingen.“

Gründung eines FASD-Zentrums
Christoph Humburg hat sich in all den Jahren immer stark gemacht für jene, die aus irgendwelchen Gründen durchs allgemeine Raster fallen, die keine Lobby haben. So lag ihm die Gründung eines FASD-Zentrums besonders am Herzen. FASD – Fetale Alkoholspektrumstörung – ist eine Beeinträchtigung, die durch Alkoholkonsum der werdenden Mutter beim ungeborenen Kind hervorgerufen wird.
Dabei kann ein Glas Sekt schon ausreichen. Diese Beeinträchtigung ist die weitest verbreitete Behinderung in Deutschland. „Sie tritt viermal häufiger auf als Trisomie“, weiß Christoph Humburg. Trotzdem ist FASD kaum bekannt und in unserer Gesellschaft noch nicht angekommen. Mit dem FASD-Zentrum in Wuppertal und seiner kleinen Dependence in Solingen versucht die Caritas gegen diese allgemeine Ignoranz anzuwirken und den Betroffenen eine Lobby zu geben.
Ein Kinderhospiz fürs Bergische Land
Als ein Mammutprojekt stellte sich der Bau eines Kinderhospizes für das Bergische Land heraus. Obwohl dafür bereits Gebäude in einer traumhaften Lage im Wuppertaler Stadtteil Burgholz für einen symbolischen Betrag erworben werden konnten, wurde die Realisierung zu einem Kampf mit den Windmühlen der Wuppertaler Bürokratie. 7,5 Millionen Euro wurden für den Bau und die Ausstattung des Kinderhospizes benötigt, die nicht refinanziert wurden, das heißt, die aus Spenden zusammengesammelt werden mussten. Um das Großprojekt umzusetzen hatten sich der Caritasverband, die Diakonie und die Bethe-Stiftung zusammengetan.
Sicher ist es hier auch der Unnachgiebigkeit von Dr. Christoph Humburg zu verdanken, dass der Kampf gegen die Windmühlen am Ende gewonnen werden konnte. Das Kinderhospiz Burgholz sorgt nun schon seit zehn Jahren dafür, dass lebensverkürzend erkrankte Kinder und Jugendliche einen geschützten Ort haben, wo sie angemessen versorgt werden, aber auch den Spaß und das Spielen und das Leben genießen können. Außerdem gibt es Angebote speziell für die Geschwisterkinder, die meist im Schatten der kranken Geschwister stehen, sowie für die gesamte Familie.
Christoph Humburg steht für klare politische Positionierung
Als Caritasdirektor eines so großen Verbandes hat man natürlich auch eine gewisse Machtposition und kann so Einfluss auf die Politik nehmen. Das hat Dr. Christoph Humburg auch ganz bewusst eingesetzt, um dafür zu sorgen, dass neue Hilfen installiert oder bestehende Angebote nicht gestrichen werden. So trat er mit Interviews in der WDR Lokalzeit und im ZDF ganz klar für den Erhalt der Schulsozialarbeit ein, die von Wuppertal und Solingen nicht mehr finanziert werden sollte. Dies sorgte dafür, dass zumindest Wuppertal die Schulsozialarbeit für ein weiteres Jahr finanziert. Die Stadt Solingen dagegen leider nicht.
In all den Jahren hat Dr. Christoph Humburg viele Kämpfe mit der Politik ausgefochten und er hat sich nie gescheut, klar Stellung zu beziehen. Das hat Kraft und Nerven gekostet, aber rückblickend kann er sagen: „Der Kampf für jeden einzelnen Menschen hat sich gelohnt.“ Mit großer Sorge beobachtet er die immer stärkere Fokussierung auf die Wirtschaft und den Sozialabbau in Deutschland. „Wir dienen dem Kapital“, bedauert er. „Wir setzen in unserer Gesellschaft falsche Parameter.“
Auch der politische Rechtsruck in Deutschland gibt Christoph Humburg Grund zur Sorge. Hier wird er sehr deutlich: „Eine AfD-Mitgliedschaft und eine Mitarbeit im Caritasverband schließen sich aus.“ Er steht für eine bunte Caritas ohne Diskriminierung, ohne Rassismus, ohne Ausgrenzung. „Wir müssen hier sehr klar sein in unserem Leitbild, in unserer Sprache.“ Seine Kompromisslosigkeit hat ihm schon vieles an Schelte bis hin zu Drohungen eingebracht, doch davon ließ sich Humburg nie beindrucken. Seine Reaktion auf solchen Gegenwind war immer: „Jetzt erst recht!“
Ein Leben nach der Caritas
Nun geht Dr. Christoph Humburg nach 23 Jahren als Caritasdirektor in den Ruhestand und bei ihm ist es keine hohle Floskel, wenn man sagt: Das hat er sich wirklich verdient. Denn Humburg hinterlässt große Fußspuren, die von seinen Nachfolgern ausgefüllt werden wollen. Seit Juni ist Andrea Schmidt Vorständin des Verbandes und derzeit ist ein weiterer Vorstand in der Einarbeitung, der im November sein Amt antreten soll.
Für Christoph Humburg bricht nun ein Leben an, in dem es auch einmal Zeit für private Interessen gibt. Natürlich wird er sich auch künftig in verschiedenen Ehrenämtern engagieren. So liegt ihm das Zentrum für verfolgte Künste weiterhin sehr am Herzen. „Ich werde den Vorsitz in der Bürgerstiftung für verfolgte Künste und der Sammlung Gerhard Schneider weitermachen“, verspricht er. Außerdem möchte er sich vermehrt seinen Freundinnen und Freunden, sowie seiner Familie widmen. So wird er immer wieder unterwegs sein in Warburg, wo er aufgewachsen ist, in New York, wo er seit 40 Jahren Familie und Freunde hat, und in Solingen. „Und dann werde ich schauen, an welcher Stelle ich mich künftig engagieren werde.“
































