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Engelsklinge – Buch 2: In Nebel gehüllt (Kapitel 8.4)

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Patsy wehrt sich am Strand zum ersten Mal gegen das ständige Mobbing!
Patsy wehrt sich am Strand zum ersten Mal gegen das ständige Mobbing! "Engelsklinge" wurde von der ukrainischen Autorin Svitlana Glumm verfasst. (Bild: Open AI)

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Von Svitlana Glumm

Engelsklinge

Buch 2 – In Nebel gehüllt

Aus dem Russischen

Kapitel 8.4

Cash und Margo gingen gemächlich zu ihren Decken zurück und ließen Campbell hinter sich. Das Mädchen zog das Haargummi ab und der Wind begann, ihre dunkelblonden Haare zu zerzausen. Sie drehte sich um. Ihr Blick blieb an Ian hängen. Der Junge ignorierte Mr. Hindleys Bitte, beim Zusammenlegen des Netzes zu helfen und es zum Bus zu tragen und ging stattdessen zum Wasser.

„Du kriechst wie eine Schildkröte, Campbell!“, rief Margo und unterbrach ihre Unterhaltung mit Cash.

Campbell antwortete nicht, sondern beobachtete, wie Ian durchs Wasser stapfte.

„Warum hilft er Bryan nicht?“, fragte Margo, die dem Blick ihrer Freundin gefolgt war und verzog verächtlich den Mund.

Campbell warf der Blondine einen Blick zu und zuckte mit den Schultern.

„Der ist ein richtiges Hemd“, spottete Cash stellvertretend für ihre Freundin. „Ein Windhauch fegt ihn davon wie ein Schilfrohr“, sagte die Brünette, griff Margo am Arm und zog sie mit sich. „Cam, nicht trödeln!“

Die Mädchen kicherten, während sie weiter durch den weichen Sand stapften. Campbell schwieg. Sie erwiderte die Sticheleien ihrer Freundinnen über den Mitschüler nicht. An ihrem stahlharten Blick war zu erkennen, dass ihr deren Verhalten gegenüber den Jungen missfiel. Doch Campbell wollte sich nicht mit Cash überwerfen und widersprach daher nicht, sondern brachte ihr Missfallen durch Schweigen zum Ausdruck.

„Was ist das denn?!“ Cash’ schriller Aufschrei hallte gleichzeitig mit den Schreien der Möwen, die über dem Wasser kreisten, in der Hoffnung auf einen Abendfang.

Die Sonne war noch nicht einmal am Horizont angekommen, doch die Zeit fürs Abendessen rückte näher und die lärmenden Vögel stürzten mit angelegten Flügeln ins Wasser und erhoben sich gleich darauf mit Beute in ihren hakenförmigen Schnäbeln wieder in die Luft.

„Sammle die Kinder ein“, wandte sich Lucia an Leo. „Es geht bald zurück ins Lager“, sagte sie und blickte zu dem Ort, wo die Mädchen sich niedergelassen hatten.

Nachdem das Mädchen mit Patsy zum Strand gekommen war, hatte sie die Schülerin allein gelassen. Die Oberstufenschülerin hatte ihre Decke neben den verlassenen Decken der Volleyballspieler ausgebreitet.

„In Ordnung“, sagte der Junge. Er ging zu Greta und gab klare Anweisungen, die Mitschüler zu sammeln.

Dennis spielte Fangen und begann, Leos Anweisungen auszuführen, sobald er sie gehört hatte. Heute verhielt sich der Junge überraschend gut – er widersprach den Erwachsenen nicht, hänselte die Jüngeren nicht und war auch nicht frech zu den Älteren.

Ja, die Idee mit dem Surfen hat sich richtig bei dir festgesetzt, Junge, schmunzelte Lucia.

Cash stand über der auf ihrer Decke liegenden Patsy. Das Mädchen hatte das Pech, sich neben die Decke der launischen Mitschülerin gelegt zu haben. Die Augen der Brünetten funkelten boshaft und sie schleuderte mit dem Fuß Sand in Patsys Richtung. Die Sandkörner trafen Patsys Gesicht. Sie setzte sich auf und blinzelte.

„Was macht dieses Dreckstück hier?“, fauchte Cash und ließ ihren Blick über die Mädchen schweifen, die auf ihren Decken in der Sonne lagen.

