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Körper & Form: Erinnerungsschmuck und Gesichtsmasken

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Für Paul Stöber, Firmengründer von „KÖRPER & FORM“, ist die Herstellung von Gesichtsmasken und Erinnerungsschmuck eine Berufung. Hier arbeitet er ganz präzise an einer Maske die Augenbrauen nach. (Foto: © Martina Hörle)
Für Paul Stöber, Firmengründer von „KÖRPER & FORM“, ist die Herstellung von Gesichtsmasken und Erinnerungsschmuck eine Berufung. Hier arbeitet er ganz präzise an einer Maske die Augenbrauen nach. (Foto: © Martina Hörle)

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SOLINGEN (mh) – Eine Büste zur Ehrung, eine Gesichtsmaske als liebevolle Erinnerung an einen Verstorben oder ein zum Schmuckstück verarbeiteter Fingerprint – Paul-Hermann Stöber gestaltet in seinem Fachunternehmen für Kunsthandwerk „KÖRPER & FORM“ Kreationen für die verschiedensten Anlässe und verleiht damit der Erinnerung eine Einzigartigkeit. Schon in der Antike hatten Gesichtsmasken bei der Bestattungskultur ihre ganz besondere Bedeutung. Und auch heute gelten sie als wichtiger Bestandteil der Trauerbewältigung.

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Gesichtsmasken zur Erinnerung

Bei Überlegungen zu einem Weihnachtsgeschenk für seine Frau war der gelernte Zahntechniker auf die Idee gekommen, einen Gesichtsabdruck zu formen. Damit hatte alles begonnen. Bei der Erinnerung an die ersten Versuche lacht er von einem Ohr zum anderen: „Das von mir verwendete Silikon war blau und färbte ab.“ Nach diversen Experimenten verwendet der Künstler jetzt die selbst entwickelten, patentierten Silikone „Fine“ und „Stabilo“.

Der in Freiberg/Sachsen geborene Stöber hatte sich nach seiner Meisterprüfung, die er als Jahresbester abschloss, im Jahr 1980 mit seinem Dentallabor selbstständig gemacht. Schon zu dieser Zeit verfügte er neben handwerklichem Geschick über eine große Portion Kreativität. „Das Arbeitsgebiet der Zahntechnik ist wirklich vielseitig, auch im künstlerischen Bereich. Zudem gefiel mir die Materialvielfalt – Kunststoff, Keramik, Gips und mehr.“ Doch die Auftragslage und damit die Auslastung fanden eher schubweise statt. Vor Feiertagen wie Ostern und Weihnachten häuften sich die Aufträge, zu anderen Zeiten war Leerlauf. Das änderte sich mit dem neuen Tätigkeitsfeld. Die Herstellung der Gesichtsmasken begeisterte auch sein rund 30-köpfiges Team aus Zahntechnikern, Goldschmieden und Elfenbeinschnitzern.

Für die Gesichtsabdrücke verwendet Paul Stöber von ihm selbst entwickelte, patentierte Silikone. (Foto: © Frank Reimann)
Für die Gesichtsabdrücke verwendet Paul Stöber von ihm selbst entwickelte, patentierte Silikone. (Foto: © Frank Reimann)

Stöber erinnert sich an ein Highlight: „Damals bekam ich einen Anruf aus der Umgebung von Kiel. Ein Bestatter suchte eine Vertretung für die Anfertigung einer Totenmaske. Er arbeitete üblicherweise mit dem „Maskenpapst“, wie dieser Fachmann genannt wurde, zusammen, der aber gerade in Griechenland weilte.“ Stöber fuhr nach Kiel und fand den Abschiedsraum mit der Leiche vollkommen abgeklebt vor. Auf seine erstaunte Frage erklärte der Bestatter, das sei vorsorglich wegen der Schmiererei mit dem Gips gemacht worden. Stöber belehrte ihn eines Besseren und fertigte den Abdruck mit Silikon. Kurz nach seiner Rückkehr meldete sich telefonisch der „Maskenpapst“ aus Griechenland und bat ihn, diese Methode auf dem nächsten geplanten Seminar in der Nähe von Lübeck zu präsentieren.

