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Plagiarius 2024: Neun Preisträger für Produktfälschungen

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Christine Lacroix, 2. Vorsitzende des Vereins Museum Plagiarius e.V., begleitet die Besucher auf einem Rundgang durch die Ausstellung. Hier zeigt sie den ersten Negativ-Preis des Jahres 2024. (Foto: © Martina Hörle)
Christine Lacroix, 2. Vorsitzende des Vereins Museum Plagiarius e.V., begleitet die Besucher auf einem Rundgang durch die Ausstellung. Hier zeigt sie den ersten Negativ-Preis des Jahres 2024. (Foto: © Martina Hörle)
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SOLINGEN (mh) – Vergangene Woche wurden auf der Frankfurter Konsumgütermesse „Ambiente“ die Preisträger des Plagiarius-Wettbewerbs 2024 vorgestellt und einem internationalen Publikum präsentiert. Die Jury des „Plagiarius 2024“ vergab drei Hauptpreise, zwei Sonderpreise und vier gleichrangige Auszeichnungen. Am Freitag gab es dazu im Museum Plagiarius einen Presse-Rundgang, in dessen Verlauf die aktuellen Preisträger präsentiert wurden. Christine Lacroix, 2. Vorsitzende des Vereins Museum Plagiarius e.V., begleitete die Besucher auf ihrem Rundgang.

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Von Haushaltwaren über Kleidung und Kinderspielzeug, von Sanitär zu Technik – kein Bereich wird noch von Fälschungen verschont. Die Produktpiraterie ist fast grenzenlos. „Gefälscht wird alles, was ein lukratives Geschäft verspricht“, weiß Christine Lacroix. Im Plagiarius werden die vielen Facetten anschaulich präsentiert.

Plagiarius zeigt grenzenlose Produktpiraterie

Den ersten Preis erhielten die Bayerischen Glaswerke in Neustadt für eine Nachahmung der Glasserie „Denk’Art“ von Zalto-Glas. Während das Original hauchfein aus mundgeblasenem Glas nach alter Handwerkskunst hergestellt wurde, ist die Nachahmung maschinengeblasen und unterscheidet sich im Gewicht. Die Bayerischen Glaswerke bestreiten eine Fälschung und verweisen auf ein Nachahmungsrecht.

Der zweite Preisträger ist die GDR-Trading BV mit ihrer Fälschung des Spielbausatzes „LegoCreator 10252 – VW Käfer. Hersteller des Originals ist die Volkswagen AG, Wolfsburg, die den 3D-Käfer als eigene Marke hat schützen lassen. GDR hat mittlerweile eine Unterlassungserklärung unterschrieben.

Die Volkswagen AG hat sich den 3D-Käfer als eigene Marke schützen lassen. Links ist das Original, rechts die Fälschung. (Foto: © Martina Hörle)
Die Volkswagen AG hat sich den 3D-Käfer als eigene Marke schützen lassen. Links ist das Original, rechts die Fälschung. (Foto: © Martina Hörle)

Die vielfach ausgezeichnete Cuboro Kugelbahn „Standard 32“, die als Lernspiel in Schulen und sogar bei Cuboro-Meisterschaften eingesetzt wird, stammt von der Schweizer Cuboro AG. Hersteller der „Easycool“-Plagiate ist der chinesische Hersteller Zaozhuang Yike Electromechanical Equipment Co., der neben dem Produkt auch Verpackungen, Fotos, Auszeichnungen und mehr kopiert hat und die Fälschung auf dem Markt zu einem 50 Prozent günstigeren Preis anbietet. „Gerade kleinere Familienunternehmen fühlen sich besonders getroffen, wenn ihre Produkte gefälscht werden“, betont Christine Lacroix. „Sie sind mit großem Engagement in die Herstellung gegangen und erleben nun, dass ihr mit viel Herzblut kreiertes Produkt mehr oder weniger plump „geklaut“ wird“.