Die Schülerinnen warfen sich verstohlene Blicke zu und flüsterten einander etwas zu. Einige von ihnen nickten dann in Patsys Richtung. Keine wagte es, dem herausfordernden Verhalten der Oberstufenschülerin zu widersprechen.

„Verschwinde hier!“, befahl Cash der Brünetten und zeigte mit dem Finger zur Seite.

Patsy rieb sich die Augen, rührte sich aber nicht.

„Los, schneller!“, Cash stampfte wütend auf der Stelle – wäre der Strand nicht voller Lehrer und anderer Leute gewesen, hätte sie dem Mädchen längst eine Abreibung verpasst.

Patsy schüttelte den Kopf. Ihr Blick traf den von Lucia. Lass dich nicht erniedrigen, stand in Lucias Gesicht geschrieben. Patsy erstarrte. Als sie erkannte, dass sie diesmal nicht allein war, holte die Schülerin tief Luft und sammelte ihre Kräfte, um der Angst zu trotzen, die wieder aus den Tiefen ihres Unterbewusstseins emporkroch, als Cash zu kreischen begann.

„Hast du Wachs in den Ohren?!“, unterstützte Margo ihre Freundin und fletschte die Zähne. „Bist du taub, oder was?“ Sie drehte sich zu den anderen Schülerinnen um. „Wir haben ein Auerhuhn unter uns, Mädels!“

Die Schülerinnen kicherten. Eine von ihnen wiederholte den neuen Spitznamen, den Margo für Patsy erfunden hatte – und den sie beim nächsten passenden Anlass sicher verwenden würde.

Patsy presste die Lippen zusammen, bewegte sich aber keinen Zentimeter. Sie zwang sich, ihre Panik nicht zu zeigen – ein Zustand, in den sie regelmäßig durch das ständige Spott ihrer Mitschülerinnen versetzt wurde. Zum ersten Mal seit Beginn des Aufenthalts im Lager gehorchte sie Cash nicht und ignorierte ihre Worte. Doch es war notwendig, sich der selbstgerechten Brünetten entgegenzustellen, die Patsy für wertlos hielt.

„Verschwinde!“, fuhr Margo auf, als sie das gewohnte Gehorsam der Klassenkameradin vermisste. Vor Wut erschienen rote Flecken auf ihren Wangen, ihre Oberlippe zuckte nervös.

Patsy hob den Kopf.

Lucia spürte das schnellere Herzklopfen des Mädchens, als die Angst erneut versuchte, ihren Verstand zu ergreifen – die Kehle zuschnürend, den Magen verkrampfend. Doch die Schülerin ballte die Hände zu Fäusten. Die Nägel gruben sich in die empfindliche Haut der Innenflächen. Der Schmerz vertrieb die Panik.

„Das ist ein freies Land, Cash, und ich lege mich hin, wo ich will. Und wenn dir meine Anwesenheit nicht passt, hättest du im Lager bleiben können und weiter auf die Welt wütend sein, die – wie du meinst – deiner nicht würdig ist“, konterte Patsy den Spott der beiden Anführerinnen. Ihre laute Stimme durchbrach die angespannte Stille.

Cash konnte ihr Erstaunen nicht verbergen. Ihr Mund stand offen, die Augen weiteten sich. Margos Gesicht war noch stärker mit Flecken übersät. Hinter den beiden Oberstufenschülerinnen war das Flüstern der Mädchen zu hören. Cash drehte sich um. Ihr strenger Blick ließ die Schülerinnen sofort verstummen.

Lucias Mundwinkel zuckten leicht nach oben.

Hättest du das mal früher gemacht, Mädchen, dachte sie. Du hättest dir so viel Demütigung ersparen können.

Patsy ließ ihre Peinigerinnen nicht aus den Augen.

Ehemalige Peinigerinnen, stellte Lucia fest. Ab diesem Moment würde sich Patsys Leben im Lager ändern. Der Thron der launenhaften Königin wackelte. Ihr Gefolge – die Schülerinnen aus der Mittelstufe – spürte es, als Patsy sich nicht nur nicht beugte, sondern sogar zum Gegenangriff überging. Bis jetzt hatte sich niemand getraut, der Brünetten zu widersprechen, sondern hatte lieber stumm die Auseinandersetzungen beobachtet, um rechtzeitig zur stärkeren Seite zu wechseln.

