SOLINGEN (mh) – „Wir sind alle keine Engel“ hieß es am vergangenen Sonntag, als bei frischem „Heiter bis Bewölkt“ die Gruppe um den FDA/NRW (Freier Deutscher Autorenverband/NRW) und die Solinger Autorenrunde zu ihrem 6. Literarischen Wandertag startete. Die Tour führte diesmal durch die Ohligser Heide. Vor der Schlesischen Schänke am Engelsberger Hof hatten sich zahlreiche Gäste eingefunden, die sich sichtlich darauf freuten, mit Literatur und Musik durch die Heide zu streifen.
Literatur an ausgesuchten Leseplätzen
Am ersten Lesepunkt, dessen origineller Sitzplatz ein absoluter Hingucker war, begrüßte Organisator Kay Ganahl Gäste und Autoren und gab einen kurzen Überblick über den weiteren Verlauf. Den Auftakt der Veranstaltung übernahm der Musikus Michael Völkel aus Herne. Er hatte eine alte Sackkarre zu einem skurrilen Gefährt umgebaut und transportierte damit diverse Instrumente. Im originellen Outfit sang er humorvoll und zugleich sozialkritisch in der Ballade „Der Wächter“ von der Personalplanung in alter Zeit und brachte damit alle zum Lachen.
Für die an diesem Leseplatz geplante Autorin Christiane Trunk sprangen Kay Ganahl und Martina Hörle mit eigener Literatur ein. Ganahl las eine Szene aus seinem gerade erschienen Werk „Die Lebensräume Nefis“. Martina Hörles Text handelte von einer Begegnung auf dem Friedhof, eine Kurzgeschichte aus ihrem neuesten Werk. „Es geschah (n)irgendwo“ – eine Sammlung mystischer und gruseliger Texte, illustriert von dem bekannten Künstler Ingo Schleutermann. Voraussichtlicher Erscheinungstermin ist im kommenden Frühjahr. Um Kinderlandverschickung ging es am zweiten Leseplatz. Die preisgekrönte Autorin Annette Oppenlander schreibt historische Romane aus der Zeit in und nach dem Zweiten Weltkrieg. Sie las aus ihrem Werk „Erzwungene Wege“. Mit Mundart-Texten sorgte Andreas Erdmann für Heiterkeit, als er im schönsten Solinger Platt vom schwarzen Ritter und der weißen Frau erzählte.
Schwarzer Ritter und Weiße Frau
Auf den Pfaden zu den diversen Leseplätzen sorgten riesige Fliegenpilze für kurze Abstecher in die Botanik. Am Holzsteg betrachtete Karla J. Butterfield mit ihrer Protagonistin „Frieda“ die Corona-Pandemie und nahm die Zuhörer mit auf eine Reise quer durch die Kontinente der Welt. Spielmann Michel verblüffte mit seinem gleichzeitigen Spiel auf zwei Flöten.
An dem kleinen Pavillon am Drei-Insel-Teich, der als nächster Literaturort vorgesehen war, sprang Kay Ganahl erneut ein und präsentierte den Literaturfreunden den Text des erkrankten Autors und Vorsitzenden des FDA/NRW Dr. Manfred Luckas. Zu dem Zeitpunkt endete das Wohlwollen von Petrus und Regen setzte ein. Kurzerhand änderte man den Plan und las auch die weiteren Texte am Pavillon, der zeitweise als Regenschutz diente.
Petra Lötschert gab eine ausgewählte Sammlung lyrischer Texte zu Gehör. Im Anschluss folgte Gastautorin Elke Seifert vom Westdeutschen Autorenverband mit einer amüsanten und doch nachdenklichen Geschichte über ein kleines Mädchen, das verstehen möchte, was eigentlich „Das Leben“ ist. „In jedem von uns steckt ein Engel“, betont die Autorin. Danach war noch einmal Martina Hörle an der Reihe, die aufgrund des vorangegangenen Textes ihre geplante Gruselgeschichte ignorierte und stattdessen von Laura und ihrer Wundertüte berichtete. Den Abschluss übernahm Beate Kunisch mit einem nicht abgeschickten Brief und einer Miniatur. Der 6. Literarische Wandertag endete mit einem Querschnitt durch das vielseitige Repertoire von Michael Völkel, der mal mit Trommel, mal a-capella den lesenden Wanderern einen musikalischen Abschiedsgruß mit auf den Weg gab.
Im nächsten Jahr geht’s weiter
Im April des kommenden Jahres steht der „Literarische Spaziergang“ – Route vom Bahnhof Schaberg zum Brückenpark – auf dem Plan. Entsprechende Infos werden rechtzeitig bekanntgegeben.