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Zu Besuch im heutigen Bethlehem

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Hohe Mauern und Wachtürme an der Grenze zwischen Jerusalem und Bethlehem. Die israelische Regierung hält so palästinensische Terroristen auf Distanz und das außerordentlich effektiv. (Foto: © Bastian Glumm)
Hohe Mauern und Wachtürme an der Grenze zwischen Jerusalem und Bethlehem. Die israelische Regierung hält so palästinensische Terroristen auf Distanz und das außerordentlich effektiv. (Foto: © Bastian Glumm)
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BETHLEHEM (bgl) – Der Geburtsort Christi und der Ort seiner Kreuzigung liegen sehr viel näher beieinander, als man vermuten mag. Gekreuzigt wurde er – folgt man der Bibel – in Jerusalem auf dem Hügel Golgatha. Laut biblischer Erzählung ein Ort, der sich unmittelbar vor den antiken Stadtmauern Jerusalems befunden haben soll. Geboren wurde Jesus in Bethlehem. In einer Stadt, die nur wenige Kilometer südlich von Jerusalem liegt. Viele christliche Pilger, die nach jahrzehntelangem Bibelstudium und sehr viel Vorfreude erstmals das Heilige Land besuchen, sind nicht selten überrascht, was sie dort schließlich vorfinden. Hier die Jerusalemer Grabeskirche, von Tausenden Touristen jeden Tag belagert, betrieben von gleich mehreren christlichen Konfessionen, die sich alles andere als grün sind.

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Dort die nicht minder frequentierte Geburtskirche in Bethlehem. Um zu ihr zu gelangen, müssen von Jerusalem kommende Besucher zunächst durch den stark gesicherten israelischen Checkpoint am Nordrand Bethlehems. Am anderen Ende erwartet sie die imposante Sperranlage der israelischen Regierung, die verhindern soll, dass auch aus Bethlehem palästinensische Terroristen und Selbstmordattentäter ins Kernland Israels vordringen. Allen Unkenrufen zum Trotz ist das in den vergangenen Jahren sehr wirksam gelungen. An der Mauer türmt sich an einigen Stellen aber nicht gerade wenig Müll, scheinen die anliegenden palästinensischen Bewohner das ungeliebte Bauwerk als Halde anzusehen. An anderen Stellen ist der Sperrwall eine nicht so einschüchternde Mauer, sondern ein bewachter Zaun.

Die Sperrmauer ist auf palästinensischer Seite freilich nicht sehr beliebt. So machen zahlreiche Anwohner durch das Abladen von Müll vor der Mauer ihrem Ärger Luft. (Archivfoto: B. Glumm)
Die Sperrmauer ist auf palästinensischer Seite freilich nicht sehr beliebt. So machen zahlreiche Anwohner durch das Abladen von Müll vor der Mauer ihrem Ärger Luft. (Archivfoto: B. Glumm)

30 Prozent der Einwohner sind Christen

Jerusalem ist die Hauptstadt Israels. Bethlehem ist Teil der Palästinensischen Autonomiebehörde und verwaltet sich selbst. Anders als in vielen anderen Städten im israelischen Kernland und der Westbank, lebt in Bethlehem eine beachtliche christliche Minderheit. Noch etwa 30 Prozent der rund 30.000 Einwohner sind Christen. Tendenz stark fallend. Nach wie vor gilt eine alte Regelung, dass der Bürgermeister und seine Stellvertreter Christen sein müssen. Derzeit ist mit Vera Baboun sogar eine Frau an der Stadtspitze. Das führt zwangsläufig immer wieder zu teils grotesken Konflikten mit den muslimischen Bewohnern Bethlehems, die bereits seit Jahren die Mehrheit stellen.

Im Stadtkern von Bethlehem finden sich zahlreiche kirchen verschiedener Konfessionen. Rund 30 Prozent der etwa 30.000 Einwohner der Stadt sind noch christlichen Glaubens. (Archivfoto: B. Glumm)
Im Stadtkern von Bethlehem finden sich zahlreiche Kirchen verschiedener Konfessionen. Rund 30 Prozent der etwa 30.000 Einwohner der Stadt sind noch christlichen Glaubens. (Archivfoto: B. Glumm)

Bethlehems Stadtbild präsentiert sich klassisch nahöstlich. Während die Ränder der Stadt geprägt sind von der muslimischen Mehrheitsbevölkerung mit Moscheen, so genannten „Flüchtlingslagern“, zahlreichen quirligen orientalischen Märkten mit viel Trubel und Bewegung, ist der Stadtkern eher christlich aufgeräumt. Zahlreiche Kirchen befinden sich in der Stadtmitte und nur eine Moschee. Die Omar-Moschee überragt mit ihrem Minarett aber alles in der Umgebung, selbstverständlich auch die eher bescheidenen Glockentürme der Geburtskirche gleich nebenan. Alles in allem ist Bethlehem nicht unbedingt eine Schönheit. Aber hier und da versprüht die Stadt einen gewissen Charme.

