SOLINGEN (red) – Rund ein halbes Jahr nach Verabschiedung des „Zukunftsprogramms Hochwasserschutz“ stellt der Wupperverband eine erste Zwischenbilanz vor. In allen definierten Handlungsfeldern können demnach bereits „deutliche Fortschritte“ verzeichnet werden, vermeldet der Verband. „Wir liegen voll im Zeitplan, teilweise sogar vor diesem“, sagt Georg Wulf, Vorstand des Wupperverbands. In seinem Zukunftsprogramm beschreibt der Wupperverband detailliert kurz-, mittel- und langfristige Maßnahmen und bezieht neben der Hochwasservorsorge auch die Anpassung an andere Auswirkungen des Klimawandels mit ein, insbesondere an häufigere und länger andauernde Trockenphasen.
„Übergeifender Ansatz“ des Zukunftsprogramms
Ein entscheidender Erfolgsfaktor des Zukunftsprogramms sei dessen „übergreifender Ansatz“. „Für funktionierenden Hochwasserschutz und auch den Umgang mit anderen Auswirkungen wie Trockenheit spielen verschiedene Protagonisten eine wichtige Rolle. Das Zukunftsprogramm Hochwasserschutz beinhaltet daher nicht nur Punkte, die der Wupperverband selbst direkt in Angriff nehmen kann. Es setzt auch Impulse, wie das Wassermanagement im Verbandsgebiet gemeinsam mit anderen Stellen oder durch diese anderen Stellen besser bzw. angepasster sein kann“, so Wulf.
Das Zukunftsprogramm umfasse neben der Phase 0 mit Analyse und Grundlagenermittlung die sechs Handlungsfelder: Verbesserung des technischen Hochwasserschutzes, Verbesserung des grünen Hochwasserschutzes, Anpassung der Talsperrenbewirtschaftung, Optimierung der wasserwirtschaftlichen Messdaten und Modell-Entwicklung. Verbesserung der Information sowie Kommunikation und Meldeketten Schadensbeseitigung.
Wupperverband sieht sich durch Gutachten entlastet
Die Empfehlungen aus dem Gutachten von Prof. Dr. Holger Schüttrumpf, RWTH Aachen, sollen im Zukunftsprogramm des Wupperverbands mit bearbeitet werden. Ein wichtiger Schritt sei demnach die Analyse der Hotspots. Diese habe der Wupperverband bereits abgeschlossen und nehme in seinen Gesprächen mit Kommunen und auch in Workshops und Gesprächen „mit Bürgerinnen und Bürgern deren Erkenntnisse und Erfahrungen mit auf“, so der Verband. Gemeinsam könne man so mit den Kommunen Schutzmöglichkeiten prüfen und entwickeln.
Um die Aufgaben der Talsperren – Hochwasserschutz und Niedrigwasseraufhöhung – auch in „Zeiten des Klimawandels“ in Balance zu halten, hat der Wupperverband für das Sommerhalbjahr 2022 ein neues Konzept aufgestellt: Er hält mehr Stauraum für Niederschläge in den Talsperren am Oberlauf der Wupper frei. In der Wupper-Talsperre bedeutet dies ein Retentionsraum im gesamten Sommerhalbjahr von mindestens ca. 2,5 Mio. m³. Zusätzlich bleiben an der Bever-Talsperre mindestens 1 Mio. m³ Stauraum frei, ebenso an der Neye-Talsperre.
Aufstellung eines „Entlastungsplans“
Diese Strategie soll durch weitere Maßnahmen ergänzt werden: Anhand der DWD-Prognosen für Niederschläge werde geprüft, ob der jeweils aktuell freie Stauraum ausreichend ist oder noch erhöht werden muss. Bei Bedarf gibt der Wupperverband vor angekündigten Regenereignissen mehr Wasser aus den Talsperren ab und schafft zusätzlicher Puffer.