Abdruck mit selbst entwickeltem Silikon

Von da an gab der Firmengründer von KÖRPER & FORM deutschlandweit selbst Seminare. Inzwischen reist er nicht mehr, sondern die Seminarteilnehmer kommen zu ihm ins Atelier. Aus der ursprünglichen Nebentätigkeit ist eine Art Berufung geworden. Rund 500 Bestatter hat er bis heute geschult. Die nehmen jetzt in ihren Räumen die Masken ab und schicken sie zur Endverarbeitung nach Solingen. „Wir modellieren die Augenbrauen, Wimpern, Haaransätze oder Bärte. Manchmal sind bei der Maske geöffnete Augen gewünscht.“ Aber auch andere Interessenten können sich für die Workshops anmelden, in deren Verlauf sich die Teilnehmer gegenseitig die Abdrücke vom Gesicht nehmen. Für die Herstellung der Masken, hauptsächlich in Gips oder Bronze, wird eine Zeit von vier bis acht Wochen veranschlagt. Bei einer Büste, wie häufig von Angehörigen gewünscht, muss man mit rund einem halben Jahr rechnen. Ein wichtiger Tipp vom Fachmann: „Vor Beginn des Silikonauftrags setzt man mit Kajalstift zwei millimetergenau ausgemessene Markierungspunkte auf die Jochbeinknochen. Kajal zeichnet sich auf dem Silikon ab. Dadurch kann das Material, das sich beim Abnehmen leicht verschiebt, wieder in die richtige Form gebracht werden.“

In der „Collection Fingerprint“ werden Fingerprints in Weiß-, Rot- und Gelbgold oder Silber ausgegossen und in einen Anhänger oder ein anderes Schmuckstück verwandelt. (Foto: © Frank Reimann)
In der „Collection Fingerprint“ werden Fingerprints in Weiß-, Rot- und Gelbgold oder Silber ausgegossen und in einen Anhänger oder ein anderes Schmuckstück verwandelt. (Foto: © Frank Reimann)

Noch weitere Highlights gab es im Laufe der Zeit. Ein bedeutender Schweizer Bankdirektor beauftragte den Kunsthandwerker mit einer Büste seines gerade verstorbenen Vaters. Von dem Ergebnis war der Mann so ergriffen, dass er in Tränen ausbrach. Die Kinder einer Oligarchin ließen ihre Hand in Gold formen. Ein 90-jähriger Firmengründer erhielt von seiner Belegschaft eine Büste auf einem Marmorsockel, die im Eingangstor aufgestellt wurde. Bis heute streichen tagtäglich 600 Mitarbeiter über das bronzene Gesicht, das dadurch eine goldglänzende Nase bekommen hat.

Collection Fingerprint

KÖRPER & FORM ist in Deutschland, Österreich und der Schweiz gut aufgestellt und in den meisten Bestatterzeitschriften vertreten. Vor acht Jahren kreierte Paul Stöber eine einzigartige Schmuckkollektion, die „Collection Fingerprint“. Fingerprints werden in Weiß-, Rot- und Gelbgold oder Silber ausgegossen und in einen Anhänger oder ein anderes Schmuckstück verwandelt, auf Wunsch gerne mit Gravur. Deutschlandweit gibt es heute etwa 400 Modelle. Die Bestattungsunternehmen haben vielfach neben einer eigenen Gesichtsmaske auch eine Schmuckkollektion in ihren Räumen ausgestellt.

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Martina Hörle, geprüfte Betriebswirtin, ist freiberuflich als Text-/Fotojournalistin und Autorin tätig. Sie organisiert kulturelle Veranstaltungen und hat im Herbst 2014 die Solinger Autorenrunde ins Leben gerufen.

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