Start Aktuelles Frage an OB-Kandidat Daniel Flemm: Wohin steuert die Solinger City?

Frage an OB-Kandidat Daniel Flemm: Wohin steuert die Solinger City?

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Daniel Flemm, CDU-Kandidat für das Amt des Oberbürgermeisters, beim Rundgang mit dem SolingenMagazin durch die Solinger Innenstadt auf dem Fronhof. (Foto: © Bastian Glumm)
Daniel Flemm, CDU-Kandidat für das Amt des Oberbürgermeisters, beim Rundgang mit dem SolingenMagazin durch die Solinger Innenstadt auf dem Fronhof. (Foto: © Bastian Glumm)

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SOLINGEN (bgl) – Stellt man Solingern die Frage, wo in der Klingenstadt am meisten der Schuh drückt, dann bekommt man vielfach „in der Innenstadt“ als Antwort. Kein Wunder: Leerstände, wohin das Auge reicht. Keine Kaufkraft und kaum Aufenthaltsqualität. Zudem werden immer wieder mangelhafte Sauberkeit und fehlende Sicherheit genannt. Vom alten Solingen von vor 20 oder 30 Jahren ist dort nicht mehr viel zu sehen und zu fühlen. Daniel Flemm will Oberbürgermeister werden und tritt am 14. September für die CDU zur Wahl an. Wir haben gemeinsam mit ihm und seiner Frau Sonja einen Rundgang durch die Solinger City und eine Bestandsaufnahme an den Hotspots gemacht.

Fronhof

Der Fronhof liegt zentral in der Solinger Innenstadt, eingerahmt von der evangelischen Stadtkirche, Bäumen und Sitzbänken. Trotz dieser Lage wirkt er an vielen Tagen unbelebt. Daniel Flemm bezeichnet den Platz baulich als intakt. Pflanzinseln, schattenspendende Bäume und ausreichend Raum für Veranstaltungen seien vorhanden, auch die Grundstruktur stimme.

Er sagt: „Baulich betrachtet finde ich den Fronhof ehrlicherweise ganz schön. Da sehe ich keinen Schwerpunkt.“ Gesellschaftlich stelle sich die Situation jedoch anders dar: „Wir haben offensichtlich zu wenig Frequentierung hier. Wir stehen hier und es ist nichts los.“

Vom Vorzeigeplatz zum Sorgenkind

Nach Flemm unterscheiden sich die sozialen Rahmenbedingungen im Innenstadtbereich deutlich von anderen Stadtteilen. „Die Bewohner hier haben eine Transferleistungsquote von im Schnitt 33 bis 35 Prozent. Zum Vergleich: In anderen Stadtteilen sind wir bei zwei bis drei Prozent.“ Das wirke sich unmittelbar auf Kaufkraft, Aufenthaltsqualität und Attraktivität für neue Angebote aus. „Es ist klar, dass dadurch keine Kaufkraft resultiert. Eine Innenstadt lebt durch Aufenthaltsqualität, Sicherheit, gastronomische Angebote und Handel – und das haben wir hier nur noch sehr eingeschränkt.“

Der Fronhof ist zudem mit einem Ereignis verbunden, das die gesamte Stadt erschütterte. Beim „Festival der Vielfalt“ im Sommer 2024 kam es hier zu einem Terroranschlag, bei dem drei Menschen getötet und mehrere verletzt wurden. Flemm sagt: „Das hat das Sicherheitsgefühl in der Innenstadt massiv beeinträchtigt.“

Vertagte Pläne und gezielte Verbesserungen

Die geplante Sanierung des Fronhofs im Rahmen des Projekts City 2030 wurde im Sommer 2025 verschoben. Flemm sieht in einer grundlegenden Umgestaltung keine vorrangige Maßnahme. „Ich halte den Fronhof in seiner jetzigen Form für funktional und attraktiv. Große Umbauten sehe ich hier nicht als vorrangig an. Was wir brauchen, sind kleinere Verbesserungen – etwa bei der Barrierefreiheit, der Beleuchtung und bei den Sitzgelegenheiten.“

Zur Belebung des Ortes spricht er sich außerdem für eine gezieltere Veranstaltungsnutzung aus. „Wir müssen die Flächen, die wir haben, aktiver bespielen.“ Regelmäßige Formate, so Flemm, könnten die Frequenz steigern und den Platz sichtbar aktivieren.

Gleichzeitig verweist er auf die veränderten Rahmenbedingungen seit der Corona-Pandemie und stellt die Frage, ob groß angelegte Umbauten den erhofften Mehrwert noch liefern. Kritisch äußert er sich zur „Gläsernen Werkstatt“ in unmittelbarer Nähe: „4,5 Millionen Euro in ein Gebäude investiert, das uns nicht gehört und für das es ganz offensichtlich überhaupt keine Nutzerperspektive gibt.“

Sicherheit und Aufenthaltsqualität

Flemm betont den Zusammenhang zwischen Sicherheit und Aufenthaltsqualität. „Ich habe den Anspruch, mit uniformierten Kräften klarzumachen: Hier hat die Stadt das Sagen.“ Ein sichtbarer kommunaler Ordnungsdienst solle auch kleinere Ordnungswidrigkeiten wie Vermüllung oder Vandalismus konsequent ahnden. Langfristig soll der Fronhof aus seiner Sicht als zentraler Ort für Gastronomie, Veranstaltungen und Begegnung erhalten bleiben. „So wie er ist, ist er schön. Kleinere Maßnahmen kann man machen, aber keine großen Umbauten.“

Für Flemm sind kurzfristige Effekte unrealistisch; entscheidend seien eine nüchterne Bestandsaufnahme, klare Prioritäten und konsequentes Handeln. „Es geht darum, ehrlich zu benennen, was funktioniert und was nicht – und dann zielgerichtet zu handeln.“ Der Fronhof solle als funktionierender öffentlicher Raum weiterentwickelt werden, ohne seine bauliche Substanz grundlegend zu verändern.

Daniel Flemm mit seiner Frau Sonja am bekannten Stein auf der Solinger Hauptstraße. Leerstände prägen Solingens ehemalige Einkaufsmeile. (Foto: © Bastian Glumm)
Daniel Flemm mit seiner Frau Sonja am bekannten Stein auf der Solinger Hauptstraße. Leerstände prägen Solingens ehemalige Einkaufsmeile. (Foto: © Bastian Glumm)

Hauptstraße

Auch die Hauptstraße, vor allem der untere Bereich zwischen Entenpfuhl und Breidbacher Tor, gilt als Sorgenkind der Solinger Innenstadt. Daniel Flemm sieht hier kaum eine Perspektive, die Fußgängerzone in der jetzigen Form zu erhalten. Er sagt: „Ich persönlich finde die Idee gut, diesen Abschnitt wieder für Fahrzeuge zu öffnen. Ob es dann eine Autostraße, eine Fahrradstraße oder eine Busspur wird, sei dahingestellt. Aber so wie es jetzt ist, wird hier kein Handel mehr funktionieren.“

Der Leerstand im unteren Teil ist deutlich sichtbar. Dazu Flemm: „Das ist wirklich schlecht und hat mit einer Innenstadt, wie man sie kennt, überhaupt nichts zu tun. Wenn hier etwas vermietet ist, dann meist über öffentliche Mittel gefördert oder durch die Stadt oder ihre Gesellschaften selbst genutzt. Das kann nicht Sinn und Zweck der Maßnahmen sein.“ Eine schnelle Umgestaltung ist jedoch nicht möglich, denn für den Entenpfuhl besteht noch bis 2035 eine Zweckbindung aus Fördermitteln, ergänzt Sonja Flemm. Die Sprecherin der CDU in der Bezirksvertretung Mitte erklärt: „Wir können den Entenpfuhl nicht mal eben umbauen. Das muss perspektivisch geplant und eng mit den Architekten abgestimmt werden. Genau aus solchen Bindungen wollen wir beim Fronhof lernen und uns nicht für 20 Jahre an starre Konzepte ketten.“

