SOLINGEN (red) – Initiiert vom Klinischen Ethikkomitee (KEK) und unterstützt vom Förderverein wurden im Städtischen Klinikum Solingen neue Geräte für Videotelefonie angeschafft. Die Tablets werden auf den Intensivstationen eingesetzt, um Patienten den Kontakt zu ihren Angehörigen zu ermöglichen.
„Die derzeit geltenden strengen Besuchsregelungen treffen die Patientinnen und Patienten in diesen sensiblen Bereichen besonders hart. Auch Angehörige leiden darunter, nicht ins Klinikum kommen zu dürfen. Umso wichtiger ist es, die Verbindung zur Familie oder Freunden nach draußen aufrecht zu erhalten“, fasst Dr. Ulrich Bock, KEK-Vorsitzender am Klinikum zusammen.
Apparate-Medizin menschlich gestalten
Vor zehn Jahren am Städtischen Klinikum eingeführt, setzt sich das KEK dafür ein, dass moderne, meist Apparate-Medizin menschlich bleibt. „Der eindrucksvolle Fortschritt in Medizin und Pflege führt zur ständigen Verbesserung von Diagnose- und Behandlungsmöglichkeiten“, erklärt Ulrich Bock. Doch dies werfe bei medizinischem Personal, Patienten und Angehörigen in kritischen Einzelfällen oft schwierige Fragen auf. „Was können, dürfen, müssen oder sollen wir tun? Dürfen wir alles umsetzen, was wir fachlich können? Wie wird der Patientenwille beachtet? Wie gehen wir weiter vor?“
Das Klinische Ethikkomitee unterstützt die Beteiligten in solchen Konfliktsituationen bei der Entscheidungsfindung. Und zwar mit dem Ziel, möglichst für alle verantwortbare Lösungen zu finden. Das KEK am Städtischen Klinikum ist ein hierarchie- und berufsgruppenübergreifendes Beratungsgremium. Es hat knapp 20 Mitglieder und besteht aus Ärzten, Pflegefachkräften, Klinikseelsorgern und Mitarbeitern anderer Bereiche.
Die Mitglieder des Ethikkomitees bieten auf Anfrage von Mitarbeitern, Patienten, Angehörigen sowie gesetzlichen Betreuern ethische Beratung an. Die Anfrage kann zum Beispiel über den behandelnden Arzt oder die Pflegegruppe angefragt werden.
Beratung findet in einem separaten Raum statt
Zu Beginn werden alle relevanten medizinischen, pflegerischen und sozialen Aspekte dargelegt. Im weiteren Schritt wird die zentrale ethische Frage formuliert, die in der Beratung diskutiert wird. Zum Beispiel zur Interpretation der Patientenverfügung, zur Begrenzung von Behandlungsmaßnahmen am Lebensende oder zu Fragen des Willens beim nicht mehr einwilligungsfähigen Patienten. Alle Beteiligten äußern ihre Meinung, Ansichten und Haltungen zu der konkreten Frage. Am Ende dieses strukturierten und moderierten Gespräches wird ein gemeinsames Fazit gezogen.
Die Beratung findet in einem geeigneten, separaten Raum statt. Alle Beteiligten unterliegen der Schweigepflicht. Die Verantwortung für die medizinische Behandlung bleibt dabei stets beim Arzt. Etwa 70 bis 80 Mal im Jahr wird das KEK am Klinikum zu Rate gezogen. Die jahrelange Erfahrung der KEK-Mitglieder wird vermehrt auch in anderen Einrichtungen des Gesundheitswesens in Solingen angefragt. Dr. Bock und seine Team-Kollegen veranstalten regelmäßig externe Fortbildungen, z. B. für die Beschäftigten im Projekt „House of Life“ des evangelischen Wohn- und Pflegecentrums Cronenberger Straße.
Auseinandersetzung mit ethischen Fragen im Klinik-Alltag
Die Corona-Pandemie mit einer Vielzahl von schwersten Krankheitsverläufen führe einmal mehr vor Augen, wie wichtig die Auseinandersetzung mit ethischen Fragen im Klinik-Alltag ist. Prof. Dr. Thomas Standl, Medizinischer Geschäftsführer des Städtischen Klinikums würdigt die Arbeit des Gremiums anlässlich des zehnjährigen Jubiläums:
„Mit der ethischen Beratung in den jeweiligen Fachabteilungen vor Ort, der Leitlinienentwicklung für sich wiederholende ethische Fragestellungen sowie der Organisation von Fort- und Weiterbildungen leistet das KEK einen wichtigen Beitrag dazu, den Herausforderungen einer modernen Medizin und einer sich wandelnden Gesellschaft gerecht zu werden. Es gibt uns ein gutes Gefühl, die engagierten KEK-Mitglieder als Berater für unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sowie für die Patienten an der Seite zu haben“.