Um in kurzer Zeit große Abgaben aus Talsperren fahren zu können, hat der Verband einen „Entlastungsplan“ aufgestellt und mit den Beteiligten besprochen. Dieser umfasst die Kommunikation mit den Kommunen und ihrem Katastrophenschutz, damit eine frühzeitige Information der Beteiligten und bei Bedarf die Warnung der Bevölkerung erfolgt. Diese Kombination von dauerhaften Sommerretentionsräumen und Intensivierung von Vorentlastungsszenarien wird die Hochwassersicherheit optimieren.
Um die Talsperren flexibler und an die Klimaveränderungen angepasster zu bewirtschaften, sollen im nächsten Schritt ab 2023 die Betriebsregeln der Wupper-Talsperre in Abstimmung mit der Aufsichtsbehörde dauerhaft angepasst werden. Sukzessive werde das auch für andere Talsperren folgen, z. B. die Bever-Talsperre.
Wupperverband will Informationsbasis weiter optimieren
Mehr Messdaten generieren und die Verfügbarkeit von Mess-Einrichtungen optimieren – das versteht der Verband als eine wichtige Aufgabenstellung aus den Erfahrungen des Extremereignisses im Juli 2021. Der Wupperverband habe daher aus den Anforderungen seiner verschiedenen Fachbereiche, z. B. Talsperrenbetrieb und -steuerung, ein Gesamtkonzept erarbeitet. Rund 20 der vorhandenen Niederschlagsstationen und rund 15 der vorhandenen Pegelmessstellen werden sukzessive zu Online-Stationen erweitert, die eine Redundanz von Messung und Übertragung gewährleisten. Somit werde die Ausfallsicherheit verbessert.
Die Zahl seiner Pegel will der Verband von derzeit 56 um weitere 40 erweitern.
Eine wichtige Rolle würden die Meldepegel spielen. Die Pegel Krebsöge an der Wupper-Talsperre, Loosenau an der Großen Dhünn-Talsperre und Reinshagenbever an der Bever-Talsperre hat der Wupperverband bereits zu automatisierten Meldepegeln umgerüstet. Erhöhte Abgaben aus diesen Talsperren werden automatisch den Feuerwehren im Verbandsgebiet unterhalb der Talsperren per Mail mitgeteilt. In Kooperation zum Forschungsprojekt Hochwasserwarnsystem 4.0 hat der Wupperverband schon 14 Sensoren zur Messung von Wasserständen installiert, weitere 16 werden folgen. Für das Forschungsprojekt laufe zurzeit die Akquise von Fördergeldern.
Automatisierte Infos, Videokanal, „rotes Telefon“
Im Themenfeld Meldewesen sei das Zusammenspiel von Kommunen und ihrem Katastrophenschutz, die die Bevölkerung warnen, mit dem Wupperverband eine „wichtige Schnittstelle“. Hier habe der Wupperverband einige Optimierungen umgesetzt: Es wurde ein Videokanal eingerichtet, der bei Bedarf von seiner Bereitschaft „Hydrologie vom Dienst“ gestartet wird. Gemeinsam mit den Feuerwehren wurde diese neue Kommunikationsplattform schon mehrmals erprobt.
Außerdem habe der Verband weitere Meldegrenzen festgelegt, so dass Kommunen und Einsatzkräfte bei Erreichen dieser Meldegrenzen (Gewässerpegel, Talsperrenabgabe) automatisierte Mails bzw. SMS bekommen. Durch das „rote Telefon“ sollen Anrufe des Wupperverbandes bei der Feuerwehrleitstelle Wuppertal/Solingen auch bei hoher Anrufauslastung unmittelbar durchgestellt werden.
In Kooperation mit den Kommunen will der Verband im Laufe dieses Jahres einen Hochwasser-Melde-Pass mit allen relevanten Infos, z. B. Meldegrenzen an den jeweiligen Pegeln, Hotspots im Stadtgebiet, Verteiler der Meldungen. etc. erstellen. Das optimiere im Ereignisfall die Kommunikation untereinander und erleichtere die Einsatzvorbereitung der Kommunen und ihres Katastrophenschutzes.