SOLINGEN (bgl) – Müssen Bananen oder Gurken, denen Mutter Natur ohnehin schon eine ordentliche Schale mitgegeben hat, im Supermarkt eigentlich nochmal in einem Pappbehältnis portioniert und mit Klarsichtfolie verpackt sein? Definitiv nicht, meint die Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen, die im Mai dieses Jahres gemeinsam mit dem Deutschen Hausfrauenbund (DHB) – Netzwerk Haushalt eine mehrwöchige Aktion startete und Verbraucher dazu aufrief, Produkte mit überdimensionierten Verpackungen zu fotografieren und zu melden. In NRW wurden daraufhin 122 Produkte eingereicht.
Sieben Meldungen kommen aus Solingen. „Wir stellen fest, dass die Vermeidung von Verpackungen viel zu selten stattfindet“, bedauert Umweltberaterin Julia Ogiermann von der Verbraucherzentrale Solingen. Bemängelt werden in aller erster Linie die Verpackungen von Lebensmitteln. Diese sind mal viel zu aufwendig dimensioniert, mal waschechte Mogelpackungen, wenn die Hersteller mit Sichtfenstern arbeiten. Ein Supermarkt in Solingen hat aber den Vogel abgeschossen, als man zwei Scheiben Lachs in einer großen Plastikschale verpackt und diese auch noch in Klarsichtfolie hüllt.
Hersteller mit Kritik konfrontiert und auf den Zahn gefühlt
So ärgerlich diese Erfahrungen sind, so erfreulich ist die Reaktion des Geschäftsführers des Supermarktes. Dieser gelobt nämlich Besserung. „Wir haben die Hersteller mit dem Ärger der Verbraucher konfrontiert. Wir haben denen richtig auf den Zahn gefühlt“, so Ogiermann weiter. Längst nicht immer reagieren die Angeschriebenen derart vielversprechend, wie es der Supermarkt aus der Klingenstadt tut. 66 Hersteller wurden angeschrieben, wovon 58 antworteten. Fünf Anbieter haben sich die Kritik zu Herzen genommen und die bemängelte Verpackung reduziert. Vier weitere versprechen, derartiges zumindest zu prüfen. Alle anderen haben eine mannigfaltige Argumentationskette, warum sie ihre Produkte so verpacken, wie es die Verbraucher kritisieren. Gesetzlich ist das eigentlich in der Verpackungsverordnung geregelt. Nur würde sich längst nicht jeder Hersteller daran halten. „Die Erzeugung unnötiger Verpackungen muss sanktioniert werden“, fordert deshalb Verbraucherschützerin Julia Ogiermann.
Verbraucher können mit Konsumverhalten Einfluss nehmen
Echten Einfallsreichtum beweisen auch die Hersteller von Kosmetika, Tiernahrung oder Medikamenten. Da wird eine Hautcreme schonmal in einer doppelwandigen Plastikdose verpackt, die wiederum in einer Umverpackung aus Pappe steckt. Da diese viel zu groß ist für die Dose, wird dann in der Verpackung eine weitere Verpackung aus Pappe hinzugefügt, um diese zu stützen. „Und das, obwohl man das gleiche Produkt ganz einfach in einer Tube unterbringen könnte“, wundert sich Evelyn Broch vom Solinger DHB – Netzwerk Haushalt.
Ähnlich ärgerlich seien viel zu oft so genannte „Blister“ als Tablettenverpackungen. Es seien die Verbraucher, die mit ihren Konsumverhalten Einfluss auf die Hersteller nehmen können. „Man kann sein Obst auch einzeln und unverpackt kaufen“, macht Evelyn Broch deutlich. Zudem kann man Umverpackungen auch direkt beim Einzelhändler lassen. Das sieht nämlich die Verpackungsverordnung vor. Bis ein flächendeckendes Umdenken stattfindet, scheint es aber noch ein weiter Weg. Denn 2009 wurde noch pro Verbraucher 184 Kilogramm Verpackung hergestellt. Vier Jahre später waren es schon 212 Kilo. Eine satte Steigerung von 16 Prozent.
Infos im Internet: www.verbraucherzentrale.nrw/verpackungsaerger