SOLINGEN (mh) – Über 200 Besucher aus Politik, Kliniken und Kirchen sowie viele andere Interessierte waren am Samstagvormittag zum 24. Hospiztag in die Kapelle des Diakonischen Werkes Bethanien gekommen. „End-lich leben“ – für das Palliative Hospiz Solingen (PHoS) bedeutet das, Sterbende zu begleiten und ihnen einen Abschied in Würde zu ermöglichen.
„In 2016 haben wir 106 Menschen begleitet, davon waren 49 Kriegskinder“, berichtet Susanne Kern, Leiterin des Ambulanten Hospiz- und Palliativberatungsdienstes. Sie ist schon seit 11 Jahren als Psychologin im PHoS tätig. „Wichtig ist es, die Aufmerksamkeit auf die damaligen Geschehnisse zu richten und den Menschen den Raum zu geben, sich auszudrücken.“ Genau darum geht es beim diesjährigen Hospiztag. Die große Besucherzahl macht deutlich, wie viel Bedeutung mittlerweile dieser Thematik zugeschrieben wird.
PHoS: Abschied in Würde ermöglichen
Dr. Harald Bannies, Facharzt für Allgemeinmedizin mit Spezialausbildungen für Schmerztherapie und Palliativmedizin und seit 1998 Mitglied bei PHoS, führt als Moderator durch das Programm. Die musikalische Gestaltung übernimmt der Gospelchor „unisono“ unter der Leitung von Elisabeth Szakács. Gleich zur Eröffnung bekommen sie lang anhaltenden Applaus. Man spürt, mit wie viel Freude und Begeisterung jeder einzelne von ihnen dabei ist.
Die Vorstandsvorsitzende Cordula Scheffels begrüßt alle und dankt herzlich für die ausgezeichnete Zusammenarbeit. Dann gibt sie mit ein paar humorvollen Worten einen kurzen Überblick über den Stand des größten Vorhabens in der über 20-jährigen Vereinsgeschichte, den Bau eines eigenen stationären Hospizes direkt am Botanischen Garten (wir berichteten).
„Der Abriss hat bereits begonnen“, berichtet sie strahlend und zitiert aus Hermann Hesses Werk „Stufen“. „Und jedem Anfang wohnt ein Zauber inne, der uns beschützt und der uns hilft, zu leben.“ Wenn alles planmäßig verläuft, soll das Projekt Ende 2017 abgeschlossen sein. Und auch dazu gibt es Hesse: „Es wird vielleicht auch noch die Todesstunde uns neuen Räumen jung entgegensenden, des Lebens Ruf an uns wird niemals enden …Wohlan denn, Herz, nimm Abschied und gesunde!“
Stationäres Hospiz beim Botanischen Garten
Diese Worte greift Pastor Ulrich Kühn, der Klinikseelsorger Bethaniens, auf und berichtet von den Erlebnissen mit einer Gruppe auf Juist, mit der er gemeinsam ein Lebenspanorama aufstellen wollte. Die Gruppenmitglieder weigerten sich aber, sich mit den Nachkriegsjahren zu befassen. „Heute sind die Betroffenen sprachfähiger geworden“, sagt Pastor Kühn. Oberürgermeister Tim Kurzbach spricht auch die religiöse Seite klar an. Er betont seine Überzeugung, dass mit dem Tod nicht alles sein Ende gefunden hat und verweist dabei auf das nahende Osterfest. „Was außerdem hilft, ist das vielfältige Netzwerk von Engagierten. PHoS ist ein wesentlicher Bestandteil unserer Stadt und nicht wegzudenken. Dafür kann man nicht genug danken.“
Konstantin Wecker als Schirmherr meldet sich per Videobotschaft mit einem kurzen Statement. „Es gibt viel zu wenig Hospize. Wir alle wollen, gut begleitet, würdevoll sterben. Und nicht zu Tode gepflegt werden.“
Konstantin Wecker übernimmt Schirmherrschaft
Dann referiert die Buchautorin und Journalistin Sabine Bode über Kriegskinder im hospizlichen Kontext. Die Autorin (*1947) ist Expertin auf dem Gebiet seelischer Kriegsfolgen. Sie spricht über die vergessene Generation: Kinder, die den Krieg erlebt haben. Meisterhaft haben sie ihre Erlebnisse verdrängt. Wenn sie davon erzählen, klingt es eher wie ein Abenteuer. Darauf angesprochen antworten sie mit Standardsätzen, wie: „Es hat mir ja nicht geschadet“ oder „Es war für uns normal“. Es fehlt der emotionale Zugang. Doch durch schwere aktuelle Erlebnisse kann das alte Trauma reaktiviert werden. Nicht erklärbare Verhaltensweisen treten auf, wie Panikattacken.
Während Bode spricht, ist es in der Kapelle mucksmäuschenstill. Vielleicht gibt es ja einige, die selbst als Kind gespürt haben, dass bei den Eltern etwas nicht stimmte, über das sie aber niemals redeten. So werden die schrecklichen Erlebnisse auch an die Kriegsenkel weitergegeben. Spätfolgen eines über 70 Jahre alten Krieges. Und auch in unserer Zeit geht an vielen Kindern der Krieg nicht spurlos vorbei.
Sabine Bode: Reaktivierung alter Traumata
Wer sich über die Autorin und ihre Werke informieren möchte, findet auf www.sabine-bode-koeln.de viele Informationen.
Unter www.hospiz-solingen.de stellt sich das Hospiz mit seinen umfangreichen Aufgaben vor.
Und Näheres zum Gospelchor unisono ist auf der Webseite https://unisonogospel.jimdo.com nachzulesen.
Der Gospelchor unisono wird gemeinsam mit den Young Voices am 25. März in einem Gospelbenefiz wieder in der Kapelle Bethanien auftreten. Einlass ist um 18:30 Uhr / Beginn 19 Uhr. Der Erlös geht an das Palliative Hospiz.