
SOLINGEN (bgl) – Haus G des Städtischen Klinikums Solingen wird abgerissen. Doch bevor die Bagger anrollen, öffnet das mehrstöckige Gebäude noch einmal seine Türen – für eine außergewöhnliche Aktion. Am 10. und 11. Oktober können Bürgerinnen und Bürger, Vereine und Einrichtungen Möbel, Türen, Küchenmodule und andere noch brauchbare Ausstattungen mitnehmen. Der Titel: „Klinikum zum Mitnehmen“.
Ein Labor für Kreislaufwirtschaft
Die Idee ist Teil des Förderprojekts FAB.Region Bergisches Städtedreieck. Ziel ist es, Ressourcen nicht ungenutzt zu entsorgen, sondern möglichst viel in neue Nutzungskreisläufe zurückzuführen. „Wir vom FAB.Region-Projekt haben zum Ziel gesetzt, die Kreislaufwirtschaft hier im Bergischen Städtedreieck zu befördern“, sagt Dr. Maximilian Hoor, Projektkoordinator bei der Stadtentwicklungsgesellschaft Solingen (SEG). „Das Projekt hier im Klinikum ist ein sehr geeignetes Untersuchungslabor, um zu schauen, was an Möbeln und Materialien, die sonst verschrottet würden, noch einmal in den Kreislauf zurückgeführt werden kann.“
Die Palette der Mitnahme-Gegenstände ist breit: Stühle, Tische, Regale, Türen, Einbauschränke, aber auch Sonnenschutzlamellen, Rammschutzleisten aus massivem Buchenholz oder komplette Küchenmodule samt Elektrogeräten stehen zur Verfügung. Alles darf kostenlos mitgenommen werden – lediglich um eine Spende für den Förderverein des Klinikums wird gebeten. Nicht mitgenommen werden dürfen fest verbaute Bauteile wie Böden, Decken, Kabel, Heizkörper, Sanitäranlagen, fest installierte Lampen oder Haustechnik.

Breites Interesse aus der Stadtgesellschaft
Dass das Angebot auf Resonanz stoßen wird, daran hat Dr. Maximilian Hoor kaum Zweifel. Ähnliche Projekte gab es bereits: eine Realschule in Schalksmühle, ein Rathaus in Grefrath. „Dort konnte wissenschaftlich nachgewiesen werden, wie viele Tonnen CO₂ und Ressourcen dadurch eingespart wurden“, berichtet er.
Auch in Solingen sei die Nachfrage groß. „Bei mir klingelt täglich das Telefon. Ich bekomme E-Mails von Privatpersonen, aber auch von Schulen, Kitas und Geflüchtetenunterkünften, die dringend Dinge gebrauchen können“, erzählt Hoor. Die Mitmachaktion sei deshalb nicht nur ein Experiment in Ressourcenschonung, sondern auch ein Beitrag zu gesellschaftlicher Teilhabe: „Rückbau kann mehr sein als Abriss – er kann zum Labor für eine nachhaltige Zukunft werden.“
Klinikum Solingen: Nachhaltigkeit als Maßstab
Doch beim „Klinikum zum Mitnehmen“ bleibt es nicht. Auch der eigentliche Rückbau des Gebäudes wird unter Nachhaltigkeitsgesichtspunkten geplant. Dirk Ludwig, Architekt des Klinikums, betont: „Es geht uns darum, das Gesamtprojekt nachhaltig und energieschonend umzusetzen. Deswegen haben wir auch die Art und Weise des Rückbaus mit als Zuschlagskriterium ausgeschrieben – nicht nur den Preis.“
Das heißt: Unternehmen müssen nachweisen, wie sie Materialien nicht nur entfernen, sondern auch sinnvoll verwerten. „Wir führen Gespräche mit Firmen, die den stofflichen Kreislauf bedienen können. Beton etwa kann gebrochen und als RC-Schotter wieder eingebaut werden. Auch Linoleum, PVC-Bodenbeläge oder Fensterprofile lassen sich heute in spezialisierte Recyclingprozesse zurückführen.“

Ein Anbieter habe sogar zugesichert, das Verfahren so durchzuführen, dass der Rückbau den DGNB-Goldstandard erreichen könnte – ein Nachhaltigkeitssiegel für Gebäude. „Es zeigt, dass wir ein hohes Niveau ansetzen. Nicht einfach nur abreißen, sondern den Nachweis führen, dass die Stoffe zurückgeführt werden. Anders geht es gar nicht“, betont Ludwig.
Schritt für Schritt zum Neubeginn
Wenn alle mobilen Teile wie Möbel und Türen mitgenommen wurden, übernehmen die Fachleute: Abrissunternehmen werden das Gebäude zunächst „entkernen“. Dazu gehört das sortenreine Ausbauen von Küchen, Keramiken, Armaturen und weiteren Einbauten. Diese Stoffe gelangen dann – je nach Material – entweder in den Wiederverkauf, ins Recycling oder zurück in die Produktion.
Im Anschluss folgt der Rückbau der Fassade, bei dem auch Schadstoffe sorgfältig entfernt werden müssen. Erst danach beginnen die großen Maschinen mit dem eigentlichen Abriss.
Ein Projekt mit Signalwirkung
Für die Verantwortlichen ist das „Klinikum zum Mitnehmen“ mehr als eine praktische Mitmachaktion. Es soll zeigen, dass Kreislaufwirtschaft im Bauwesen funktioniert – und dass auch Abrissprojekte Chancen für Teilhabe bieten. Schulen, Vereine, soziale Einrichtungen und Privatpersonen profitieren ganz direkt von den freigegebenen Gegenständen. Gleichzeitig wird die ökologische Bilanz verbessert.
„Es geht um Ressourcenschonung, CO₂-Einsparung und Kreislaufwirtschaft – aber auch darum, Menschen einzubeziehen“, sagt Dr. Maximilian Hoor. „Das ist der eigentliche Wert dieses Projekts.“

„Klinikum zum Mitnehmen“ – Info
- Mitnahme-Termine: Fr. 10.10.2025 (14-18 Uhr), Sa. 11.10.2025 (10-16 Uhr)
- Ort: Klinikum Solingen, Haus G, Eingang U1, Gotenstraße 1
- Parkmöglichkeit: Schotterparkplatz zwischen Haus G und dem Parkhaus
- Transport: Eigene Sackkarren, Kartons etc. müssen mitgebracht werden
📌 Anmeldung & Informationen
Links zur Mitmachaktion „Klinikum zum Mitnehmen“: