SOLINGEN (bgl) – Nichts war in Solingen nach jenem Morgen des 29. Mai 1993 mehr so, wie es vorher einmal war. „Es war der schwärzeste Tag in der Nachkriegsgeschichte Solingens“, fasste Oberbürgermeister Tim Kurzbach jene Geschehnisse zusammen, die bis heute schmerzen, die die Menschen in dieser und die Stadt selbst gezeichnet haben. Mevlüde Genç verlor beim Brandanschlag am 29. Mai 1993 fünf Familienmitglieder, als vier rechtsextreme Täter ihr Wohnhaus an der Unteren Wernerstraße aus purem Fremdenhass in Brand setzten.
Anlässlich der Vorstellung der Gedenkveranstaltungen am 25. Jahrestag im Rahmen einer Pressekonferenz im Rathaus appellierte sie: „Ich habe fünf Kinder verloren an jenem Tag. Der Schmerz ist wie eine Schallplatte, die immer wieder auf Anfang springt. Aber ich möchte trotzdem mit allen Menschen friedlich zusammenleben.“
„Liebe lässt den Menschen leben.“
Und so trug vor fünf Jahren ein Zitat Mevlüde Gençs die damaligen Gedenkfeierlichkeiten, auf dem man im kommenden Mai aufbauen will: „Liebe lässt den Menschen leben.“ Anders als in den Vorjahren werden die Gedenkveranstaltungen größer ausfallen und an verschiedenen Orten stattfinden. „Wir haben nach einer anderen Ausdrucksform gesucht“, erklärte Lutz Peters, Pressesprecher der Stadt Solingen und Koordinator der Gedenkveranstaltungen.
Am 29. Mai beginnt um 16 Uhr das Gedenken am Mahnmal am Mildred-Scheel-Berufskolleg, das rund eine Stunde dauern wird. In der Evangelischen Stadtkirche folgt um 20 Uhr ein gemeinsames Gebet der Religionen. Dort wird eine halbe Stunde später auch der diesjährige „Silberne Schuh“ verliehen.
Gemeinsames Fastenbrechen in der Stadtkirche
„Familie Genç wird an diesem Tag ein Gebet am Ort des ehemaligen Wohnhauses an der Unteren Wernerstraße sprechen können“, betonte Lutz Peters. Dafür soll zwischen den beiden Programmpunkten genügend Zeit sein. Um 21 Uhr wird in und an der Stadtkirche zum „Iftar“ aufgerufen, dem gemeinsamen Fastenbrechen. Der Termin fällt in diesem Jahr in den islamischen Fastenmonat Ramadan.
Im Bürgersaal der Stadtkirche soll dann genug Raum zum Gespräch und zum Austausch vorhanden sein. Auf dem Fronhof werden zusätzlich Zelte aufgestellt werden. Dort sollen dann bis zu 1.000 weitere Menschen zusammen kommen können. Abschließend wird gegen 22.30 Uhr ein gemeinsamer Schweigemarsch zur Unteren Wernerstraße stattfinden.
Interreligiöses Gedenken des Brandanschlages
Hand in Hand kooperieren in der Organisation des Gedenktages mit der Stadt Solingen die Evangelische Stadtkirche, die Ditib-Gemeinde und das Bündnis für Toleranz und Zivilcourage. „In Christentum, Judentum und Islam ist die Gastfreundschaft sehr wichtig und sollte selbstverständlich sein. Alle drei Religionen haben einen Auftrag zum Frieden“, unterstrich Dr. Ilka Werner, Superintendentin des Evangelischen Krichenkreises in Solingen, dass die Öffnung der Stadtkirche für die gemeinsame Veranstaltung am 29. Mai keine Frage sei.
29. Mai 2018 – Ablauf der offiziellen Veranstaltungen
16.00 Uhr Gedenken am Mahnmal vor dem Mildred-Scheel-Berufskolleg
16:00 Uhr Ansprache Oberbürgermeister Tim Kurzbach
16.10 Uhr Schweigeminute
16.15 Uhr Ansprache der Vertretung des türkischen Staates
16.25 Uhr Ansprache Arbeitsgemeinschaft Christlicher Kirchen
16.35 Uhr Koranrezitation auf Arabisch und Deutsch
16.45 Uhr Gebet von Özlem Genç auf Deutsch
16.50 Uhr Gedicht von Schülerinnen und Schülern des Mildred-Scheel-Berufskollegs und der Ditib-Merkez-Moschee
16.55 Uhr Gebet des Imams
20:00 Uhr Gebet der Religionen Ev. Stadtkirche, Fronhof, Kirchenraum
20:30 Uhr: Verleihung des Zivilcouragepreises „Silberner Schuh“
21:00 Uhr Versammlung zum Iftar (gemeinsames Fastenbrechen):
Gebete, Reden, Gelegenheit zum Austausch (im Bürgersaal der Stadtkirche und in Zelten auf dem Fronhof)
21:34 Uhr Sonnenuntergang in Solingen und Beginn des Essens
Gegen 22:30 Uhr Schweigemarsch zur Unteren Wernerstr.