Die Finanzmärkte beflügeln schon seit Jahrzehnten zahlreiche Fantasien von sagenhaftem Reichtum oder sich selbst vermehrendem Geld. In der jüngeren Vergangenheit ist ein weiterer Traum hinzugetreten: Der Traum vom passiven Einkommen, welches es auch ganz normalen Leuten ermöglichen soll, die als fremdbestimmt erfahrene Erwerbsarbeit aufzugeben oder deutlich zu reduzieren und stattdessen vom selbstbestimmten Handel an den Finanzmärkten zu leben. In diesem Ratgeberartikel fühlen wir diesem Traum auf den Zahn und klären, wie realistisch eine solche Vorstellung ist und welche Tücken auf dem Weg zur Verwirklichung lauern.
Trading vs. Investment
Zunächst ist wichtig zu verstehen, was ein Trader eigentlich macht beziehungsweise welche Arten von Transaktionen typisch für das Trading sind. Am leichtesten ist dies zu verstehen, wenn man sich den Unterschied zum Investment anschaut: Beim Investieren werden in der Regel größere Geldbeträge auf einen Schlag und zumeist langfristig in Aktien, Fonds oder andere Werte investiert. Die Rendite wird über langfristige Kurssteigerungen oder Gewinnauszahlungen wie Aktiendividenden erzielt.
Gerade bei steigenden Kursen springen Investoren nicht ab, sondern halten das Papier in der Regel, bis sie ihr Kapital anderweitig investieren wollen. Umgekehrt lassen sie sich auch von negativen Trends nicht leicht beeinflussen und nehmen Kursverluste im bestimmten Rahmen hin. Investoren veräußern ihre Werte oft erst, wenn ihnen eine deutlich attraktivere Option vorgelegt wird oder sie befürchten müssen, dass der von ihnen gehaltene Wert sich dauerhaft im Abwärtstrend befindet.
Trader hingegen beobachten die Kursverläufe von Aktien und Co. sehr genau und reagieren teilweise schon auf minimale Kursveränderungen. Sie sind weniger an langfristigen Wertanalysen interessiert als vielmehr an den Schwankungen der kurzen Frist. So steigen sie eventuell sogar minütlich in bestimmte Positionen ein oder wieder aus und versuchen durch eine Vielzahl solcher Entscheidungen ihren Gewinn zu erzielen. Erfahrene und talentierte Trader haben es damit erreicht, dass Trading ein zuverlässiges Einkommen ist. Allerdings schaffen es nur die Wenigsten, mit dem Trading ein volles Gehalt und alle nötigen Kosten abzudecken.
Wie realistisch ist der Traum vom passiven Einkommen?
Trader, die ihr Hobby zum Beruf gemacht haben und tatsächlich vom Tradingeinkommen leben, betreiben in der Regel Daytrading, bei dem Aktien oder andere Werte in der Regel nicht über Nacht gehalten, sondern innerhalb eines Handelstages ge- und verkauft werden. Um hier profitabel arbeiten zu können, müssen Trader die Märkte sehr genau im Blick behalten und gegebenenfalls innerhalb weniger Minuten oder sogar sekundenschnell auf bestimmte Trends reagieren. Das ‘passiv’ aus dem ‘passiven’ Einkommen ist also in Wirklichkeit mit einer sehr hohen Aufmerksamkeit und Analysetätigkeit verbunden.
Trading-Anfängern rät Andre Witzel (Wirtschaftswissenschaftler, erfolgreicher Trader und Mitbetreiber zweier Informationsportale zum Thema) zunächst zum Handel mit Aktien und Fonds, bevor im späteren Verlauf der Trader-Karriere auch Derivate, Termingeschäfte oder der Einsatz von Hebeln sinnvoll wird. Anfänger im klassischen Börsenhandel, die sich durch Trading ein ausreichendes Einkommen aufbauen möchten, sollten auf diese komplizierten und risikoreichen Instrumente zunächst verzichten.
Mit soliden Analysen, guten Entscheidungen und etwas Glück kann aber auch durch das Handeln mit einfachen Basiswerten wie Aktien oder Fonds ein regelmäßiges Einkommen erzielt werden. Damit sich tatsächlich ausreichend hohe Gewinne ergeben, ohne dass unverhältnismäßige Risiken eingegangen werden müssen, empfiehlt Witzel ein Startkapital von mindestens 10.000 Euro. Wer daraus ein bescheidenes Einkommen von 1.500 Euro generieren möchte, muss mit seinen Transaktionen allerdings durchschnittlich mindestens 15 Prozent Rendite inklusive aller Kosten für den Broker und aller Verluste erzielen. Ein Profit von etwa 20 Prozent pro Transaktion sollte daher angepeilt werden. Erwähnenswert ist an dieser Stelle, dass mit einem Grundkapital von 20.000 Euro für den gleichen absoluten Gewinn lediglich ein durchschnittlicher Profit von etwa 10 Prozent notwendig ist.
Gibt es eine Anleitung zum Erfolg?
Der Handel mit Finanzprodukten ist risikobehaftet und bleibt dies selbst bei den professionellsten Analysen und den bestdurchdachtesten Entscheidungen auch. Grundsätzlich steigt mit den Ertragschancen auch das Risiko. Wenn wir hier über den Bereich Investment sprechen würden, müsste darauf verwiesen werden, dass Renditen von ca. 20 Prozent sich nur im Hochrisikobereich realisieren lassen, allerdings verfügen Trader über zahlreiche Instrumente der Risikoreduzierung.
Diese gilt es zu erlernen und zu beherrschen. Andre Witzel empfiehlt daher jedem Anfänger und Interessierten zunächst die Basics der verschiedenen Instrumente sowie des Risikomanagements zu erlernen, bevor man sich mit Begeisterung ins Geschäft stürzt. Dies hilft, hohe Anfangsverluste zu reduzieren oder zu vermeiden, das Beste aus den Analysetools der Broker zu holen und somit den Grundstein für eine lange und erfolgreiche Trading-Karriere zu legen.