
SOLINGEN (mh) – Am Montag, dem 7. April, eröffnete die Künstlerin Janine Werner um 18 Uhr ihre mit Spannung erwartete Ausstellung „Split“ im Atelier AndersARTig. Über 100 kunstinteressierte Besucher folgten der Einladung und versammelten sich eng gedrängt vor den neuesten Werken der außergewöhnlichen Malerin. Die Atmosphäre war sehr dicht, als die Gäste die eindringlichen Bilder betrachteten, die nicht nur ästhetisch ansprechend sind, sondern auch tiefgreifende emotionale Geschichten erzählen.
Split – Ausstellung im Atelier AndersARTig
Die Ausstellung umfasst großformatige Werke, die vorwiegend in Schwarz-Grau gehalten sind und durch zartrosa Töne kontrastiert werden. Besonders hervor sticht ein Selbstbildnis der Künstlerin, das sie neben einer anderen Version ihrer selbst zeigt. Beide Figuren sitzen eng beieinander auf den Stufen einer Treppe – eine symbolische Darstellung ihrer inneren Zerrissenheit. Während eine der Darstellungen ihre Augen fest geschlossen hält, blickt die andere ins Leere. Diese Komposition steht für abgespaltene Gefühlswelten und spiegelt die innere Auseinandersetzung wider, die Werner nach einem traumatischen Erlebnis durchlebt hat.

Die kleinen Tuscheskizzen in der Ausstellung erzählen vielfältige Geschichten. Einige dieser Zeichnungen nehmen karikaturhafte Züge an, während andere das Bild eines unschuldigen Kindes zeigen und eines anderen Kindes, das mit seiner inneren Aggressivität kämpft. Die Werke sind geprägt von Zorn und Trauer – Emotionen, die für Werner mittlerweile einen festen Platz in ihrem Leben eingenommen haben.
Geprägt von Zorn und Trauer
Der Anlass für diese intensive künstlerische Auseinandersetzung ist tragisch: Im vergangenen Jahr waren Janine Werner und ihr Mann Zeugen des Terroranschlags auf dem Solinger Stadtfest „Festival der Vielfalt“. Der Vorfall forderte mehrere Tote und Verletzte und hinterließ bei den Anwesenden tiefe Spuren. „In dem Moment denkt man nur noch an Flucht“, erinnert sich Werner an jenen schrecklichen Tag. „Es ist die erste Ausstellung, die mir richtig schwer fällt“, gesteht sie offen.

Ursprünglich hatte sie die Bilder nur für sich selbst gemalt. An eine öffentliche Ausstellung dachte sie zunächst nicht. Doch ein befreundeter Arzt ermutigte sie dazu, ihre Erlebnisse in ihrer Kunst zu verarbeiten. „Du hast ein tolles Werkzeug an der Hand.“ Diese Anregung wurde zur Initialzündung für Werner: „Ich habe schon immer viel gemalt, wenn es mir nicht gut ging.“ So begann sie, ihre Emotionen auf Leinwand zu bringen – eine künstlerische Auseinandersetzung mit dem Geschehenen. Vor etwa einem Monat begann sie mit der Sortierung ihrer Arbeiten. „Dadurch konnte ich auch mich selbst sortieren.“
Malerei als Initialzündung
Den Titel „Split – just one moment can split your mind“ wählte sie bewusst aus. „Split bedeutet ja Spaltung oder Riss“, erklärt sie. „Wir erleben derzeit bewusst eine Spaltung in der Gesellschaft. Und wir haben erlebt, wie schnell aus einem fröhlichen Moment etwas Schlimmes werden kann.“ Dieses innere gespaltene und brüchige Sein hat sie in ihren Darstellungen umgesetzt.
Ein weiteres Großformat zeigt Akteure der politischen Bühne und thematisiert damit die Veränderungen in der politischen Landschaft. Besonders schockiert hat Werner der Umgang mit dem Anschlag: „Es war erschreckend zu sehen, wie sehr dieser Vorfall instrumentalisiert wurde.“ Sie fordert dazu auf, dass die schweigende Mehrheit lauter werden muss: „Die Gewalttat war ein Angriff auf unsere Demokratie.“

Um ein Zeichen zu setzen, wird ein Teil des Erlöses aus dem Verkauf ihrer Werke an Projekte zur Demokratieförderung gespendet. „Unsere Gesellschaft von morgen entscheidet sich heute“, betont Werner entschlossen.
Oberbürgermeister Tim Kurzbach hob in seinen Worten hervor, wie wichtig Kunst und Kultur sind, um solche Erlebnisse aufzuarbeiten: „Das Festival in der Gemeinschaft war großartig. Und dann geschieht so eine schreckliche Gewalttat.“ Er würdigte die Ausstellung von Janine Werner als großartiges Geschenk an die Menschen: „Sie schenkt uns heute einen ganz intimen Blick in ihr Innerstes.“
Spende an Projekte zur Demokratieförderung
Nach der Eröffnung nutzten viele Besucher die Gelegenheit zum persönlichen Austausch mit der Künstlerin. Für musikalische Untermalung sorgte Friedemann Geisler mit seinem Vibrafon und verlieh damit dem Abend eine besondere Note.

Die Ausstellung ist bis zur Finissage am 3. Mai jeden Sonntag (mit Ausnahme des 13. April) von 14 bis 18 Uhr oder nach Vereinbarung im Atelier AndersARTig zu besichtigen. Ein Besuch lohnt sich nicht nur wegen der beeindruckenden Kunstwerke, sondern auch wegen der tiefgründigen Geschichten hinter jedem Bild – Geschichten von Schmerz, Hoffnung und dem Streben nach Verständnis in einer gespaltenen Welt.