SOLINGEN (red) – Am Ende brennt auf dem Altar in der Kapelle am Parkfriedhof für jedes Kind eine Kerze. Sie leuchtet und erzählt von Schicksalen und Träumen. Manchmal haben Eltern auf kleine Steine die Namen ihrer Kinder geschrieben, Windmühlen gebastelt oder Scherben gestaltet. „Wir wollen Eltern Raum für ihre Trauer und für ihren Abschied geben“, sagt Pfarrerin Renate Tomalik. Deswegen richten die Evangelische und die Katholische Klinikseelsorge sowie das Städtische Klinikum zweimal im Jahr eine Bestattungsfeier für Kinder aus, die noch vor der Geburt oder kurz danach im Klinikum gestorben sind.
Nächste Trauerfeier Anfang Oktober
Die nächste Trauerfeier gestaltet Pfarrerin Tomalik gemeinsam mit ihrem katholischen Kollegen, Pastoralreferent Reiner Krause, in der ersten Oktoberwoche auf dem Parkfriedhof in Gräfrath. „Auch die Jüngsten sind von Gott geliebte Menschen mit Bedeutung und Würde, egal, wie groß oder klein sie waren“, sagt die Seelsorgerin, „es ist wichtig, dass wir über sie reden und uns von ihnen verabschieden.“
Lange gab es keinen Raum für die ganz kleinen Menschenkinder, die den Weg ins Licht der Welt nie geschafft hatten. Waren sie noch zu klein und zu jung, hatten Eltern keine Gelegenheit, sie zu bestatten. Eine Mutter, die selbst ihr Kind verloren hatte, appellierte schließlich an die Klinik, endlich eine Möglichkeit zu finden. Seit 20 Jahren werden die Kinder nun ökumenisch bestattet – egal, wie alt oder schwer sie bei ihrem Tod waren. Sie finden einen Platz in einem Grab auf dem Parkfriedhof in Gräfrath, das das Klinikum finanziert. Für die Eltern entstehen keine Kosten. Im Rahmen einer Trauerfeier werden sie beigesetzt. „Wir haben eine angemessene Form gefunden, uns von den Kindern zu verabschieden“, erzählt Renate Tomalik.
Jährlich zwei ökumenische Feiern
Alle Eltern, die im vergangenen halben Jahr ein Kind früh verloren haben und im Klinikum behandelt wurden, werden nach ihrer Zustimmung zur Trauerfeier eingeladen. „Die Resonanz ist groß“, sagt die Seelsorgerin, „viele Eltern und Angehörige haben das Bedürfnis nach einer Bestattung ihrer toten Kinder.“ Anfangs fanden die Trauerfeiern einmal im Jahr statt. Aber der zeitliche Abstand war vielen Eltern zu groß. „Es fiel ihnen verständlicherweise schwer, so lange zu warten“, erzählt Renate Tomalik.
Also verkürzten die Seelsorger die Abstände und richten seit dem zwei ökumenische Feiern im Jahr aus. In die Friedhofskapelle kommen dann Eltern und Angehörige, aber auch Hebammen, Schwestern und Ärzte. „Es gehört zu ihrem beruflichen Selbstverständnis, dass sie ihre Patienten auch in dieser Situation begleiten wollen“, sagt die Pfarrerin, „und so auch selber einen Abschluss finden.“
Tomalik: „Das wird nie zur Routine“
Renate Tomalik und ihr katholischer Kollege richten die Bestattungsfeier gemeinsam aus, auch ein Imam wird eingeladen. „Es gab auch schon muslimische Eltern, die das Totengebet gesprochen haben“, erzählt die Pfarrerin. Die Seelsorger gestalten die Trauerfeier vor ihrem eigenen christlichen Hintergrund. Aber man wolle die Feier auch „anschlussfähig für Menschen ohne christliche Prägung machen“, erklärt die Pfarrerin.
Dann werden Worte für das Unsagbare gefunden, leise Hoffnung schwingt mit. Manchmal werden Texte betroffener Eltern verlesen, Gebete und Verse, es gibt eine kleine Ansprache, bevor die Kerzen angezündet werden. Gemeinsam machen sie sich dann auf den Weg zum Grab. „Das wird nie zur Routine“, sagt die Pfarrerin.
Blumengrüße, kleine Steine mit Namen und Figuren
Inzwischen gibt es etwa 30 dieser besonderen Gräber auf dem Parkfriedhof. „Sie sind schnell zu erkennen, weil sie meistens bunter sind als andere Grabstellen“, erzählt die Pfarrerin. Denn mit der Bestattung bekommen Eltern auch einen Ort, den sie in ihrer Trauer besuchen können. Sie übernehmen die Grabgestaltung und -pflege selbst. Blumengrüße, kleine Steine mit Namen und Figuren finden ihren Weg auf die Grabstätte – und erinnern an die kleinen Menschenkinder.