Vor allem die untere Hauptstraße ist von Leerstand geprägt. Entsprechen schwach frequentiert ist die Fußgängerzone in diesem Bereich. (Foto: © Bastian Glumm)
Vor allem die untere Hauptstraße ist von Leerstand geprägt. Entsprechend schwach frequentiert ist die Fußgängerzone in diesem Bereich. (Foto: © Bastian Glumm)

Eigentümer in der Pflicht – aber Stadt muss vorangehen

Viele Immobilienbesitzer in diesem Abschnitt wohnen nicht in Solingen und nutzen ihre Objekte als Abschreibungsmodelle. Flemm sagt: „Da bleibt oft nur, über städtebauliche Auflagen zu arbeiten – zum Beispiel durch Umwidmung zu Wohnraum oder über eine Gestaltungsfibel, damit wir ein einheitlicheres Straßenbild bekommen.“

Er fragt: „Warum sollte ein Eigentümer investieren, wenn drei Tage später die Fassade beschmiert oder beschädigt wird?“ Daher fordert er, Vandalismus konsequent zu verfolgen und Schäden sofort zu beseitigen: „Das ist nervig und kostet Geld, aber es sendet ein klares Signal. In Ohligs sieht man, wie wichtig das ist: Beschädigungen müssen direkt wieder instandgesetzt werden.“

Konkrete Maßnahmen für Belebung und Sicherheit

Neben der möglichen Öffnung für den Verkehr und der Umwidmung zu Wohnraum nennt Flemm weitere Schritte: eine einheitliche Gestaltungsfibel für das äußere Erscheinungsbild der Gebäude, gezielte Förderprogramme wie das Hof- und Fassaden-Programm, ein konsequentes Vorgehen gegen Vandalismus sowie die schnelle Wiederherstellung beschädigter Flächen.

Für Veranstaltungen in der Hauptstraße schlägt er flexible mobile Poller vor, die über städtische Mittel (zum Beispiel das ISEK) angeschafft und möglichst kostenfrei an Vereine oder Initiativen ausgeliehen werden könnten. Zudem fordert er klare, einheitliche Regeln für Veranstaltungssicherheit – abgestuft nach Größe –, um kleinere Formate unbürokratisch zu ermöglichen.

Sonja und Daniel Flemm auf dem Neumarkt. Mit der Eröffnung der neuen Hauptstelle der Stadt-Sparkasse wurde dort immerhin eine bauliche Lücke geschlossen. (Foto: © Bastian Glumm)
Sonja und Daniel Flemm auf dem Neumarkt. Mit der Eröffnung der neuen Hauptstelle der Stadt-Sparkasse wurde dort immerhin eine bauliche Lücke geschlossen. (Foto: © Bastian Glumm)

Graf-Wilhelm-Platz und Neumarkt

Rund um den Graf-Wilhelm-Platz gab es zuletzt bauliche Verbesserungen – etwa durch den Neubau der Stadt-Sparkasse. Dennoch bleibt die Situation laut Daniel Flemm problematisch: „Der Bereich der Bushaltestellen ist an sich ganz in Ordnung. Noch damals in der Regionale 2006 gut gedacht. Aber es ist ein typisches Beispiel dafür, dass wir es nicht richtig gepflegt haben.“

Der Platz gilt als einer der Orte in Solingen, an denen sich viele Menschen unsicher fühlen. Flemm verweist auf wiederholte Vorfälle von Gewaltkriminalität. Zwar sinkt die Gesamtkriminalität, doch „wenn ich mir die Gewaltkriminalität separat anschaue, ist die um zwölf  Prozent gestiegen. Das ist für mich entscheidend.“ Zudem kritisiert er den Zustand des Platzes: „Der Bereich ist in vielen Teilen ungepflegt, mit Verschmutzungen, Kaugummiresten und Schmierereien – das ist nicht angemessen für eine zentrale Innenstadtlage.“

Wache im Kersting-Haus geschlossen – Konzept gescheitert?

