SOLINGEN (red) – Für die meisten Jugendlichen wäre es unvorstellbar, nach fünf Tagen in der Woche auch noch sonntags die Schule zu besuchen. Die rund 75 Kinder und Jugendliche der Tamilischen Gemeinde bilden eine Ausnahme: Neben dem Besuch einer Solinger Regelschule treffen sie sich sonntags mit acht ehrenamtlichen Lehrern, um die 246 (!) tamilischen Schriftzeichen zu lernen sowie etwas über die Kultur und Tradition ihrer aus Sri Lanka stammenden Familien zu erfahren. Bislang im Haus der Jugend an der Dorper Straße, das 2017 renoviert wird, soll dieser muttersprachliche Unterricht ab dem 22. Januar im Technischen Berufskolleg stattfinden.
Kinder aus rund 150 tamilischen Familien
Aus rund 150 tamilischen Familien kommen die Kinder, die in der zweiten oder dritten Generation in der Klingenstadt leben. Ehemalige Bürgerkriegsflüchtlinge gründeten vor 25 Jahren die Solinger Bildungseinrichtung, die auch von Schülerinnen und Schülern aus Remscheid, Leverkusen und Langenfeld besucht wird. In der Posthornstadt wurde damals der Betrieb an der Felix-Metzmacher-Schule aufgenommen, bevor die tamilische Schule zur Caritas nach Ohligs umzog und später ein Quartier im Haus der Jugend fand. Bundesweit gibt es 133 tamilische Schulen; der Dachverband, die Tamilische Bildungsvereinigung e.V., sitzt in Stuttgart.
Kommunikation in der Muttersprache möglich machen
„In Nordrhein-Westfalen wohnen die meisten Tamilen“, weiß Nanthakumar Kumarasamy, der seit 1997 in Solingen lebt. Wie viele Tamilen hat er inzwischen die deutsche Staatsangehörigkeit, möchte seinen beiden Kindern aber ihre Wurzeln nahebringen. „Außerdem sollen sie bei Verwandten-Besuchen in ihrer Muttersprache kommunizieren können“, findet Kumarasamy, dessen Töchter an der Schwertstraße zur Schule gehen.
„Die meisten tamilischen Schüler besuchen ein Gymnasium“, sagt der selbständige Unternehmer nicht ohne Stolz. Er hat die Internationale Liste e.V. mitgegründet und arbeitet als deren Vorstandsmitglied auch im Zuwanderer- und Integrationsrat mit. Zudem macht er sich als Organisator von Sportveranstaltungen und durch die Betreuung tamilischer Gruppen im Mehrgenerationenhaus für den interkulturellen Dialog stark.
Kontakt zum Technischen Berufskolleg
Kumarasamys Kontakt zum Technischen Berufskolleg war buchstäblich naheliegend: Hier betreibt der Kantinen-Pächter schon seit einigen Jahren den schuleigenen Kiosk – „überaus zuverlässig“, wie Schulleiter Michael Becker betont. Auch Schuldezernentin Dagmar Becker befürwortete, dass die tamilische Schule künftig vier bis fünf Räume am Oligschlägerweg nutzen kann. Da können von den fünfjährigen Vorschülern („Mini-Mäuse“) bis hin zu den Zwölftklässlern nun alle ein neues Zuhause finden. Und wer erfolgreich seinen Abschluss macht, kann nach einer entsprechenden Schulung künftig selbst die nachfolgende Generation in Lesen, Schreiben und Sachkunde unterrichten – auf Tamilisch, versteht sich.