SOLINGEN (bgl) – Es hat seine guten Gründe, dass die 24-stündige Mahnwache vor dem Rathaus, die am Freitagnachmittag um 15 Uhr in Gedenken an die Opfer des russischen Angriffskriegs auf die Ukraine startete, die ganze Zeit von der Polizei beschützt wird. Denn immer wieder wurden derbe Beleidigungen in russischer Sprache aus Fahrzeugen auf der Konrad-Adenauer- oder der Merianstraße in Richtung der kleinen Versammlung gebrüllt. Die rund 60 Frauen und Männer auf dem Walter-Scheel-Platz, Ukrainer, Deutsche und Unterstützer aus anderen Ländern, ließen derartige Provokationen jedoch unbeeindruckt.
Rund 60 Anwesende vor dem Rathaus
Für sie stand und steht auch bei weiteren Veranstaltungen am Samstag die Trauer und das Gedenken an jene Menschen im Vordergrund, die der russischen Aggression zum Opfer fielen und noch fallen. Organisiert wurde die Mahnwache von den Vereinen „Helfende Schirme Solingen“ und „Trans Europa“ um den Solinger Landtagsabgeordnete Josef Neumann (SPD). „In der Nacht vom 23. auf den 24. Februar vor zwei Jahren, hat Russland die Ukraine angegriffen. Etwas, was sich viele nicht mehr vorstellen konnten. Dass es in Europa nochmal einen Angriffskrieg eines Landes auf ein Nachbarland geben kann“, sagte Neumann im Rahmen einer kurzen Ansprache am Freitagnachmittag.
Kaum jemand hätte sich vorstellen können, so Neumann weiter, dass man zwei Jahre später vor dem Solinger Rathaus stehen würde, um der vielen Opfer des Krieges zu gedenken. Kurz nach Kriegsausbruch war der Solinger Landtagsabgeordnete an der polnisch-ukrainischen Grenze (wir berichteten). Dort habe er Abschiedsszenen erlebt. Männer mussten an die Front und mussten sich von der Familie trennen, Frauen und Kinder blieben im sicheren Polen. „Ich denke, dass viele für sich geglaubt haben, dass das vielleicht nur einige Wochen dauern wird. Oder ein paar Monate. Jetzt müssen wir zwischenzeitlich feststellen, dass es Menschen gibt, die seit zwei Jahren an der Front sind“, erinnerte Josef Neumann.
Gedenken und Trauer: Anwesende legen Blumen nieder
Vor dem Rathaus mitten auf dem Walter-Scheel-Platz wurde das ukrainische Staatsgebiet in blauer und gelber Kreide aufgemalt. Die Anwesenden legten auf diese „Kreide-Karte“ Blumen und gedachten der Getöteten. „Ich habe meine Blume auf die Stadt Charkiw gelegt. Viele meiner Freunde und auch Verwandte leben dort noch immer unter ständigem Bombardement. Wir dürfen das alles nicht vergessen, lasst uns weiter zusammenhalten und unseren Beitrag dazu leisten, dass der Krieg so schnell wie möglich vorbei ist“, wünschte sich Stan Krasnokutskiy vom Verein „Helfende Schirme Solingen“ und sprach damit wohl den meisten Anwesenden aus der Seele.
Die 24-stündige Mahnwache wird von ukrainischen Männern besetzt, die sich eigens dafür gemeldet haben. Für Versorgung vor Ort ist gesorgt. Über Besucher, die eine Kerze oder eine Blume legen möchten, freuen sich die Veranstalter. Um 15 Uhr geht es am Samstag an gleicher Stelle mit der Kundgebung „Nein zum Krieg in Europa“ weiter. Im Zentrum Frieden an der Wupperstraße folgt ab 18 Uhr ein bunter Abend mit Programm (wir berichteten hier).