SOLINGEN (mh) – Marius Anger geht mit seinem Startup-Unternehmen im Bereich Tierfutter innovative Wege. Statt der konventionellen Nutzung von Fleischquellen stellt er Futtermittel aus Insekten her. Damit will er gemeinsam mit seinem Kompagnon Landwirten, Futtermittelproduzenten und der Industrie eine umweltfreundliche, gesunde und aus verfügbaren Rohstoffen bestehende alternative Proteinquelle zu den umweltschädlichen und Ressourcen verschwendenden Quellen anbieten.
Innovative Wege bei der Produktion von Tierfutter
„Das herkömmliche Tierfutter der Landwirtschaft besteht hauptsächlich aus Soja und Fischmehl“, berichtet der 32-jährige Jungunternehmer. Soja ist nicht nur mitverantwortlich für die Abholzung der Regenwälder, wodurch die dort lebenden Völker vertrieben werden und Tierarten aussterben, es bedeutet noch dazu riesige Transportwege mit großem CO2-Ausstoß. „Beim Fischmehl ist es ähnlich“, erläutert der gelernte Maschinenbauer und Verfahrenstechniker. „Die Überfischung ist stellenweise extrem. Die Meeresböden werden zerstört, Fischarten verschwinden. Menschen, die in den dortigen Gebieten vom Fischfang leben, sind in ihrer Existenz massiv bedroht. Auch hier spielen die Transportwege mit ihren negativen Begleitumständen eine große Rolle.“
Das junge Unternehmen bringt eine Alternative auf den Markt. Organische Reststoffe aus der Lebensmittelindustrie, wie Backwaren, Gemüse und mehr werden mit Insekten – wie der schwarzen Soldatenfliege – gepaart. Innerhalb von zehn Tagen bilden sich daraus hochwertige Proteine und andere insektenbasierende Produkte.
Tierfutter: Insekten statt Soja und Fischmehl
Derzeit produziert der Betrieb, der noch in den Kinderschuhen steckt, etwa 100 kg im Monat. Es gibt verschiedene Produkte, beispielsweise pürierte Larve als Fleischersatz für Hundefutter. Für Hühner und andere Geflügelarten werden die getrockneten Larven mit ebenfalls getrockneten Mehlwürmern vermischt und danach gepresst. Durch dieses Pressverfahren entsteht neben Proteinmehl auch ein hochwertiges Insektenöl, ein guter Ersatz für Fisch- oder Palmöl. Aus den Ausscheidungen und Hautresten der Insekten bildet sich ein Düngemittel, mit dem die Landwirte den Grenzwert beim Düngen ihrer Felder einhalten können.
Eine Schwierigkeit sieht der gebürtige Leverkusener momentan noch in der preislichen Konkurrenz zur Sojaproduktion. Soja ist wesentlich kostengünstiger und deshalb derzeit für Landwirte interessanter. Aus diesem Grund konzentriert sich VARUTA vorläufig mehr auf Heimtierfutter. Noch machen die beiden Unternehmer in der kleinen Versuchsanlage zwischen Opladen und Rheindorf alles selbst. Dabei können sie gleich die Ergebnisse überprüfen.
Chitin als zusätzlicher Ertrag bei der Produktion
Noch ein weiterer Ertrag fällt bei der Produktion an: Chitin als Vorstufe zu Chitosan, im Prinzip ein Abfallstoff aus der Lebensmittelindustrie. Diese so genannten Biopolymere sind sowohl in der Chemie- als auch in der Pharmabranche für die verschiedensten Anwendungsmöglichkeiten hochinteressant.
„Es ist zeit- und kapitalintensiv“, bedauert Anger. Lukrativer wird es, wenn für die Produktion eine große Halle angemietet werden kann. Vorerst begnügt man sich mit der Freifläche, die vom Solinger coworkit zur Verfügung gestellt wird. Die Planung bis zum Herbst sieht eine Produktion im kleinen Tonnenbereich vor. Auch Zulassung, Markteintritt und Netzpräsenz gehören zu den nächsten Aufgaben. Denn, darüber ist sich Marius Anger klar, ohne Zulassung und Markteintritt ist die Anmietung einer großen Halle ein zu gewagter Schritt.
Startup nimmt am Programm bergsteiger accelerator teil
Im Frühjahr dieses Jahres landete der kreative Jungunternehmer mit seiner Idee beim Coworking Space in Solingen und nimmt dort am Programm bergsteiger accelerator teil. Phil Derichs, Startup Manager und Leiter des Gründer- und Technologie-Zentrums, ist von der Idee absolut überzeugt. „Es ist zwar noch im Anfangsstadium“, so Derichs, „aber das Proof-of-Concept steht schon. Es ist mit Sicherheit eines der größeren Projekte. Je tiefer man in die Materie einsteigt, umso mehr ist machbar. In der Business-Modell-Planung zeigt sich ja schon, wie breit sich das Unternehmen aufbauen lässt. Trotzdem ist es vernünftig, erst mal im Kleinen zu starten, auch wenn der Spagat zwischen kurzfristig denken und langfristig handeln nicht einfach ist.“