SOLINGEN (mh) – „Ich will eine richtige Vollbremsung sehen. Mit aller Kraft drauftreten und den Druck halten, bis der Wagen steht.“ Und die Teilnehmer taten ihr Bestes.
Am Samstag gab es mit der Verkehrswacht Solingen für Seniorinnen und Senioren ein Fahrsicherheitstraining auf dem Gelände der Solinger Verkehrsbetriebe an der Weidenstraße. Ulrich Schmidt, Verkehrssicherheitsexperte der Polizei, coachte die acht Teilnehmer mit viel Schwung und guter Laune. Der überwiegende Teil der drei Frauen und fünf Männer war als Wiederholungstäter dabei. „Wir wollen unsere Kenntnisse wieder auffrischen und das richtige Verhalten üben“, gaben die meisten als Grund für ihre Teilnahme an. Und zum Üben ist das Gelände an der Weidenstraße bestens geeignet.
Training mit dem eigenen Fahrzeug
Auf dem Programm standen neben dem Bremsen auf verschiedenen Untergründen Lenk- und Rangierübungen, ebenso Slalomfahren und Ausweichen. Geübt wurde natürlich mit dem eigenen Auto. „Man soll ja sein Fahrzeug genau kennenlernen, damit man im Straßenverkehr den verschiedenen Situationen gewachsen ist“, betonte Ulrich Schmidt. Im Kursbetrag ist daher auch die Versicherung mit abgedeckt.
Vor Beginn der Praxis wurden in der kleinen Lerngruppe noch ein paar andere Sachen besprochen. Die Übungen sollten auf die Bedürfnisse der Senioren abgestimmt werden. So verriet beispielsweise eine Teilnehmerin, dass sie so weit wie möglich versuche, das Rückwärtsfahren zu umgehen. Andere schilderten selbst erlebte kritische Situationen und brachten ihre Erfahrungen in die Diskussion ein.
„Häufiges Fahren erhöht die Sicherheit. Ich muss im Training bleiben, sonst gibt es Defizite und steigendes Unfallrisiko“, so der wichtige Hinweis von Schmidt, der vor einigen Jahren die Fortbildung zum Fahrtrainer gemacht hat. Das Seminar „Sicher mobil“ wird für Senioren angeboten. Es unterscheidet sich etwas von dem üblichen Fahrsicherheitstraining. Hier geht es mehr um das richtige Bremsen, Gas geben, Gegenlenken, um Rangieren und enge Kurven. Wichtig ist auf jeden Fall vorausschauendes Fahren.
Häufiges Fahren vermeidet Defizite
Beim Start verteilte der Coach Funkgeräte an die Teilnehmer. „Ihr müsst nicht sprechen, nur hören, was ich sage.“ Bei der ersten Übung ging es um das richtige Einschätzen des Bremsweges bei einer Vollbremsung. Jeder platzierte seinen Puck da, wo er glaubte, dass der Wagen zum Stehen käme. Dann ging es mit 50 km/h bis zu dem mit Pylonen markierten Bremspunkt. Von dem Ergebnis war so mancher überrascht.
War es wirklich bei allen eine Vollbremsung? Schmidt fragte nach. „Ging da nicht vielleicht noch was? Bei der Vollbremsung spürt man ein Pulsieren unter dem Pedal. Das ist das Antiblockiersystem (ABS). Früher haben die Autos voll blockiert. Das lässt das ABS nicht zu. Wir geben auf jeden Fall vollen Druck aufs Bremspedal.“
Bei der Gelegenheit wurde auch gleich das richtige Sitzen am lebenden Objekt überprüft. „Beine und Arme dürfen nie ganz durchgestreckt werden. Das führt zum Bruch in der Schulter bzw. im Becken. Die Daumen gehören auf, nicht um das Lenkrad.“ Fehler, die sich im Routinealltag gerne unbemerkt einschleichen. Und noch ein Richtwert für die korrekte Sitzhöhe: Zwischen Dach und Kopf passt etwa eine Faust.
Als Erhöhung des Schwierigkeitsgrades erfolgte die Vollbremsung jetzt nicht an einem festen Punkt, sondern auf Handzeichen. Danach auf nassem Kopfsteinpflaster. „Dabei merkt man deutlich, wie wichtig Reifen sind.“ Schmidt wies darauf hin, dass den Reifen oft zu wenig Beachtung geschenkt wird. „Hier investieren wir in Sicherheit, die man braucht.“ Sein Tipp: „Auch wenn der Gesetzgeber erlaubt, das Profil bis auf 1,6 mm herunterzufahren, ist das ein erhöhtes Risiko. Bei weniger als 4 mm würde ich die Reifen wechseln.“
Nichts ersetzt praktisches Üben
Das Training sorgte bei den Teilnehmern für Begeisterung und brachte eine Menge wichtiger Erfahrungen. Lernen, wie man auch in schwierigen Situationen die Kontrolle über sein Auto behält, ist nicht nur lebenswichtig, sondern macht auch noch Spaß. „Es gibt im Internet bestimmt viele Tipps, oder auch Tutorials bei YouTube“, war Ulrich Schmidt überzeugt. „Doch nichts ersetzt das Üben in der Praxis.“