SOLINGEN (bgl) – Es war nicht ganz ein Wahlergebnis à la Martin Schulz (100 Prozent), als der 27-jährige Solinger von seiner Partei zum Kandidaten für das Rathaus gewählt wurde. Aber fast: „Es war ein wahnsinnig gutes Ergebnis, es war einstimmig mit zwei Enthaltungen, das zeigt den Rückhalt in der Partei“, sagt Raoul Brattig, der am 13. September kommenden Jahres für die Freien Demokraten zum Oberbürgermeister gewählt werden möchte. Neben Jan Michael Lange von der BfS ist Brattig bisher der zweite Kandidat, der seinen Hut für das Amt des Oberbürgermeisters in den Ring geworfen hat und Tim Kurzbach (SPD) herausfordert.
„Solingen hat ganz viel Potenzial“
„Ich bin davon überzeugt, dass Solingen ganz viel Potenzial hat, sich aber an vielen Stellen unter Wert verkauft. Und das gepaart mit einer Mutlosigkeit, was Entscheidungen angeht“, erklärt Raoul Brattig. Ihm gehe es auch um einen „Mentalitätswechsel“, wie er betont. Und dieser müsse in der Stadtverwaltung selbst beginnen.
Raoul Brattig ist gebürtiger Solinger und in Merscheid aufgewachsen. Nachdem er sein Abitur auf dem Humboldtgymnasium ablegte, studierte er in Wuppertal Mathematik und Geschichte. Danach war er gut zweieinhalb Jahre im IT-Vertrieb bei einem mittelständischen Unternehmen in Ohligs beschäftigt. Seit Mai arbeitet er als selbstständiger Handelsvertreter für die Firma Vorwerk. Raoul Brattig ist verheiratet und Vater einer kleinen Tochter. In die FDP ist er 2016 eingetreten. Vorher war er bereits bei den Jungen Liberalen, deren Vorsitz er in Solingen seit 2017 innehat.
Weniger Bürokratie und mehr Selbstbewusstsein
Seit April 2018 sitzt er zudem im Landesvorstand der Jungen Liberalen. „Ich habe ein Problem mit unnötigen Regeln, die mir keiner erklären kann. Es gibt viele Regeln, die nicht einleuchten. Das vor allem auf kommunaler Ebene“, umreißt FDP-Mann Brattig seine Motivation für ein Engagement in der Politik und definiert so gleichzeitig eine seiner Kernforderungen: Bürokratieabbau und eine effizient arbeitende Verwaltung.
Dazu gehöre ein Abbau der Papierberge im Rathaus ebenso, wie eine Vereinfachung des Antragswesens in zahlreichen Bereichen. „Diese Bürokratie verhindert oftmals wichtige Projekte, die nicht ans Laufen kommen“, bedauert Raoul Brattig. Als Oberbürgermeister würde er unter anderem dort ansetzen. Gleichzeitig fordert er mehr Solinger Selbstbewusstsein.
Mehr Eigenverantwortung in der Verwaltung gefordert
„Ein leuchtendes Beispiel muss auch hier die Verwaltung selbst sein. Niemand sagt derzeit freiwillig, dass er bei der Stadt Solingen arbeitet. Das ist ja kein renommierter Arbeitgeber und das muss sich ändern“, so Brattig. Im Rathaus wünscht er sich klarere Führungsstrukturen und mehr Eigenverantwortung. „Momentan läuft es ja so, dass man eine gute Idee hat, sie umsetzt, dann kommt der Chef vorbei und greift sie ab“, beobachtet der FDP-Kandidat.
Und zielt damit auch direkt auf Amtsinhaber Tim Kurzbach: „Wenn es schwierig wird, dann schickt er seine Dezernenten vor. Das färbt ab bis zu den Sachbearbeitern, die im Kundenkontakt stehen und dann gar nichts mehr selbst entscheiden wollen“, meint Raoul Brattig. Baustellen gebe es aber nicht nur im Rathaus selbst, so der Liberale. Das fange unter anderem bei den Leerständen in der Innenstadt an, gehe bei der Förderung von Unternehmen und Wirtschaft weiter (Gewerbesteuer) und höre beim Dauerthema Klinikum nicht auf.
Konsens für das Klinkum müsse her
„Man muss mit der Bezirksregierung schauen, ob man als Stadt bürgen kann, damit das Klinikum Geld zur Verfügung hat für die wichtigen Strukturreformen. Ich glaube aber auch, dass man jetzt endlich mal zu einem Konsens kommen muss, hinter dem alle politischen Player stehen“, macht Brattig deutlich. Dass das Klinikum stets unter Dauerbeschuss von allen Seiten stehe, sobald etwas passiere, helfe niemandem, so der FDP-Kandidat.
Sollte der 27-Jährige im kommenden Jahr zum Oberbürgermeister gewählt werden, hat er schon klare Vorstellungen davon, wie sein erster Tag im Amt verlaufen wird: „Als allererstes würde ich die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Verwaltung ins Theater und Konzerthaus einladen“, sagt Raoul Brattig. Dort würde er sich dann an die Belegschaft wenden und seine Vision für die Stadtverwaltung Solingen präsentieren.
Jan Michael Lange tritt für die BfS an
In der kommenden Woche stellen wir hier Jan Michael Lange vor, der von der Bürgergemeinschaft für Solingen (BfS) als Kandidat für die Wahl zum Oberbürgermeister 2020 aufgestellt wurde.