Cash schluckte schwer – sie hatte nicht damit gerechnet, dass gerade jene Klassenkameradin ihr die Stirn bot, die sonst immer weinend das Weite suchte. Margo sagte kein Wort und wartete, wie ihre Freundin reagieren würde.

Cash beugte sich, hob ihre Decke vom Sand auf und schüttelte sie absichtlich so, dass der Sand auf Patsy rieselte.

„Na gut“, murmelte sie. „Beim nächsten Mal kommst du nicht so glimpflich davon, Dreckstück.“

Die Brünette kniff die Augen zusammen, blickte Cash dann aber fest an.

„Es wird kein nächstes Mal geben, Cash“, sagte sie mutig, nun bewusst, welche Kraft im Widerstand liegt. „Die Schule ist nicht das ganze Leben und wenn sie vorbei ist, dann will ich sehen, wo du landen wirst.“

Cash schnaubte verächtlich und hob demonstrativ das Kinn, bevor sie in Richtung Parkplatz davonging. Margo trottete gehorsam hinterher.

„Ich werde Hollywood erobern!“, rief Cash über die Schulter, als ob sie das letzte Wort behalten müsste. Sie warf Margo einen Blick zu. „Und wegen deinem hässlichen Gesicht laufen die Leute vor dir weg.“

Patsy lächelte schwach.

„Du verstehst gar nichts, Cash“, flüsterte sie. Doch ihre Klassenkameradinnen waren schon ein gutes Stück entfernt, sodass nur Lucia und die Mädchen in ihrer Nähe ihre Worte hören konnten. „Schade.“

Als die Oberstufenschülerinnen den Strand verließen, trat Alicia von Elijah zurück.

„Mädchen, wir machen uns auf den Weg!“, rief die Lehrerin ihnen zu.

Violetta legte die Zeitung zusammen, warf sich die Tasche mit den Medikamenten über die Schulter und eilte Margo hinterher.

Elijah winkte Ian zu, damit dieser ihnen folgte. Gemeinsam mit der Gruppe der Mädchen und Alicia verließ er den Strand.

Mrs. Brown wartete, bis Jeffrey den Jungen half, das Netz zusammenzulegen. Dann warf sie sich ein Pareo über die Schultern und ging in Richtung Parkplatz.

Leo zog an der Hand der widerwilligen Gretta. Das Mädchen wollte noch ein wenig länger am Strand bleiben, doch der Junge hörte nicht auf ihr Bitten und so blieb ihr nichts anderes übrig, als sich zu fügen. Sie seufzte und verließ mit traurigem Blick den Sandstrand, den sie nur zweimal pro Woche besuchen durften. Die jüngeren Schüler folgten Leo im Gänsemarsch.

Den Abschluss des kleinen Zuges bildete Lucia. Sie näherte sich Patsy, die neben ihr ging. Die Schülerin warf ihr einen stillen Blick zu. In ihrem von Narben gezeichneten Gesicht lag Ruhe – doch das Zittern ihrer Finger verriet ihre innere Aufgewühltheit.

Macht nichts, dachte Lucia bei sich. Das ist nur der erste Schritt im Kampf um Respekt. Denn wer nicht freiwillig respektiert, den muss man dazu bringen. Sie schnaubte leise. Und der erste Schritt ist der schwerste – aber auch der wichtigste. Und du hast ihn großartig gemeistert, Patsy.

– Fortsetzung folgt –

„Engelsklinge – Tödlicher Schlag“ gibt es jetzt auch als Taschenbuch. Bestellen kann man es unter anderem HIER!

Zur Autorin

Svitlana Glumm wurde in Kropywnyzkyj in der Ukraine geboren. Die 45-Jährige studierte an der dortigen Universität Geschichte und später an der Uni in Kiew Journalismus. Als Journalistin arbeitete sie über zehn Jahre für Zeitungen in Kiew und Kropywnyzkyj. Sie verfasste mehrere Bücher, Manuskripte und Kurzgeschichten rund um die Themen Fantasy und Mythologie. Seit April 2022 lebt sie in Solingen.

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