Ein so genanntes "Flüchtlingslager" in Bethlehem. Dort leben Palästinenser, deren Eltern oder Großeltern aus dem israelischen Kernland oder anderswo vertrieben wurden oder von dort heflüchtet sind. Den Flüchtlingsstatus vererbt man sich über Generationen, weltweit einmalig. (Archivfoto: B. Glumm)
Ein so genanntes „Flüchtlingslager“ in Bethlehem. Dort leben Palästinenser, deren Eltern oder Großeltern während der arabisch-israelischen Kriege aus dem israelischen Kernland oder anderswo vertrieben wurden oder von dort geflüchtet sind. Diesen Flüchtlingsstatus vererbt man sich über Generationen, das ist weltweit einmalig und ein Politikum. (Archivfoto: B. Glumm)

Geburtskirche ist eine der ältesten Kirchen der Welt

Die Geburtskirche ist eine der ältesten Kirchen der Christenheit überhaupt und wurde um das Jahr 330 n.Chr. vom römischen Kaiser Konstantin bzw. seiner Mutter Helena errichtet. Die Kirche überstand weitestgehend unversehrt die Stürme der Geschichte und präsentiert sich in Form und Erscheinung annähernd so, wie das vor rund 1500 Jahren der Fall war, als der oströmische Kaiser Justinian I. dort einen Neubau befahl. Freilich wurde das Gotteshaus seitdem häufig saniert und auch erweitert. Allein während der Zeit der Kreuzfahrer im 12. Jahrhundert erfuhr die Geburtskirche sehr viel Bautätigkeit.

Der Haupteingang zur Geburtskirche kann nur in gebückter Haltung passiert werden. Geht es um Demut oder hat man damals den Eingang verkleinert, um Reiter und Pilger mit großen Tieren von der Kirche fernzuhalten? (Archivfoto: B. Glumm)
Der Haupteingang zur Geburtskirche kann nur in gebückter Haltung passiert werden. Geht es um Demut oder hat man damals den Eingang verkleinert, um Angreifer zu Pferde vom Kircheninneren fernzuhalten? (Archivfoto: B. Glumm)

Dass viel verändert wurde, ohne die Grundform zu berühren, sehen Besucher schon am Haupteingang der Kirche. Denn dieser ist klein, fast schon unscheinbar. Offenkundig sichtbar ist, dass im Laufe der Jahrhunderte am Hauptportal mehrmals gewerkelt wurde. Der heutige Durchlass ist niedrig und man kann nur gebeugt die Geburtskirche betreten. Während mancher behauptet, dass es gewollt ist, dass der Pilger in demütiger Haltung die Kirche betritt – deshalb auch „Demutspforte“ -, sagen andere, dass der geringe Durchlass ganz pragmatische Gründe habe. So haben die Kreuzfahrer verhindern wollen, dass Angreifer zu Pferde einfach ins Kirchschiff durchpreschen können.

Die Geburtskirche in Bethlehem wurde um das Jahr 330 n. Chr. vom römischen Kaiser Konstantin und seiner Mutter Helena gebaut, etwa 220 Jahre später folgte ein weiterer Neubau unter Kaiser Justinian. (Archivfoto: B. Glumm)
Die Geburtskirche in Bethlehem wurde um das Jahr 330 n. Chr. vom römischen Kaiser Konstantin und seiner Mutter Helena gebaut, etwa 220 Jahre später folgte ein weiterer Neubau unter Kaiser Justinian. (Archivfoto: B. Glumm)

Geburtsort Jesu ist wissenschaftlich nicht bestätigt

Im Inneren sieht man der Geburtskirche deutlich ihr Alter an. Die Säulen sind abgewetzt ob der Menschenmassen, die sich seit Jahrhunderten jeden Tag durch das Kirchenschiff drängen. Ähnlich wie in der Grabeskirche in Jerusalem teilen sich auch die Geburtskirche in Bethlehem mehrere Konfessionen. Und ähnlich wie in Jerusalem ging das nie ohne Streit über die Bühne, auch wenn es in Bethlehem mit der griechisch-orthodoxen, der armenischen und der römisch-katholischen Kirche nur drei Gruppen sind, die sich einigen müssen. In der Jerusalemer Grabeskirche sind es derer sechs, die ihre Konflikte auch immer wieder mal handgreiflich austragen

Im Inneren der Geburtskirche. Die Säulen stammen aus frühbyzantinischer Zeit. Deutlich zu sehen sind die abgewetzten Stellen, an denen sich seit Jahrhunderten die Menschen drängen. (Archivfoto: B. Glumm)
Im Inneren der Geburtskirche. Die Säulen stammen aus frühbyzantinischer Zeit. Deutlich zu sehen sind die abgewetzten Stellen, an denen sich seit Jahrhunderten die Menschen drängen. (Archivfoto: B. Glumm)
Stau auf und hinter dem Treppenzugang hinab zur Geburtsgrotte. Wer diese besuchen möchte, sollte Zeit und Geduld im Gepäck haben. (Archivfoto: B. Glumm)
Stau auf und hinter dem Treppenzugang hinab zur Geburtsgrotte. Wer diese besuchen möchte, sollte Zeit und Geduld im Gepäck haben. (Archivfoto: B. Glumm)

Während sich viele Wissenschaftler darin einig sind, dass sich die Kreuzigung Christi tatsächlich dort abgespielt haben könnte, wo heute in Jerusalem die Grabeskirche steht, ist das bei der Geburtskirche in Bethlehem anders. Im vierten Jahrhundert wurde die Basilika dort gebaut, wo die Konstrukteure den Ort von Christi Geburt vermuteten. Ein wissenschaftlicher Beleg dafür fehlt freilich bis heute. Das hält die Menschenmassen aber nicht vom Besuch der Geburtskirche in Bethlehem ab. Wer also die Geburtsgrotte betreten will, der sollte Zeit mitbringen. Die Warteschlangen können außerordentlich lang sein.

