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Hoffnung in Farben: Ukrainische Künstlerin startet neu in Solingen

Anastasija Sayenko kommt aus der Ukraine und lebt jetzt in Solingen. Mit ihren kleinformatigen Kunstwerken verleiht die Architektin ihren Gefühlen Ausdruck. (Foto: © Bastian Glumm)

Anastasija Sayenko kommt aus der Ukraine und lebt jetzt in Solingen. Mit ihren kleinformatigen Kunstwerken verleiht die Architektin ihren Gefühlen Ausdruck. (Foto: © Bastian Glumm)

SOLINGEN (sgl) – Der russische Angriffskrieg auf die Ukraine hat seine Spuren hinterlassen. Viele Ukrainer waren gezwungen, ihre Häuser, ihre Arbeit und ihr „altes“ Leben zu verlassen. An einem neuen Ort, in einem anderen Land, mussten sie Schritt für Schritt Beziehungen zu Fremden, die nun Freunde wurden, aufbauen, eine neue Sprache lernen und die Kraft finden, weiterzugehen, nicht aufzugeben, und dabei versteckte Talente in sich zu entdecken.

Künstlerin verleiht Gefühlen beim Malen Ausdruck

Manche begannen, Menschen zu helfen, die sich in der gleichen Situation befanden, wie sie selbst vor mehr als zwei Jahren, und widmeten ihre Freizeit der Freiwilligenarbeit. Andere entdeckten ihre Fähigkeiten als Fotografen, genossen Spaziergänge, bei denen sie farbenfrohe Momente festhalten konnten. Wieder andere suchten nach verschiedenen Rezepten, um Familie und Freunde mit Köstlichkeiten zu verwöhnen, oder widmeten sich dem Sticken.

Für Anastasija Sayenko wurde das Malen zu einem Weg, um sich von den schlechten Nachrichten abzulenken und ein neues Leben in Solingen zu beginnen. Als gelernte Architektin hatte sie immer davon geträumt, ihre Gefühle auf der Leinwand auszudrücken.

„In Solingen sind die Menschen sehr offen“

„Wir alle dachten, der Krieg würde in ein paar Tagen enden und wir könnten nach Hause zurückkehren“, erinnert sich die Künstlerin. „Niemand hatte geplant, für immer hier zu bleiben. Mein Sohn und ich brachten Dinge nach Wien – Medikamente, Kleidung und ein Auto – und wir beschlossen, ein paar Tage in Österreich zu bleiben, bevor wir nach Solingen fuhren, wo die Familie einer Bekannten lebt. Wir wollten nur ein paar Wochen hier bleiben“, zuckt die Frau mit den Schultern.

„Aber das Schicksal entschied ganz anders. Ich möchte den Deutschen meinen tiefen Dank aussprechen, die die Ukrainer so herzlich aufgenommen haben. Ein besonderer Dank geht an die evangelische Kirche, wo ich zusammen mit anderen Menschen begann, Deutsch zu lernen. Es war für mich neu und ungewohnt, dass ein Katholik den Orthodoxen und Muslimen Unterricht gab“, teilt Anastasija ihre Eindrücke. „In Solingen sind die Menschen generell sehr offen. Während meiner Zeit in der Stadt habe ich bereits deutsche Freunde gefunden, die mich sehr unterstützen.“

„Gute Taten kommen immer zu uns zurück“

Letzte Woche nahm Anastasija an einer Auktion zur Unterstützung Nicaraguas teil, bei der sie eines ihrer Werke spendete. „Die Deutschen freuten sich, dass ich in meiner Situation die Kraft gefunden habe, jemand anderem zu helfen. Ich glaube, dass gute Taten immer zu uns zurückkommen. Am Tag der Auktion sagte ich, dass wir das nächste Mal auch für die Ukraine Spenden sammeln werden.“

Ein Faktor, der sie dazu brachte, ihre weitere Tätigkeit zu überdenken, war die Erkenntnis, dass ihre frühere Arbeit, die sie in ihrer Heimatstadt Dnipro in der Ukraine gemacht hatte, dort geblieben war. Untätig herumzusitzen, kam für sie nicht infrage, und so folgte sie dem Rat einer Kollegin, etwas Neues auszuprobieren. Sie griff zum Pinsel. Ihre Eltern und ihr Mann, die ebenfalls Architekten und in der Ukraine geblieben sind, unterstützten ihren Wunsch, den Kindheitstraum zu verwirklichen.

„Die Ausstellung erzählt von besonderen Wörtern, die es in der ukrainischen Sprache nicht gibt“, sagt Künstlerin Anastasija Sayenko. Dazu gehört auch der „Morgenmuffel“. (Foto: © Bastian Glumm)

Drei Ausstellungen in Solingen und eine in Schottland

Derzeit hat Anastasija Sayenko drei Ausstellungen in Solingen: in einem Café im Gebäude des C & A am Neumarkt, im Kirchencafé an der Walder Kirche, in den Räumen des Internationalen Bunds am Neumarkt sowie in Schottland. In Solingen können die Besucher ihre Gemälde sehen, in Schottland werden jedoch nur deren Fotos mittels eines Projektors gezeigt. Auf die Frage nach ihren Zukunftsplänen antwortete die ehemalige Dnipro-Bewohnerin nachdrücklich, dass sie in Solingen bleiben wolle.

„Denn wenn wir uns vor den letzten Weihnachtsfeiertagen noch unsicher waren, haben wir jetzt beschlossen, Wurzeln zu schlagen. Vor allem, weil die Ausstellung aus der Sprachschule ab dem 1. Februar nächsten Jahres in die Stadtbibliothek verlegt wird“, sagt sie über ihre nächsten Schritte an ihrem neuen Wohnort.

Künstlerin präsentiert „besondere“ deutsche Wörter

„Das ist mein Weg, die deutsche Sprache zu lernen. Die Ausstellung erzählt von besonderen Wörtern, die es in der ukrainischen Sprache nicht gibt. Mein Ziel ist es, den Menschen ihre Bedeutung näherzubringen. Erklärungen zu jedem Wort können die Besucher unter den Gemälden lesen. Mein Traum ist es nicht nur, eine Ausstellung in Berlin zu machen“, fügt Künstlerin Anastasija am Ende unseres Gesprächs hinzu, „sondern auch ein eigenes Atelier zu finden, in dem ich mein Talent weiterentwickeln und an einer Arbeit fortfahren kann, die mich davor bewahrt, in Apathie zu verfallen.“

Und so tragen ihre kleinformatigen Kunstwerke Namen wie „Freudentränen“, „Morgenmuffel“, oder „Kummerspeck„.

Zur Autorin

Svitlana Glumm wurde in Kropywnyzkyj in der Ukraine geboren. Die 44-Jährige studierte an der dortigen Universität Geschichte und später an der Uni in Kiew Journalismus. Als Journalistin arbeitete sie über zehn Jahre für Zeitungen in Kiew und Kropywnyzkyj, sie ist Mitglied im Journalistenverband der Ukraine. Svitlana Glumm verfasste mehrere Bücher, Manuskripte und Kurzgeschichten rund um die Themen Fantasy und Mythologie. Seit April 2022 lebt sie in Solingen.

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