SOLINGEN (red) – Rund 190 internationale Fachteilnehmer aus dem Berufsfeld Pflege haben an der großen Demenz-Konferenz Bethanien teilgenommen. Renommierte Experten aus Wissenschaft, Pflege und Politik teilten ihr Wissen zum Thema Demenz in Vorträgen, Workshops und Podiumsgesprächen und sorgten dabei für teilweise hitzige Debatten. Die Fachkonferenz, für die Thomas Busch, Stifter und Vorstand der Busch-Stiftung „Seniorenhilfe“ die Schirmherrschaft übernommen hatte, stand unter dem Motto „Beziehungen sind alles!“ und beleuchtete die Bedeutung von Beziehungsgestaltung im Umgang mit Menschen mit Demenz.
„Beziehungsgestaltung in der Pflege“
Vor allem der neue Expertenstandard „Beziehungsgestaltung in der Pflege“ und dessen Notwendigkeit sowie die Auswirkungen auf die tägliche Arbeit wurden kritisch hinterfragt und kontrovers diskutiert. „Die Positionen unserer beiden Hauptreferenten zum neuen Expertenstandard konnten nicht unterschiedlicher sein“, resümierte Rüdiger Jezewski, Leiter des Demenz-Zentrums Bethanien und Organisator der Konferenz.
Während der eine, Ethiker Michael Schmieder, die Umständlichkeit und Bürokratielastigkeit des Standards geißelte und ihm die Daseinsberechtigung absprach, brach der andere, Pflegeexperte Detlef Rüsing, eine Lanze für den Expertenstandard. „Der Standard bietet Pflegenden die Möglichkeit, ihre Fachlichkeit zu begründen und fordert sie auf, reflektierend die Sicht der Betroffenen einzunehmen“, sagte Rüsing. „Beziehungen sind normal und alltäglich und bilden in der Pflege die Grundlage aller Arbeit – dafür brauchen wir keinen Standard“, erwiderte Schmieder.
Thema Demenz wird in der Gesellschaft immer präsenter
„Die unterschiedlichen Positionen zum Expertenstandard sind jetzt mal ausgesprochen“, sagt Jezewski. Und das sei auch gut so, denn nun könne sich jeder der Teilnehmer ein fundiertes, eigenes Bild davon machen. Auf der nächsten Demenz-Konferenz Bethanien, die voraussichtlich am 8. Oktober 2020 stattfinden wird, möchte Jezewski allerdings andere thematische Schwerpunkte setzen. „Demenz in der Häuslichkeit – also die Herausforderungen und Chancen bei der Pflege von Menschen mit Demenz im eigenen Zuhause – könnte das Leitthema der Demenz-Konferenz 2020 werden“, verriet Jezewski.
„Mit der großen Demenz-Konferenz Bethanien unterstreichen wir einmal mehr, wie wichtig das Thema Demenz in unserer immer älter werdenden Gesellschaft und auch innerhalb der Diakonie Bethanien ist“, erklärte Matthias Ruf, Vorstandsvorsitzender der Diakonie Bethanien. „In unserem Seniorenzentrum in Ewersbach spezialisieren wir uns beispielsweise noch stärker als bisher auf das Thema Demenz. Dort entstehen derzeit durch einen Umbau zwölf neue Plätze für die Pflege von Menschen mit Demenz.“
Zusammenarbeit mit Pflegepersonal und Angehörigen
„In unserem seit 2018 bestehenden Demenz-Zentrum in Solingen bündeln wir das in unserem diakonischen Sozialunternehmen vorhandene Wissen zum Thema Demenz“, ergänzte Jezewski. „In Zusammenarbeit mit dem Pflegepersonal und Angehörigen entwickeln wir Methoden, Techniken und Konzepte, die den Alltag für Menschen mit Demenz und deren Umfeld erleichtern.“
Dabei profitiere man unter anderem von der langjährigen wissenschaftlichen und praxisnahmen Erfahrung aus der spezialisierten Versorgung von Menschen mit Demenz. „In unserem Seniorenzentrum ‚Haus Eiche‘ und der von uns initiierten und konzeptionierten ‚Pflegeoase‘ setzen wir die von uns entwickelten Techniken, Methoden und Konzepte direkt praxisnah um“, erklärte Jezewski. „So können wir deren Alltagstauglichkeit permanent überprüfen und eventuelle Verbesserungspotenziale unmittelbar erkennen und umsetzen.“
Es ist schön, wenn das Thema Demenz an dieser Stelle Beachtung findet. Das Wissen darüber und die Bedeutung von tragfähigen Beziehungen ist längst bekannt. Es gibt inzwischen vorbildliche Einrichtungen für Menschen mit Demenz. Leider sind das sehr wenige und der Alltag im Bereich Pflege gestaltet sich nicht nach den Erkenntnissen, die wir haben, sondern er ist geprägt von Kostenersparnis und dem Mangel an Pflegekräften. Es ist immer noch so,: Kranke, Alte und Behinderte kommen in der Gesellschaft so gut wie gar nicht vor. Sie leben häufig isoliert in einer Parallelwelt. Es ist wichtig, über sie zu berichten, denn morgen schon, können wir selbst betroffen sein.