14-zackiger Stern markiert die mutmaßliche Geburtsstelle

Hat man sich bis zur Treppe vorgearbeitet, die hinunter zur Geburtsgrotte führt, kann dann auf einmal alles sehr schnell gehen. In Windeseile werden die Gläubigen nach unten durchgereicht. Dort befindet sich auf dem Boden der Grotte ein silberner Stern mit 14 Zacken, der im 18. Jahrhundert von der Katholischen Kirche installiert wurde. Und genau an dieser Stelle, so glauben es die christlichen Konfessionen, soll der Heiland geboren worden sein. Schaut man genau hin, findet man auf dem Stern die Inschrift „Hic de virgine Maria Jesus Christus natus est“ („Hier wurde Jesus Christus von der Jungfrau Maria geboren“). Pilger, die schnell genug sind, schaffen es vielleicht, sich hinunter zu bücken und den Stern zu berühren. Der Altar darüber soll die „Krippe“ symbolisieren.

In der Geburtsgrotte: Auf dem Boden befindet sich ein 14-zackiger Stern, der den Ort markieren soll, an dem Jesus Christus geboren wurde. Eine Glaubensfrage. (Archivfoto: B. Glumm)
In der Geburtsgrotte: Auf dem Boden befindet sich ein 14-zackiger Stern, der den Ort markieren soll, an dem Jesus Christus geboren wurde. Eine Glaubensfrage. (Archivfoto: B. Glumm)

Denn lange hält man sich nicht auf in der Geburtsgrotte, dafür sorgen schon die Geistlichen, die lautstark zur Eile mahnen, da von hinten Menschenmengen nachdrücken. Wer also Besinnlichkeit und heilige Momente erwartet, der wird enttäuscht werden. Über eine zweite Treppe geht es dann wieder zurück ins Kirchenschiff. Ein Besuch in der Geburtskirche ist immer mit Gedränge, Warterei und anschließender Hektik verbunden. Wer sich davon erholen will, der kann eine Runde im schön gestalteten Innenhof der benachbarten Katharinenkirche drehen.

Bethlehem liegt nur einige Kilometer südlich der israelischen Hauptstadt Jerusalem. Rund um den Stadtkern herrscht rege Bautätigkeit und viele Wohnhäuser wachsen wie Pilze aus dem Boden. (Archivfoto: B. Glumm)
Bethlehem liegt nur einige Kilometer südlich der israelischen Hauptstadt Jerusalem. Rund um den Stadtkern herrscht rege Bautätigkeit und viele Wohnhäuser wachsen wie Pilze aus dem Boden. (Archivfoto: B. Glumm)

Nach dem Kirchenbesuch ein palästinensisches Bier

Nicht selbstverständlich in palästinensischen Städten: In den Gaststätten rund um die Grabeskirche wird "Taybeh" angeboten, ein palästinensisches Bier, gebraucht nach dem deutschen Reinheitsgebot. (Archivfoto: B. Glumm)
Nicht selbstverständlich in palästinensischen Städten: In den Gaststätten rund um die Grabeskirche wird „Taybeh“ angeboten, ein palästinensisches Bier, gebraut nach dem deutschen Reinheitsgebot. (Archivfoto: B. Glumm)

Oder direkt den Vorplatz außerhalb des Gotteshauses aufsuchen und in eines der zahlreichen Restaurants einkehren. Dort gibt es übrigens auch Bier, was in palästinensischen Städten nicht selbstverständlich ist. Im Gebiet der Palästinensischen Autonomiebehörde gibt es nämlich noch eine Brauerei im kleinen Ort Taybeh, der fast ausschließlich von Christen bewohnt wird.

Und so liegt es schließlich nahe, dass das palästinensisch-christliche Bier „Taybeh“, gebraut nach dem deutschen Reinheitsgebot, auch an den Hotspots in Bethlehem ausgeschenkt wird. Die Rückreise nach Israel ist nicht selten mit längeren Kontrollen am Checkpoint verbunden. Darauf sollte man sich einstellen. Aber das ist je nach Tageslage ganz verschieden. So kann es nämlich auch durchaus vorkommen, dass die israelische Polizei gar nicht kontrolliert und einfach durchwinkt.

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Bastian Glumm arbeitet seit vielen Jahren als Textjournalist für diverse Tages- und Fachmedien sowie als Cutter in der Videoproduktion. Der gelernte Verlagskaufmann rief im September 2016 das SolingenMagazin ins Leben.

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