Eine ursprünglich als Zwischenlösung kommunizierte Wache des kommunalen Ordnungsdienstes (KOD) im Kersting-Haus ist aktuell nicht mehr besetzt. Laut Stadtverwaltung ist das Gebäude „bis auf Weiteres“ geschlossen – offiziell aufgrund eines technischen Heizungsschadens. Damit ist dieses Sicherheitskonzept auf Eis gelegt. Flemm sah den zentralen Standort des Ordnungsamtes ursprünglich als wichtigen Sicherheitsimpuls: „Eine Wache des KOD ergibt aber nur dann Sinn, wenn sie auch wirklich immer besetzt ist.“

Der Standort des kommunalen Ordnungsdienstes im Kersting-Haus ist bis auf weiteres geschlossen. (Foto: © Bastian Glumm)
Der Standort des kommunalen Ordnungsdienstes im Kersting-Haus ist bis auf weiteres geschlossen. (Foto: © Bastian Glumm)

Neumarkt: Zentraler Platz mit Potenzial

Auch der Neumarkt überzeugt Flemm nicht: „Ich finde den Platz ehrlich gesagt nicht besonders schön – es ist eher eine Betonwüste.“ Zwar sei eine großzügige Fläche für Stadtfeste sinnvoll, jedoch sehe er deutliches Potenzial für mehr Aufenthaltsqualität. Er sieht die Notwendigkeit, die Innenstadt optisch zu vereinheitlichen und klare gestalterische Schwerpunkte zu setzen: „Es muss klar sein, das ist der Bereich der zentralen Innenstadt und den machen wir auch schön – mit Homogenität und einem optischen Zusammenhang.“

Flemm: „Mehr Gastronomie und Freizeitangebote“

Bei den Clemens-Galerien sieht Flemm die Zukunft eher im Bereich Gastronomie und Freizeit: „Wenn es weniger Handel ist, dann eher hin zu gastronomischen oder Freizeitangeboten.“ Erste Beispiele wie die neue Gastronomie „Great Solingen“ würden zeigen, dass dafür durchaus Interesse bestünde. Zudem betont er die Notwendigkeit, Handelsflächen entlang der Achse Hofgarten–Alter Markt–Fronhof zu konzentrieren und gleichzeitig an anderen Stellen mehr Wohn- und Aufenthaltsqualität zu schaffen.

Das ehemalige P&C-Kaufhof-Gebäude bleibt laut Flemm ohne kurzfristige Perspektive: „Solange wir mit den anderen Planungen nicht abgeschlossen sind, ergibt es wenig Sinn, hier ein Nutzungskonzept zu machen.“ Ein Ärztehaus lehnt er ab, genauso eine Klinik-Dependance: „Das Klinikum gehört auf einen zentralen Campus. Es hat nicht die Aufgabe, schlechte Städtebauplanung aufzufangen.“ Für das Areal gilt ein städtebaulicher Vertrag. Flemm fordert Klarheit vom Investor: „Er muss sich bekennen, ob er den Vertrag einhalten möchte oder davon abrückt, damit wir über Alternativen sprechen können.“

Ausblick: Konkrete Schritte und möglicher Zeitplan

Flemm betont, dass sich die Probleme der Solinger Innenstadt nicht von heute auf morgen lösen lassen, er aber einen klaren Zeithorizont sieht: „Ich persönlich würde sagen, fünf bis sieben Jahre ist ein realistischer Zeitraum, wenn wir uns alle Mühe geben und richtig rangehen.“

Dazu gehöre, sofort mit den Planungen zu beginnen, den kommunalen Ordnungsdienst stärker einzubinden und gezielt in Aufenthaltsqualität, Sicherheit und neue Nutzungen zu investieren. „Es wird nicht schlimmer, bevor es besser wird – wenn wir den Anspruch haben, gewisse Maßnahmen sehr schnell umzusetzen.“

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Bastian Glumm arbeitet seit vielen Jahren als Textjournalist für diverse Tages- und Fachmedien sowie als Cutter in der Videoproduktion. Der gelernte Verlagskaufmann rief im September 2016 das SolingenMagazin ins Leben.

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