SOLINGEN (mh) – Beifallsrufe, wiederholter Szenenapplaus, minutenlange Standing Ovations waren der Dank und die Anerkennung eines begeisterten Publikums für eine wirklich großartige Aufführung des Creative Arts Group e. V. (kurz CAG). Der Verein war am Pfingstwochenende in vier Aufführungen mit seinem neuen Stück „9 to 5“ im Theater und Konzerthaus Solingen zu sehen.
CAG mit „9 to 5“ im Theater Solingen
Dolly Partons Welterfolg, der 2009 am Broadway uraufgeführt wurde, basiert auf dem Film „Warum eigentlich … bringen wir den Chef nicht um?“ Die Story spielt in Amerika in den späten Siebzigern. Im turbulenten Büroalltag passiert während der Arbeitszeit von 9 bis 5 (9 to 5) so allerlei. Die Männer sind die Macher, und die Frauen kochen Kaffee und tippen. Franklin Hart (Niko Georgopoulos und Benedikt Drüppel), typischer Chauvinist der 70er Jahre, behandelt die weiblichen Angestellten ohne jeglichen Respekt. Sie sollen seine Einkäufe erledigen, Kaffee kochen und, wenn sie attraktiv genug sind, in seine Trophäensammlung aufgenommen werden.
Doralee (gespielt von Lena Hogekamp), eine attraktive Blondine, fühlt sich durch die Belästigungen mehr als genervt. Die Kolleginnen meiden die Südstaatenschönheit, weil sie davon überzeugt sind, dass Doralee eine Affäre mit dem Chef hat – ein Gerücht, das dieser selbst nur zu eifrig ausgestreut hat. Doch ihr Ehemann, der Texaner Dwayne (Bernd Hetjens), hält zu ihr. Judy bewirbt sich mit einem fiktiven Lebenslauf, da sie keine Berufserfahrung und noch weniger Selbstbewusstsein vorzuweisen hat. Ihr Mann hat sie gerade wegen einer Neunzehnjährigen verlassen. Sie steht vor dem Nichts. Roz (Ilka Flindt/Hanna Krikcziokat) hingegen, die Ordnung und Disziplin als ihre Berufung sieht, schmachtet den Chef an. Sie schwärzt ihre Kolleginnen bei Mr. Hart an und erhofft sich dadurch bei ihm einen Stein im Brett. Er nimmt sie jedoch kaum wahr – außer natürlich, wenn in ihren umfangreichen Berichten eine für ihn nützliche Information steckt.
Die 1970er zum Leben erweckt
Violet (Doppelbesetzung mit Dorina Joch und Katrin Mühlenbein), alleinerziehende Mutter und verwitwet, arbeitet als Bürovorsteherin ebenfalls bei Consolidated. Sie ist eine Kämpferin mit ausgeprägtem Gerechtigkeitssinn, die auch mal selbst zum Schraubenzieher greift. Als der von ihr ausgebildete Bob durch seine Schleimerei die Stelle bekommt, die eigentlich ihr zugestanden hätte, reicht es ihr. Begründung ihres Chefs: „Kunden arbeiten lieber mit Männern zusammen.“
Ein gemeinsam gerauchter Joint bringt Violet, Judy und Doralee auf allerlei verrückte Ideen. Aus Judys Mund klingt „Marihuana“ zwar mehr nach „Marie Johanna“, aber seine Wirkung verfehlt es nicht. Die drei Frauen, in ihrer Verachtung für Hart vereint, schmieden gemeinsam Pläne, um den sexistischen und niederträchtigen Mann aus dem Weg zu räumen. Er wird entführt und in seinem eigenen Haus gefangen gehalten. Da Doralee die Unterschrift des Chefs, wie sie sagt, besser kann als dieser selbst, unterschreibt sie in der folgenden Zeit rund 400 Memos, die zu umfangreichen Änderungen der Geschäftsabläufe führen. Unnötig zu erwähnen, dass unter weiblicher Leitung die Firma Umsatzsteigerungen von über 20 Prozent vorweisen kann. Diesem Erfolg kann sich auch Mr. Tinsworthy, Big Boss und Vorstandsvorsitzender, nicht entziehen. Er versetzt Franklin Hart ins Ausland, und Violet wird Geschäftsführerin von Consolidated.
Die ersten Planungen zu dem Musical gab es bereits 2017, noch während der Spielzeit der Addams Family. Mit den Proben hatte man im September 2019 begonnen. Die Aufführung war ursprünglich für 2020 geplant. Aber wie in vielen anderen Fällen machte Corona auch dem Verein einen dicken Strich durch die Rechnung. Aufgrund der Abstandsregelung konnte das Ensemble mit 40-50 Personen nicht gemeinsam auf die Bühne. Verschiedene Varianten der Proben wurden getestet, aber keine wirklich befriedigende Lösung gefunden. Doch endlich, genau 1000 Tage nach dem Kick Off, war der Tag der Premiere.
Genau 1000 Tage vom Kick Off bis zur Premiere
White lobte die Unterstützung und das Entgegenkommen, das ihm und seinem Verein vom Kulturmanagement entgegengebracht wurde und wird. „Das Theater hat uns als Amateurverein in dieser schwierigen Corona-Zeit wirklich unterstützt“, bekräftigte er. „Zweimal mussten wir verschieben, hatten aber schon über 10.000,- € für Requisite und Kostüme ausgegeben.“ Die zwei Jahre Pandemie haben sehr an den Finanzen des ehrenamtlichen Vereins gezerrt. Dessen Reserven sind nach den vergangenen zwei Jahren aufgebraucht. Unterstützung vom Staat gibt es nicht. Musicalproduktionen sind seit 2007 der älteste und mit Abstand größte Projektbereich und bis heute das Fundament des Vereins, dessen Ensemble 41 Teilnehmer und 27 Orchestermitglieder umfasst. Im Backstage sind 25 Ehrenamtliche im Einsatz. „Unser Verein ist ein Generationsprojekt. Von 18 Jahren bis Mitte 80 ist alles dabei.“
Das Stück ist spritzig, provokant und auch ein bisschen romantisch. Das Bühnenbild mit den leuchtend bunten Tapeten und den typischen Möbeln versetzt den Betrachter umgehend in die damalige Zeit. Sowohl Musik als auch die Songtexte, die den schwungvollen, leicht chaotischen Büroalltag mit seinen zahlreichen Überraschungen begleiten, stammen aus der Feder von Country-Star Dolly Parton. Der Song „9 to 5“ war in Kanada und den USA ein Nummer-eins-Hit.