SOLINGEN (bgl) – Das Unwetter, das gestern im Bergischen Land sein Unwesen trieb, hat auch die Durchführung der Gedenkveranstaltungen zum 25. Jahrestags des Solinger Brandanschlags gehörig durcheinander gewirbelt. Frühzeitig musste die zentrale Gedenkveranstaltung am Mahnmal am Mildred-Scheel-Berufskolleg aus Sicherheitsgründen abgebrochen werden (wir berichteten).
Am frühen Abend kamen trotzdem noch einmal zahlreiche Menschen an der Unteren Wernerstraße zusammen, um gemeinsam mit Familie Genç in stiller Trauer der Opfer des Brandanschlags vom 29. Mai 1993 zu gedenken. Auch Oberbürgermeister Tim Kurzbach war vor Ort, um eine Ansprache zu halten.
Hohe Sicherheitsvorkehrungen in Solingen
Sämtliche Veranstaltungen gestern in Solingen fanden unter einem erheblichen Einsatz von Sicherheitskräften statt. Journalisten mussten sich am Mahnmal am Mildred-Scheel-Berufskolleg gleich doppelt akkreditieren. Beim Auswärtigen Amt für den Fototermin mit den beiden Außenministern und bei der Stadt Solingen für die Gesamtveranstaltung.
Ein Bombenspürhund der Polizei durchschnüffelte vorher die Ausrüstung und das Gepäck der aus ganz Deutschland und auch aus der Türkei angereisten Pressevertreter. Gleichzeitig gab es abgesperrte Bereiche und Einlasskontrollen. So auch am Abend am Fronhof, als in der Stadtkirche zum Friedensgebet und anschließendem „Iftar“, dem Fastenbrechen im Ramadan eingeladen wurde.
Sich die Hand reichen und Frieden wünschen
Auf dem Fronhof standen Zelte für die zahlreichen Gäste und eine LED-Leinwand zeigte das, was sich zeitgleich im Inneren der prall gefüllten Stadtkirche abspielte. „Wir laden die Menschen, die heute hier sind, ein, sich die Hand zu reichen und Frieden zu wünschen“, sagte Superintendentin Dr. Ilka Werner. Gemeinsam mit christlichen und muslimischen Geistlichen sowie dem Rabbiner der jüdischen Gemeinde wurde ein „Gebet der Religionen“ gesprochen.
Und anschließend reichte man sich tatsächlich die Hände, jeder Kirchenbesucher die seines Nachbars. Auf Deutsch, Arabisch, Hebräisch, Türkisch und Russisch wurde der Wunsch „Friede sei mit euch“ gesprochen.
„Silberne Schuh 2018“ für Dr. Christoph Zenses
Anschließend verliehen Oberbürgermeister Tim Kurzbach und Norbert Schmelzer vom Bündnis für Toleranz und Zivilcourage den „Silbernen Schuh“ an den Solinger Arzt Dr. Christoph Zenses. „Dr. Christoph Zenses erhält den ,Silbernen Schuh´ 2018 für sein langjähriges und beeindruckendes Engagement für diejenigen, die wirklich Hilfe benötigen. Medizinische Hilfe, aber auch persönliche Zuwendung“, lobte Oberbürgermeister Kurzbach, der Zenses als „echten Menschenfreund“ würdigte.
Der Solinger Mediziner engagiert sich bereits seit vielen Jahren in seiner Heimatstadt, aber auch weit darüber hinaus für hilfsbedürftige Menschen. So hat er unter anderem das Solinger Medimobil ins Leben gerufen um Menschen medizinisch zu versorgen, die durch das Raster von Krankenversicherung und Versorgung fallen.
„Iftar“ und Schweigemarsch zur Unteren Wernerstraße
Im vergangenen Jahr war Zenses zwei Wochen lang auf der Sea Watch II im Mittelmeer im Einsatz, um Flüchtlinge zu betreuen, die vor dem Ertrinken gerettet wurden. Bereits in den 1980er-Jahren kümmerte er sich zudem um Opfer der Reaktor-Katastrophe von Tschernobyl. „Christoph Zenses ist ein besonderer Mensch, der sein Leben lang für andere da ist“, sagte Kurzbach.
Später am Abend fand das Fastenbrechen statt. Im Bürgersaal der Stadtkirche kamen rund 300 geladene Gäste zusammen. Auf dem Fronhof im dortigen Zelt war genug Platz für viele weitere Besucher. Die DITIB-Gemeinde ludt zum „Iftar“ ein. Mit einem Schweigemarsch von der Stadtkirche zur Unteren Wernerstraße fanden die Gedenkfeierlichkeiten anlässlich des 25. Jahrestages des Solinger Brandanschlages am späten Dienstagabend ihren Abschluss.