SOLINGEN (mh) – Gemeinsam hatten Künstler und Handwerker der Solinger Werkstätten am Sonntag zum Tag der offenen Tür geladen (wir berichteten). Von 11 – 18 Uhr gab es Besichtigungen, Führungen und Aktionen.
„Die ersten Besucher standen um 11 Uhr vor der Tür“, berichtet Thomas Gerhards. Der Tischlermeister ist seit 1999 im Herzen von Ohligs ansässig. Im vergangenen Jahr sei der Tag der offenen Tür ebenfalls gut angenommen worden, weiß Gerhards zu berichten. „Es gibt keine konkreten Anfragen. Die Leute möchten sich umschauen, informieren, Anregungen holen.“ Zu diesem Zweck hat der Tischler eine kleine Fotogalerie mit eigenen Arbeiten aufgehängt.
Der Auftragsschwerpunkt liegt bei Möbeln, Einbauschränken, Küchen und Büroeinrichtungen. Eines der Fotos zeigt einen exklusiven Empfangstresen, ein anderes eine edle Holzterrasse. Ein Tisch liegt voller Dekormuster. „Es gibt etliche hundert der unterschiedlichsten Dekore“, sagt Gerhards, „wir zeigen hier nur eine kleine Auswahl von Oberflächen.“ Gleich daneben sind verschiedene Hölzer zu interessanten Teelichthaltern verarbeitet. Für die Spielfreudigen gibt es das beliebte Solitär.
Tag der offenen Tür kommt gut an
Lothar Hirsch von der Buchbinderei Hirsch erläutert Besuchern einige seiner Techniken. Es gibt Fragen zu Klebebindung oder Fadenheftung. Besonders der Digitaldruck ist von Interesse. Er wird vielseitig eingesetzt, von der Visitenkarte bis zum Fotobuch. Die Gäste sind sehr Aufmerksam, und der Fachmann nimmt sich viel Zeit, um alles detailliert zu erklären.
Buchbinderin Clara Schmidt von falz & faden hat ihre Notizbücher ausgestellt, ebenso die gerade angefertigten Serviettenkästen. „Diese Kästen habe ich neu ins Sortiment aufgenommen“, verrät sie. „Jedes Design ist in drei unterschiedlichen Größen erhältlich. Die Dekore sind auch untereinander gut kombinierbar.“ Diese Muster stammen aus der Reality Pattern Serie der Designerin Inge Heyen (wir berichteten). Sie entnimmt typischen Solinger Motiven winzige Details und gestaltet sie am PC zu außergewöhnlichen Designs. Unter dem Namen „Heimliche Liebe“ verarbeitet eine Gruppe Solinger Kunsthandwerker dieses Design in unterschiedlichen Werken.
Bei Clara Schmidt sind es ihre Notizbücher. Missfilz Silke Peukert entwirft Taschen, Kleidungsstücke und Kissen. IndiBike Uwe Weis stellt Motoradsitze und Packtaschen her. Hutmacherin Bea Kahl hat eine Herrenkollektion mit Flat Caps entworfen. „Ich kombiniere das Muster mit dazu passenden Farben“, beschreibt die Hutmacherin ihre Arbeit. „Weiter gibt es Damenhüte, Krawatten und Fliegen mit den gleichen Designs.“ Unter anderem ist ein Detail aus dem Diederichstempel verwendet worden. Bald sollen Regenmäntel und Südwester die Kollektion erweitern.
Für die Motorradsitze lässt Uwe Weis Kunstleder bedrucken. „Es handelt sich bei den Sitzen ausschließlich um Unikate“, betont er und weist darauf hin, dass er kein Großhändler sei. „Ich muss den Kunden sehen, muss wissen, wie groß und wie schwer er ist.“ Darauf werden die Sitze abgestimmt. Im gleichen Design gibt es Packtaschen. Bei Bedarf kann man sie vom Motorrad lösen und mit Trageriemen als Schultertaschen mitnehmen. Sehr beliebt ist das Design mit dem vergrößerten Ausschnitt der Müngstener Brücke.
Motorradsitze nur als Unikat
Zwei der ansässigen Künstler sind auch vor Ort. Sie haben eine Vielzahl ihrer Werke ausgestellt und wissen Interessantes darüber zu berichten. Reiner Homburg: „Ich bin sehr breit aufgestellt. Vor langer Zeit habe ich mit Aquarell und Bleistiftzeichnungen angefangen. Dabei male ich von abstrakt bis exzessiv-gegenständlich.“ Im Lauf der Zeit hat sich ein Hang zum Naturalistischen und Gegenständlichen herauskristallisiert. Bei den Formaten wählt der gelernte Kunsterzieher aus dem Bauch heraus. „Ich male Großformatiges, aber mag ebenso Miniaturen.“ Auch im Dreidimensionalen ist der Künstler unterwegs. Titel gibt er seinen Werken nicht. „Natürlich steckt viel Persönliches darin. Ich bringe ja eigene Erfahrungen in die Werke ein. Doch ich finde es immer spannend, was andere in den Arbeiten wiederfinden.“
Dieter Suhr wirft einen etwas anderen Blick auf Alltagsgegenstände. „Oft sind es abgenutzte, teilweise schon entsorgte Gegenstände. Daraus gestalte ich neue Objekte, bei denen die ursprüngliche Funktion keine Rolle mehr spielt.“ Ein Zusammentreffen von Dingen, die gar nicht zusammengehören. Seine Werke sind skurril und ein bisschen schräg. So wie die Air Fork One, die unter der Decke hängt. „Ich habe aus uralten Overhead-Projektoren die Lüfterräder ausgebaut. Mit der alten Mistgabel hat meine Mutter selbst noch im Garten gearbeitet.“ Ein ebenso spezielles Objekt ist die Lumen-Vase mit Dimmer. Sie besteht aus einer ausrangierten Vase, einen geschweiften Stück Holz und dem fahrbaren Untergestell eines Puppenwagens. Suhr ist, wie Homburg, ebenfalls Autodidakt. Er beschäftigt sich seit seiner Jugend damit, Dinge miteinander zu verbinden. Da wird geschraubt, geklebt und gelötet.
Skurril und ein bisschen schräg
Währenddessen versuchen sich die kleineren Besucher in der Buchbinderei falz & faden an einer alten mechanischen Schreibmaschine. Ganz schön schwer, mit so viel Kraftaufwand zu schreiben. Das geht auf den heutigen Tastaturen wesentlich einfacher. Wer eine kleine Pause einlegen möchte, kann es sich im Garten bei Kaffee und Waffeln gemütlich machen. Auch der Grill ist bereits angeworfen.
„Es ist eine wunderbare Stimmung“, freut sich Clara Schmidt über die Resonanz. „Viele Wiederholungstäter sind gekommen, aber auch eine Reihe neuer Besucher. Sie sind sehr angetan von der Vielseitigkeit der Reality Pattern Designs.“