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Solingen: Erinnerung an die Ermordung von 55 Sinti

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Am Freitagnachmittag versammelten sich rund 80 Solingerinnen und Solinger auf dem Alten Markt, um den während der Nazizeit deportierten und Ermordeten Sinti zu gedenken. (Foto: © B. Glumm)
Am Freitagnachmittag versammelten sich rund 80 Solingerinnen und Solinger auf dem Alten Markt, um den während der Nazizeit deportierten und Ermordeten Sinti zu gedenken. (Foto: © B. Glumm)

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SOLINGEN (bgl) – Am 3. März 1943 begann eine der dunkelsten Episoden Solinger Geschichte. Die in so genannten „Zigeuner-Lagern“ eingepferchten Sinti wurden von den nationalsozialistischen Behörden zusammengetrieben und deportiert. Mindestens 62 Solingerinnen und Solinger, die Hälfte davon Kinder, wurden in das Vernichtungslager Auschwitz im besetzten Polen geschickt. Für wenigstens 55 von ihnen war es eine Reise ohne Wiederkehr. „Damit wurde fast die gesamte Solinger Sinti-Bevölkerung vernichtet“, erinnerte Stadtratsmitglied Frank Knoche (Grüne) am Freitag auf der Gedenkveranstaltung auf dem Alten Markt. Dort trafen sich rund 80 Menschen, um den Opfern der nationalsozialistischen Willkür zur gedenken, die sich zum 74. Mal jährte.

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Mahnmal seit 2007 an der Korkenziehertrasse

Lange Jahre wurden die Deportation und die Ermordung der Sinti in Solingen kaum thematisiert. Erst einer Initiative des Solinger Stadtarchivars Ralf Rogge ist es zu verdanken, dass die Ereignisse des Jahres 1943 zurück ins kollektive Stadtgedächtnis gerufen wurden. Seit 2007 gibt es an der Korkenziehertrasse zudem ein Mahnmal, das sich in unmittelbarer Nähe zu einem ehemaligen „Zigeuner-Lager“ an der Potshauser Straße befindet.

Vom Alten Markt bewegte sich die Teilnehmer der Gedenkveranstaltung zum Mahnmal an der Korkenzehertrasse unweit der Potshauser Straße. (Foto: B. © Glumm)
Vom Alten Markt bewegte sich die Teilnehmer der Gedenkveranstaltung zum Mahnmal an der Korkenziehertrasse unweit der Potshauser Straße. (Foto: B. © Glumm)

Vom Alten Markt zogen die Teilnehmer der Gedenkveranstaltung in einem Mahnmarsch dorthin. „Von Anfang an wurden neben den Juden auch Sinti und Roma zu Feindes Reichs und fremdrassig erklärt“, sagte Roman Franz, Vorsitzender des Landesverbandes Deutscher Sinti und Roma in Nordrhein-Westfalen. Er erinnerte daran, dass gerade Sinti und Roma auch heute noch häufig Anfeindungen ausgesetzt seien. „Aber Deutschland ist unsere Heimat“, machte Franz deutlich.

Täterfrage: Was wussten die Solingerinnen und Solinger?

In seiner Ansprache stellte Oberbürgermeister Tim Kurzbach eine wichtige Frage, die in der Klingenstadt bisher noch nicht sehr oft gestellt wurde: „Was wussten die Solingerinnen und die Solinger von diesem Verbrechen?“ Folgt man dem amtlichen Schreiben des Jahres 1943, das die Deportationsaktion dokumentierte, so war es zumindest für die Behörden glasklar, dass für die verschleppten Sinti und Roma keine Rückkehr vorgesehen war. „Sie wussten also, was mit diesen Menschen geschehen würde“, so Tim Kurzbach, der aus dem Schreiben zitierte.

Mit Rosen wurde an die Solinger Sinti erinnert, die 1943 aus den so genannten "Zigeuner-Lagern" verschleppt und nach Auschwitz deportiert wurden. (Foto: © B. Glumm)
Mit Rosen wurde an die Solinger Sinti erinnert, die 1943 aus den so genannten „Zigeuner-Lagern“ verschleppt und nach Auschwitz deportiert wurden. (Foto: © B. Glumm)

Der Oberbürgermeister mahnte, dass in der Klingenstadt eine Erinnerungskultur wachgehalten werden müsse. Gleichzeitig betonte er, dass auch der Aspekt der Täterfrage einer gründlichen Aufarbeitung bedürfe. Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer der Gedenkveranstaltung steckten schließlich ihre mitgebrachten roten Rosen an das Mahnmal an der Korkenziehertrasse und gedachten der im Dritten Reich ermordeten Menschen.

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Bastian Glumm arbeitet seit vielen Jahren als Textjournalist für diverse Tages- und Fachmedien sowie als Cutter in der Videoproduktion. Der gelernte Verlagskaufmann rief im September 2016 das SolingenMagazin ins Leben.

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