Originale entstehen mit viel Herzblut

Wie schon mehrfach in der Vergangenheit wurde koziol Opfer von Fälschungen. Das dreiteilige Besteckset Klikk Pocket für unterwegs fiel gleich mehreren Fälschern (Temu, Alibaba, Fruugo) zum Opfer. Hierfür verlieh die Jury den neuen Sonderpreis „Online-Marktplatz für Hyänen“.

Den zweiten Sonderpreis für „Kreativ-Schmarotzer“ gab es für die Wülfrather Streetwall 68 GmbH, die mit einigem Einfallsreichtum ein T-Shirt von Puma mit dem Schriftzug Pumba gestaltete. Aus der Wildkatze wurde kurzerhand ein Wildschein (siehe Disney) Der Hersteller zeigte sich uneinsichtig, hat sich aber mittlerweile „irgendwie in Luft aufgelöst“, betont Christine Lacroix.

Bei der Cuboro Kugelbahn wurden außer dem Produkt auch Verpackungen, Fotos, Auszeichnungen und mehr kopiert. Das gefälschte Produkt kostet auf dem Markt die Hälfte des Originalpreises. (Foto: © Martina Hörle)
Bei der Cuboro Kugelbahn wurden außer dem Produkt auch Verpackungen, Fotos, Auszeichnungen und mehr kopiert. Das gefälschte Produkt kostet auf dem Markt die Hälfte des Originalpreises. (Foto: © Martina Hörle)

Die vier gleichrangigen Auszeichnungen gingen an:

  • Sofa „Planopoly Motion 4.0 1926“ von himolla-Polstermöbel
  • Knoblauchwippe „Knobi King“ von Leifheit
  • Schaltknauf „DSG“ für VW Golf 6 von Volkswagen AG
  • Bimetall-Thermomanometer (Druck- und Temperaturmessung) von Wika

Die Mitglieder der Jury, die sich aus den unterschiedlichsten Berufsgruppen zusammensetzt, gehen bei der Preisvergabe nach einem Punktesystem vor. Dazu gehört unter anderem auch die Reaktion des Plagiators. „Wenn wir die Nachahmer damit konfrontieren, ist deren Reaktion ganz unterschiedlich“, weiß Lacroix zu berichten. „Manche sind absolut uneinsichtig, andere wiederum suchen zwar nach Entschuldigungen, fürchten aber die öffentliche Blamage und versuchen möglichst schnell eine Einigung mit dem Hersteller.“ Die Auszeichnung mit dem „Plagiarius“ sagt aber nichts darüber aus, ob das nachgemachte Produkt im juristischen Sinne erlaubt oder rechtswidrig ist. Ziel der Aktion Plagiarius ist vielmehr, die fragwürdigen und teils kriminellen Geschäftsmethoden von Produkt- und Markenpiraten ins öffentliche Bewusstsein zu rücken, und Industrie, Politik und Verbraucher bezüglich Ausmaß, Schäden und Risiken des Problems zu sensibilisieren.

Reaktionen der Fälscher sehr unterschiedlich

Der Negativ-Preis „Plagiarius“ (ein schwarzer Zwerg mit goldener Nase) wird seit 1977 für ganz besonders dreiste und skrupellose Fälschungen oder Plagiate vergeben. Während bei Plagiaten Technik oder Design 1 zu 1 übernommen wird, sich das Unternehmen quasi mit fremden Federn schmückt, ist bei einer Fälschung ebenfalls die Marke betroffen. Die neun Neuzugänge im Plagiarius zeigen einen Querschnitt durch die enorme Bandbreite. Betroffen von den Fälschungen sind nicht nur kleinere Unternehmen, sondern ebenso große Konzerne. Die Anbieter agieren mit Scheinidentitäten und verkaufen den Artikel im Online-Handel beispielsweise über Amazon.co.uk. Viele Kunden werden Opfer eines Betruges, indem sie vermeintlich gute Produkte in einer minderwertigen Qualität erwerben. Manchmal verdrängt aber auch der niedrige Preis die Bedenken. Doch wer bewusst Plagiate und Fälschungen kauft, unterstützt damit Kinderarbeit und kriminelle Machenschaften. Denn Wirtschaftskriminalität ist kein Kavaliersdelikt.

