SOLINGEN (bgl) – Unter den Straßen der Klingenstadt erstreckt sich ein Kanalnetz von gut und gerne 600 Kilometern Länge für die Stadtentwässerung. Mittels eines Mischwassersystems werden in Solingen fast überall Abwasser und Regenwasser in denselben Kanal abgeleitet. Rund 17.000 Gullys sollen auf Solingens Straßen dafür sorgen, dass Regenwasser stets dahin abgeführt wird, wo es hingehört. Nämlich in den Kanal.
Vor allem bei Starkregenereignissen klappt das allerdings nicht immer so, wie es in der ursprünglichen Planung einmal vorgesehen war. Denn der Gesetzgeber geht grundsätzlich zunächst einmal immer davon aus, dass 100 Prozent des Regenwassers auch in den Straßenabläufen landet. In der Realität sieht das freilich anders aus, weiß Manfred Müller, Teilbetriebsleiter der Technischen Betriebe Solingen (TBS), zu berichten. „Die Leistungsfähigkeit des Gullys ist im Durchschnitt so, dass 65 Prozent des Regenwasser im Kanal landen“, so Müller.
Ermittlung des Schadenspotentials
Was aber passiert mit den restlichen 35 Prozent? Das konnte man bei Starkregenereignissen an verschiedenen Stellen im Stadtgebiet leidvoll beobachten. War die Topographie für das Wasser derart günstig, dass sich beispielsweise in einer Talsenke viel Regenwasser schnell sammeln konnte, kam es zu Überflutungssituationen. Sind die Straßenabläufe dann auch noch von Laub verstopft, begünstigt das eine derartige Ausnahmelage. „Wir bräuchten dann 80.000 Gullys und würden die Solinger Straßen in einen Schweizer Käse verwandeln“, macht Manfred Müller deutlich.
Dass das in einer Stadt wie Solingen nicht umsetzbar ist, war den TBS-Planern klar. Zumal auch der Kämmerer da noch ein Wörtchen mitzureden hat. Also wurden neue Wege beschritten, die kostengünstig und gleichzeitig effektiv sein müssen. Zunächst wurde dafür das Gefahrenpotential ermittelt. Dabei kamen sowohl Einsatzstatistiken der Feuerwehr als auch eigene Berechnungen zum Einsatz. Die Ergebnisse wurden dann mit dem Solinger Stadtplan abgeglichen und das Schadenspotential verifiziert. Welche sensiblen Einrichtungen wie Schulen und Kindergärten wären im Hochwasserfall ganz besonders gefährdet.
Neue Wege bei der Stadtentwässerung
Aufgrund dessen konnten die Experten der TBS Maßnahmen ausbrüten. Unterstützt wurden sie dabei von der Uni Wuppertal. An der Adolf-Clarenbach-Straße in Wald wurde bereits im vergangenen Jahr ein Modellprojekt fertiggestellt, das Schule machen kann. „Wir haben hier simuliert, wo das Wasser hinfließt“, erklärt TBS-Ingenieur Tycho Kopperschmidt. Direkt vor der Jahnkampfbahn kam es in der Vergangenheit nach Starkregen zu einer solchen Ausnahmesituation. Deshalb entschieden sich die TBS-Planer dazu, einen weiteren Schacht zum Krausener Bach zu nutzen.
Fließt also Wasser an den ohnehin vorhandenen Gullys, die in den Kanal ableiten, vorbei, wird dieses via eines durchlässigen Gullys auf der Straßenmitte in den unterirdisch verlaufenden Krausener Bach abgeführt. Gleichzeitig wurde ein kleiner Damm errichtet, der die naheliegenden Tennis-Plätze schützen soll.
In einem eigens eingerichteten Becken wird bei einer Starkregenlage das Wasser zunächst gesammelt und später dann oberirdisch in Richtung Bach abgeführt. Auf Herz und Nieren wurde das System bisher noch nicht getestet, denn seit Fertigstellung kam es in Wald glücklicherweise nicht mehr zu einem Starregenereignis.
Derartige Maßnahmen plant man jetzt auch an anderen Stellen in der Stadt umzusetzen. Natürlich sind darauf längst schon andere Kommunen aufmerksam geworden, die neugierigen Blickes auf die cleveren Maßnahmen der Klingenstadt schauen und hoffen, sich auch für ihr Stadtentwässerungssystem etwas abgucken zu können.