SOLINGEN (mh) – Heute eröffnet die Galerie Dirk Balke im ART-ECK eine neue Online-Einzelausstellung. In 20 Bildern und 7 Skulpturen spricht der syrische Künstler Khereddin Obeid von seinen Erinnerungen. Jedes Bild erzählt eine Geschichte.
In ihren leuchtenden Farben wirken die Ölmalereien auf den ersten Blick fröhlich. Doch dahinter stecken Erlebnisse von Flucht und Entwurzelung, gepaart mit Orientierungslosigkeit – eine nicht mehr wirklich fassbare Existenz. Oft erschließen sich gesellschaftskritische Dimensionen. Dafür hat der Künstler die unterschiedlichsten Motive gewählt. So steht der Vogel für die multikulturelle Gesellschaft in seiner Heimat. Trotz unterschiedlicher Kulturen und Religionen lebte man friedlich miteinander. Jetzt ist der Vogel und somit die Gesellschaft gefesselt. Doch sie ist immer noch da und wird eines Tages wieder frei sein.
Khereddin Obeid erinnert sich
Im Werk „Ertrinken“ ragen Hände aus dem Wasser. Von oben nähert sich eine große Hand als Symbol für das Schicksal. Viele sind ertrunken – viele wurden gerettet.
Der überwiegende Teil der Abbildungen zeigt figürliche Bereiche, mal Menschen, mal Tiere. Manches wird in Farbfelder aufgelöst, fast schon kubistisch. Das Leben in seiner ursprünglichen Schönheit ist zerbrochen, wird aber wieder neu zusammengesetzt. So interpretiert der Künstler alle Werke mit einer gewissen Hoffnung. Wenige abstrakte Werke ergänzen die Ausstellung.
Beeindruckend sind auch seine sechs schlanken, fast grazilen Skulpturen aus Eichen- oder Birnenholz. Sie tragen Titel wie „Warten auf den letzten Moment“, „Schwangere“ oder „Tanz“. Harmonische Formen, zierlich gearbeitete Gesichter. Die Themen „Tanz, Musik, Fröhlichkeit“ finden sich ebenso in der einzigen Skulptur aus Beton. Ein Akkordeon, das für Lebensfreude steht, ist verhärtet, versteinert – eine offensichtliche Kritik und zugleich klare Botschaft.
Künstler und Schriftsteller
Nach seinem Kunststudium lehrte der 1969 in Idlib/Nordsyrien geborene Künstler an der örtlichen Kunstfachhochschule als Dozent. Es folgten zwei Jahre Lehrtätigkeit in der Türkei. Neben seiner Arbeit als Maler und Skulpteur schrieb Khereddin Obeid Kinderbücher und Theaterstücke.
Seit sechs Jahren lebt und arbeitet er nun in Neuenhaus/Niedersachsen. Fast alle gezeigten Werke sind in dieser Zeit entstanden. Aus seiner Heimat konnte er nur wenige Arbeiten mitnehmen. Zwei davon sind 2010 entstanden und hängen ebenfalls in der Galerie. Bereits im vergangenen Jahr war der Künstler mit seinen Arbeiten in der Gemeinschaftsausstellung „#impulse2020“ vertreten.
Ausstellung bis zum 14. Februar
Bedingt durch die Pandemie hat sich Galerist Dirk Balke wieder für eine virtuelle Vernissage entschieden. „Ich nutze dieses Medium jetzt seit einem Jahr“, sagt er. Von heute an bis zum 14. Februar ist die Ausstellung, in der auch ein Künstler-Interview geboten wird, auf YouTube zu sehen. Außerdem sind durch die großen Fenster der Galerie viele der Kunstwerke auch von außen zu betrachten. Einzelbesuche sind nach Terminabsprache möglich.
Hier das Künstlergespräch mit Khereddin Obeid zur neuen Ausstellung: