SOLINGEN (sg) – Anlässlich ihres zehnjährigen Bestehens organisierte die Solinger Autorenrunde am Freitagabend eine stimmungsvolle literarische Fackelwanderung durch den Gräfrather Ortskern.
Start auf dem historischen Marktplatz
Zahlreiche Literaten und Literaturfreunde hatten sich an diesem milden Freitagabend auf dem Gräfrather Marktplatz eingefunden, wo sie zunächst einmal vom Nachtwächter und dem alten Weiblein empfangen wurden. Unterstützt vom Verein für Kunst und Kultur in Gräfrath organisierte die Solinger Autorenrunde, die vor zehn Jahren von Martina Hörle gegründet wurde, einen Spaziergang voller literarischer Kostbarkeiten und stimmungsvoll-feurigen Erleuchtungen.
Den Auftakt machte Kay Ganahl mit einem Text über Wölfe und Werwölfe, die ihn in ihrer fürchterlichen Schönheit faszinieren. Nächste Station war der Brunnen am Täppken. Hier erzählte der Nachtwächter zunächst einmal mehr über den alten Brunnen, der einst Rindern und Pferden als Tränke diente und heute mittels Brunnenfest in Betrieb gehalten wird.
Vor dem Brunnen las Saga Grünwald, angeregt durch den Vollmond am vorigen Tag, eine Miniatur über den Blutmond und ließ darauf eine kurze Geschichte folgen. In „Der Wunsch“ erzählte sie in düsterer Romantik, wie ein geheimnisvoller See den einsamen Witwer wieder mit seiner Geliebten vereint. Dann wurden die Fackeln für die Fackelwanderung angezündet.
Vollmond bei der Fackelwanderung
Auch Markus Missing ließ sich vom Vollmond inspirieren und las einen kurzen Text über den Mond, dem er eine „derbe“ Geschichte über eine Frau im weißen, durchsichtigen Kleid folgen ließ, die während des Chinamondes den von sich überzeugten Henry abblitzen lässt.
Unter der beleuchteten katholischen Kirche las Dirk Steinert einen Text, der erklärt, woher die Märchen und Geschichten kommen. Es verirren sich nämlich gelegentlich Boten vom Rat der fantastischen Geschichtenerzähler in unsere Welt, so wie die Katze, die ihm einst begegnete.
Die Fackelwanderung führte die Treppen hinauf, wo Florian Meurer das Kirchenportal als Podest für seine wortgewaltigen Gedichte hatte. Er beschrieb nicht nur Bäume und Fluten, sondern ließ die Zuhörer auch an Wandlungen im Leben teilhaben.
Im Klosterhof begeisterte Pascal Herder das Publikum mit kurzen Geschichten und unerwarteten Wendungen. So nahm er sie mit auf eine Verfolgungsjagd nach einem Pub-Besuch, bis er aus Versehen in einer Sackgasse landete und feststellen musste, dass es nur der Wirt war, der ihm sein Portemonnaie brachte, welches er im Pub vergessen hatte.
Ende am offenen Feuer
Hinter der evangelischen Kirche trug Gastleser Leo Litz aus Düsseldorf ein Gedicht vor, mit dem er einen kritischen Blick auf die KI wirft. Auf dem Marktplatz wurde in der Zwischenzeit in einer Feuerschale ein Feuer entfacht.
Den hier versammelten Zuhörern präsentierte Martina Hörle zunächst die skurrile und witzige Geschichte eines Vampirs, der versucht mit den dritten Zähnen eine Harpyie anzufallen und selbst zum Opfer wird, bevor sie ihr beliebtes Gedicht „Wer lesen kann“ zum Besten gab und damit die wunderbare literarische Fackelwanderung mit vielen Lachern abschloss. Im Anschluss an die Fackelwanderung gab es noch ein geselliges Zusammensein rund ums Feuer.