WUPPERTAL (bgl) – Bereits geraume Zeit vor Prozessbeginn war der Platz vor dem Justizzentrum in Wuppertal am Montagmittag von zahlreichen Medienvertretern bevölkert. Darunter auch eine ganze Reihe Fernsehteams, die auf Interviewpartner und mehr Informationen hoffte. Am Montag begann der Mordprozess gegen eine 28-jährige Solingerin, die im September vergangenen Jahres in ihrer Wohnung an der Hasseldelle fünf ihrer sechs Kinder ermordet haben soll (wir berichteten unter anderem hier), vor dem Wuppertaler Landgericht
Staatsanwalt hält Angeklagte für schuldfähig
Staatsanwalt Heribert Kaune-Gebhardt gab schließlich den Medien noch vor Verhandlungsbeginn eine erste Einschätzung des Verfahrens aus Sicht der Anklage: „Es gibt inzwischen Gutachten. Die Angeklagte hat sich nach anfänglichem Zögern jetzt doch explorieren lassen. Beide Gutachten, die eingeholt worden sind, stellen keine dauerhafte Grunderkrankung fest, die zu einer Identitäts- oder Persönlichkeitsstörung geführt haben“, betonte der Staatsanwalt, der die 28-Jährige somit für voll schuldfähig hält.
Die psychiatrischen Sachverständigen sollten später noch einmal eine wichtige Rolle am Eröffnungstag des Verfahrens spielen, denn ein Verteidiger der jungen Frau sieht das grundlegend anders. Um kurz nach 13 Uhr wurde die Angeklagte schließlich in den Gerichtssaal geführt. Zwar sichtlich angespannt und nervös, sonst aber regungslos präsentierte sie sich auf der Anklagebank, ihr Gesicht verdeckte sie nicht.
Beruhigungsmittel in die Frühstücksgetränke gemischt
Staatsanwalt Heribert Kaune-Gebhardt fasste die ihr vorgeworfenen Taten beim Verlesen der Anklageschrift zusammen: Im September 2020 habe die junge Frau in der Zeit von 7.20 bis 11.30 Uhr ihre fünf jüngsten Kinder (1,2,3,6,8) in der Wohnung an der Hasselstraße umgebracht. Vorher habe sie „im Rahmen einer üblichen Frühstückssituation“ ihren Kindern handelsübliche Beruhigungsmittel in „hohen Dosen“ (Kaune-Gebhardt) in ihren Frühstücksgetränken verabreicht.
Die Kinder gerieten aufgrund dessen in einen Dämmerzustand, leisteten somit kaum noch Widerstand und seien anschließend von der Mutter eines nach dem anderen im Bad in der Badewanne umgebracht worden. „Die Kinder wurden in der Badewanne erstickt oder ertränkt“, so Staatsanwalt Kaune-Gebhardt. Das Mordmerkmal der Heimtücke sei demnach erfüllt. Laut Gerichtsmedizin wiesen einige der Kinder Würgemale und/oder Einblutungen unter der Kopfschwarte auf. Nach den Taten habe die 28-Jährige jeweils jedes Kind in ein Handtuch gewickelt und in einem Kinderbettchen abgelegt.
Verteidiger beantragt Ablehnung eines Sachverständigen
Der älteste Sohn (11) überlebte, da er bereits vor 7 Uhr das Haus verlassen hatte und während der Tatzeit in der Schule war. Unter einem Vorwand holte die angeklagte Mutter den Jungen aus der Schule und schickte ihn per Zug von Düsseldorf auf den Weg nach Mönchengladbach. Sie selbst warf sich in suizidaler Absicht im Düsseldorfer Hauptbahnhof vor einen einfahrenden Zug, überlebte aber schwer verletzt.
Die Angeklagte wollte weder Angaben zur Sache noch zu ihrer Person machen und schwieg. Einer ihrer Anwälte stellte zu Prozessbeginn eine ganze Reihe an Anträgen mit dem Ziel, einen der beiden psychiatrischen Sachverständigen abzulehnen und einen neuen Gutachter zu verpflichten. Zudem laufe in Mönchengladbach derzeit ein Ermittlungsverfahren gegen den Vater der Angeklagten. Dabei gehe es um sexuellen Missbrauch und Kinderpornografie. Die Erkenntnisse dieser Sache müsse man in die laufende Mordverhandlung in Wuppertal mit einbeziehen, da dies für die psychiatrische Begutachtung der Angeklagten eine wichtige Rolle spiele, so der Rechtsanwalt der angeklagten Solingerin.
Verhandlung wird am Donnerstag fortgesetzt
Das Gericht vertagte sich. Die Verhandlung wird am Donnerstag vor dem Landgericht Wuppertal fortgesetzt. Wir berichten weiter.