SOLINGEN (mh) – Das Europäische Pfaffenhütchen ist im Herbst eines unserer eindrucksvollsten Gehölze. Gerade zeigt es sich wieder mit seinen karminroten Kapselfrüchten, denen es seinen Namen verdankt. Sie ähneln einem Birett, wie man die typische rote vierkantige Kopfbedeckung der römisch-katholischen Kardinäle nennt.
Pfaffenhütchen nach dem Birett benannt
Das Pfaffenhütchen hat seinen natürlichen Lebensraum in den Auenwäldern und an Waldrändern. Das Spindelstrauchgewächs erreicht je nach Standort eine Wuchshöhe von 2 – 6 Meter und eine Kronenbreite von 1,5 – 4 Meter. An einem sonnigen Standort entwickelt sich der größte Fruchtansatz und auch das Laub bekommt die schönste Färbung. Die Pflanze eignet sich gut als Solitär im Garten, lässt sich aber ebenso gut in eine Hecke integrieren.
Ökologisch wertvoll
Besonders beliebt sind die Sorten „Atropurpureus“ und „Red Cascade“, die mit ihrer intensiv leuchtenden Herbstfärbung einen echten Blickfang darstellen. Doch das Gehölz ist nicht nur etwas für die Augen, sondern ebenfalls aus ökologischer Sicht außerordentlich wertvoll. Die grüne Mitte der kleinen Blüten ist umrahmt von cremeweißen bis blassgrünen Blütenblättern. Die überaus nektarreichen Blüten werden oft und gerne von Honigbienen, Schwebfliegen und Ameisen besucht.
Wenn im September/Oktober die Früchte reif sind und an ihrer Unterseite aufplatzen, hängen die Samen an kurzen Stielen heraus. Sie sind vor allem bei Rotkehlchen, Drosseln, Elstern und verschiedenen Meisenarten außerordentlich beliebt. Daher heißt die Pflanze im Volksmund auch „Rotkehlchenbrot“.
Für Menschen und die meisten Haustiere – Hunde, Katzen und Nager ebenso wie Pferde, Schweine und Schafe – sind Früchte und Samen hochgiftig. Sie enthalten neben anderen Bestandteilen vor allem Alkaloide, wie herzwirksame Glykoside und Evonin. Doch die Vergiftung zeigt sich erst nach mindestens 12 Stunden. Das Ansteigen der Körpertemperatur, Kreislaufstörungen, Magen- und Darmbeschwerden sind typische Vergiftungsanzeichen. Obendrein können spätere Leber- und Nierenschäden nicht ausgeschlossen werden. In Extremfällen führt der Verzehr des Samens zu tödlichen Lähmungen. Vor allem kleine Kinder sind gefährdet, denn die hübschen roten Früchte verleiten zum Naschen. 2006 wurde das Pfaffenhütchen zur Giftpflanze des Jahres gewählt.
Pfaffenhütchen enthält viele Giftstoffe
Heutzutage findet die Pflanze in der Heilkunde keine Anwendung mehr. In früheren Zeiten wurde das giftige Gewächs gegen Herzschwäche, Kopfschmerzen und Parasiten eingesetzt. Den Samen verwendete man zur Herstellung von Insektenpulver und als Shampoo oder Salbe sollte er gegen Krätze und Läuse helfen. Das Holz mit der nach dem Schleifen absolut glatten Oberfläche ließ sich gut für die Herstellung von Webspindeln Stricknadeln, Zahnstochern und Intarsien verwenden. Obendrein wurde aus dem Gewächs eine hochwertige Holzkohle gewonnen, die man dann zum Zeichnen benutzte.
Schon in der Antike kannte man die Giftigkeit des Strauches. Die alten Griechen sagten den Blüten nach, sie würden nach Mord riechen. Man vermutete hinter der Giftwirkung böse Dämonen. In der Mythologie galt das Pfaffenhütchen als Zauberpflanze, die eine Verbindung zur Anderswelt herstellen konnte. Da ihr Holz für Webspindeln verwendet wurde, hieß es, sie sei die Pflanze der Spinnerinnen, mit der die Schicksalsgöttin Urd den Schicksalsfaden spinnt.
Pflanze der Schicksalsgöttin
Doch auch die giftigste Pflanze hat ihre Schädlinge. Die Schwarze Bohnenlaus und die Gespinstmotte lieben das Pfaffenhütchen sehr. Oft sind die Zweige vor lauter Läusen völlig schwarz. Nach oben eingerollte Blattränder sind ein deutliches Zeichen für Blattmilben. Auch die Anfälligkeit für den Echten Mehltau ist recht hoch, vor allem bei Trockenheit.