Im Museum werden Vielfältigkeit und Bandbreite der Plagiate anschaulich demonstriert. Die Produkte stehen im direkten Vergleich nebeneinander. Dabei steht grundsätzlich links das Original und rechts das Plagiat bzw. die Fälschung. (Foto: © Martina Hörle)
Im Museum werden Vielfältigkeit und Bandbreite der Plagiate anschaulich demonstriert. Die Produkte stehen im direkten Vergleich nebeneinander. Dabei steht grundsätzlich links das Original und rechts das Plagiat bzw. die Fälschung. (Foto: © Martina Hörle)

Die Internet-Plattformen werden immer zahlreicher. Extreme Billig-Marktplätze bieten die Produkte teilweise unter Preis an, um auf den deutschen Markt vorzudringen. Geliefert wird in Plastiktüten, ohne CE-Kennzeichnung, ohne deutsche Bedienungsanleitungen. Für die betroffenen Unternehmen gibt es oft nur wenige Möglichkeiten, gegen die Anbieter vorzugehen. Auf Ebay und anderen Plattformen werden Anbieter namentlich mit endlosen Wortgebilden angegeben, aus denen nichts erkennbar ist. Hier als Beispiel: shenzhenshihongqiaoshanfuzhuangyouxiangongsi

Scheinidentitäten auf Internet-Plattformen

Somit besteht keine Möglichkeit zur Kontaktaufnahme. Für Rücksendungen existiert häufig nur eine Briefkastenfirma. Dazu sagt Lacroix: „Die Plattformen weisen darauf hin, dass sie keine Hersteller seien, sondern nur als technische Betreiber die Plattformen zur Verfügung stellen.“ Oder wie bei einer Reaktion von Ebay, man brauche für ein weiteres Vorgehen ein rechtsgültiges Urteil. Erstaunlich sind dann die nachzulesenden Bewertungen. Da heißt es, die Qualität sei eher minderwertig, aber für einen solch niedrigen Preis schon in Ordnung. So schafft man in der Öffentlichkeit eine Akzeptanz für Fälschungen, unterstützt durch Influencer, die bewusst für diese Produkte werben. Geliefert wird Billigschrott, der über den Globus nach Deutschland kommt und dann hier auf dem Müll landet. Allein in 2022 konnten die EU-Zollbehörden über 86 Millionen gefälschter Produkte im Wert von mehr als zwei Milliarden Euro beschlagnahmen. Die tatsächlichen Zahlen liegen aber bedeutend darüber. Gerade Deutschland ist stark von Produktfälschungen betroffen.

Im vergangenen Jahr nutzten viele Besucher die interessanten Führungen durch die Welt der Plagiate. Dazu gab es weitere Angebote in Form von Vorträgen, Vorlesungen und Lesenächten. Diese Angebote werden auch in 2024 fortgesetzt. Dabei würde man sich über mehr Besucher aus der Klingenstadt freuen. Finanziell sei das Museum zwar für die nächsten beiden Jahre gesichert (die Miete fürs Gebäude zahlt die Stadt). „Wir sind aber immer auf Spenden angewiesen“, betont Christine Lacroix. Ein entsprechender Aufruf vor anderthalb Jahren war erfolgreich. Doch Spenden halten nicht ewig.

Weitere Informationen sowie Öffnungszeiten und Eintrittspreise unter www.museum-plagiarius.de

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Martina Hörle, geprüfte Betriebswirtin, ist freiberuflich als Text-/Fotojournalistin und Autorin tätig. Sie organisiert kulturelle Veranstaltungen und hat im Herbst 2014 die Solinger Autorenrunde ins Leben gerufen.

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